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Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Titel: Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste
Autoren: Else Ury
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geteilte Gefühle ausgelöst. Nirgends eine reine Freude. Nur Margarida jubelte: »Oh, jetzt wird mein bestes Freundin Schwester für immer.«
    »Mein Urselchen, mein Liebling! Nun bin ich selbst die schuldige Ursache, daß du auf und davon willst von uns und deiner Heimat«, sagte die Großmama, unter Tränen lächelnd. »Die Ursache zu meinem Glücke bist du, Omama. In deinem Hause habe ich Milton kennengelernt. Du hast ihm hier die Fremde zur Heimat gemacht. Nun wird er mir dort meine Heimat ersetzen.« Keiner hatte der lustigen Ursel so ernste Worte zugetraut. »Wo man mit seinem Mann glücklich ist, da ist man daheim«, bestätigte Vronli, nach der Hand ihres Gatten greifend. Obwohl ihr auch das Herz schwer war, daß ihre »kleine Schwester«, die sie als Große stets ein wenig bemuttert hatte, sich aus ihrem Familienkreis löste.
    Eine aber gab es an diesem Weihnachtsabend, die war noch empörter als Hansi über Ursels Verlobung. Draußen in der Küche stand sie und kochte die Weihnachtskarpfen. Denn nur die alte Hanne verstand die Weihnachtskarpfen schmackhaft zu kochen. Davor mußte selbst die Lichterfelder Auguste die Segel streichen. Sie rührte die Soße in einer Wut, als ob sie damit ganz Brasilien zermalmen könne.
    »Ich hab's kommen sehen, das Unjlück, ich hab's jewußt. Und nu ists Unjlück da. Nu hat er ihr. Nu will er unser Kind in 'n Urwald unter die Menschenfresser und unter die jroßen Jorillaaffen mitnehmen, wenn er auch sonst 'n janz reputierlicher Mensch is und mit's Trinkjeld nich knausert. Ich aber sage: Bleibe im Lande und nähre dich redlich. Und wenn ich der Ursel ihr Vater, was der Herr Professor is, wäre, nie und nimmer würde ich's zujeben, daß sie mit ihren Milton nach Brasilien macht.« So jammerte die alte, treue Seele bei ihren Weihnachtskarpfen. Die Weihnachtslichter erloschen - das neue Jahr entzündete seine rosenrote Fakkel der auf bessere Zeiten hoffenden Menschheit. Frau Annemarie sah das junge Jahr mit bangem Herzen seinen Einzug halten. Ihr konnte es nichts bringen - nur nehmen. Auf Mitte Februar war bereits die Einschiffung festgesetzt. Miltons Vater konnte den Sohn nicht länger entbehren.
    Gut, daß sie reichlich Arbeit vor der Hochzeit hatte, daß ihre Gedanken nicht Wege gingen, die zu nichts führten. Freilich war alles anders als vor Vronlis Verheiratung. Wie hatte Frau Annemarie bei ihrer Ältesten überlegt und gesorgt, genäht und geflickt, um ihr eine schöne, praktische Aussteuer zusammenzustellen. Jetzt bei Ursel wurde nicht überlegt, nichts gespart. Milton Tavares kaufte, was Ursel schön fand, und das war nicht immer das Praktischste. »Oh, billig, serr billig, in Sao Paulo alles viel mehr teuer«, pflegte er zu sagen, wenn seine Schwiegermutter der Verschwendung steuern wollte.
    Da wurden große Kisten mit der schönsten Wäsche, mit Kristall und Tafelservice vollgepackt, mit allem, was ein eleganter Haushalt braucht. Denn wenn man auch in das Haus der Eltern mit einzog, in Brasilien war alles viel teurer. Sogar einen Flügel aus Tropenholz schenkte Milton seiner Braut zur Hochzeit, der in einer Riesenkiste transportiert wurde. Auch bei Ursels Wäscheausstattung mußte Frau Annemarie umlernen. »Muzi, was soll ich denn bloß dort drüben mit wollenen Sachen?« lachte Ursel. »Ich gehe doch nach Brasilien und nicht nach Sibirien. So leicht und duftig wie möglich muß alles sein. Nur Batist und Seide mit Spitzen. Schwere Stoffe kann man dort drüben gar nicht ertragen, sagt Margarida.«
    »Das ist eine Wäscheausstattung für eine Prinzessin und nicht für eine Bürgerstochter«, meinte die Mutter, durchaus nicht einverstanden.
    »Die Ursel ist auch immer unser Prinzeßchen gewesen«, neckte Hansi. »Nun heiratet sie wirklich einen Prinzen, wenn es auch man bloß ein Kaffeeprinz ist.«
    Ja, wie ein Prinzeßchen wollte Milton Tavares auch seine Ursel gehalten haben. Nicht nur, daß er sie in verschwenderischer Weise mit kostbaren Geschenken verwöhnte. Er hatte auch energisch dagegen Front gemacht, daß sie, wie Vronli, bei der Mutter kochen lernen sollte.
    »Nicht in Küche gehen. Mein Urrselchen muß sitzen an Klavier. Nicht anfassen mit zarte Fingerchen schwarze Kochtopf. Brraucht Urrsel nicht zu kümmern. Soll tun nur, was macht ihr Frreude.«
    »Na, das fehlt dem verwöhnten Fräulein halt bloß noch«, hatte der Professor lachend geäußert, als Annemarie ihm ihr Leid geklagt hatte, daß sie eine Tochter heiraten lassen sollte, die knapp wußte, wann
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