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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn
Autoren: Marcia Muller
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Augenwinkeln,
als er die Augen gegen die kalte Wintersonne zusammenkniff. »Ich wünschte, ich
hätte schon früher etwas getan. Ist mir nie eingefallen. War viel zu sehr in
meine Projekte vertieft. Aber als Sie mir erzählt haben, daß der Weihnachtsbaum
zerstört worden ist — nun, das hat etwas in meinem Innern ausgelöst. Wissen
Sie, als ich noch ein Kind war, konnten wir uns nie einen Baum leisten.«
    Soviel zu Carolyns Theorie von Roy
LaFond als verwöhntem, reichem Kind, dachte ich. Überhaupt — wo steckte
Carolyn? Die Party war schon seit über einer Stunde im Gange, und sie war immer
noch nicht gekommen.
    »Ich habe mich natürlich mit meinem
Versicherungsmakler abgesprochen«, fügte LaFond hinzu. »Die zusätzlichen
Prämien, damit die Leute auch versichert sind, wenn sie sich hier oben auf dem
Dach aufhalten, sind eigentlich nicht zu teuer.«
    Soviel zu meiner Theorie, daß LaFond
vollkommen uneigennützig war.
    Nach einer Pause fügte er hinzu: »Sie
haben auch nicht schlecht für diese Leute gesorgt.«
    »Es war meine Aufgabe, ihnen zu
helfen.«
    »Aber bei Ihnen habe ich das Gefühl,
daß es mehr als nur ein Job ist.«
    »Da haben Sie wahrscheinlich recht.«
    »Sie sind wie Ihr Freund Del Boccio.
Man merkt ihm an, daß er für seine Arbeit lebt.«
    »Ja, das tut er.« Ich lächelte
liebevoll zu Don hinüber, beobachtete, wie er Jenny interviewte — wahrscheinlich
fragte er sie, was sie sich zu Weihnachten wünschte.
    »Und was jetzt?« erkundigte sich
LaFond. »Haben Sie andere Fälle?«
    »Im Augenblick nicht. Ich hoffe, daß
ich meine Weihnachtseinkäufe erledigen und mein Haus in Ordnung bringen kann.
Mein Bruder und seine Kinder kommen über die Feiertage.« Mein Bruder John war
geschieden und teilte sich mit seiner Exfrau das Sorgerecht. Sie wollte über
Weihnachten mit ihrem neuen Freund nach Mexiko fahren; er hatte den Kindern
einen Ausflug nach San Francisco zu Tante Sharon versprochen. Ich freute mich
schon auf die Aufregung und das Durcheinander, aber es würde schwierig werden
mit ihnen, solange das Bad nicht fertig war. Barry war endgültig verschwunden
und hatte mich mit einem Haufen Nägel und einem Set chirurgischer Instrumente
zurückgelassen, von denen ich nicht wußte, wie ich sie zurückgeben sollte.
    Ich sah LaFond nachdenklich an. »Roy«,
fing ich an, »Sie haben doch mit vielen Handwerkern zu tun, oder?«
    »Klar.«
    »Ich habe da dieses Problem mit meinem
Haus. Vielleicht können Sie mir helfen. Es geht darum, eine Dusche anzubringen.«
    »Badewannen-Dusch-Kombination?«
    »Ja.«
    »Rohre und Abfluß vorhanden?«
    »Ja.«
    »Kein Problem. Ich schicke morgen
jemanden vorbei.«
    »Es muß billig sein. Dieses Projekt ist
schon teurer, als ich geplant hatte —«
    »Ohne Rechnung.«
    »Was!«
    »Der Kerl schuldet mir noch einen
Gefallen.«
    »Roy, ich kann nicht — «
    »Nutzen Sie es aus, solange ich noch
großzügig eingestellt bin. Wer weiß — nächsten Monat komme ich wahrscheinlich
und belabere Sie, eine meiner Wohnungen zu kaufen.«
    »Also dann, danke. Ich nehme an.«
    Plötzlich öffnete sich die Tür zum
Dach, und Carolyn kam auf Zehenspitzen heraus. Sie lächelte geheimnisvoll. Als
sie zu uns kam, fragte ich: »Wo hast du gesteckt?«
    Sie legte einen Finger auf die Lippen.
»Das ist eine Überraschung. Paß auf die Tür auf.«
    Ich sah hin. Einen Augenblick später
wurde sie aufgestoßen, und ein kräftiges ›hohoho‹ dröhnte über das Dach. Der
Nikolaus — in der Person von Mr. Forbes, Sallies’ Freund von Macy — trat
hinaus.
    »Sind hier auch lauter liebe Kinder?«
brummte er.
    Alle auf dem Dach drehten sich um — alle
außer Sallie, die stolz strahlte und ihre Gesichter beobachtete. Jenny hörte
auf, um den Tisch mit den Erfrischungen zu rennen, und blieb mit offenem Mund
stehen. Billy hätte sich fast an einem Keks verschluckt. Die Teenager-Mädchen
ließen ihr blasiertes Gehabe fallen und kicherten. Sogar Duc lächelte ein
wenig, als Kinder wie Erwachsene zu murmeln anfingen.
    »Ich habe gehört, daß es hier eine
Menge braver Kinder gibt«, sagte der Nikolaus. Er polterte vorwärts und ließ
sich in einen der Sessel fallen. Dann öffnete er den Kopfkissenbezug, der ihm
als Sack diente.
    Don kam und stellte sich neben mich.
»Das ist ja toll! Gibt eine prima Sendung ab, Schatz.«
    Ich nickte und sah zu, wie Billy ein
Päckchen entgegennahm, das aussah, als enthielte es den Spielzeuglaster, von
dem seine Mutter erzählt hatte, daß er ihn sich
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