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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim
Autoren: Else Ury
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zu pflegen.
    Noch eine Überraschung brachte der festliche Tag.
    Am Abend, als Vater noch einmal nach seinem Töchterchen sah, sagte er geheimnisvoll: »Ach, beinahe hätte ich es vergessen, ich habe dir ja noch einen Geburtstagsgast mitgebracht, Lotte.«
    »Mutti?« halb jauchzend, halb zaghaft fragend klang es, als ob Annemarie das große Glück gar nicht zu fassen vermochte.
    »Nein, du Dummchen, Mutti darf doch nicht herkommen. Das weißt du ja. Es ist ein anderer - rate mal!«
    Annemarie zerbrach sich den Kopf. Es gab keinen ihrer Verwandten und Bekannten, den sie nicht nannte. Aber jedesmal schüttelte der Vater den Kopf.
    »Jemand, der sich nicht anstecken kann«, kam ihr der Vater zu Hilfe. »Am Ende Puck?« sehr erfreut klang das gerade nicht.
    »Nein, der würde hier doch etwas zu lebhaft sein«, lachte Doktor Braun. »Da, du schlechte Puppenmutter, diese junge Dame möchte dir gern gratulieren.«
    »Gerda« - jubelnd rief es Nesthäkchen. Wie lange war es her, daß sie solche Freude an ihrer Puppe gehabt hatte! Doch wenigstens eine, der sie heute einen Kuß geben durfte. Denn Gerdas Gesicht war aus Kunststoff und konnte mit Lysol abgewaschen werden. Das kleine Mädchen hatte das Gefühl, als ob sie nun ihre allerbeste Freundin bei sich habe.
    Wie hübsch Puppe Gerda wieder aussah! Neue glänzend-braune Augen hatte sie bekommen. Die blonden Zöpfchen waren zu niedlichen Schnecken über jedem Ohr aufgesteckt. Genau wie Ilse Hermann in ihrer Klasse! Ein wunderhübsches weißes Matrosenkleid hatte Fräulein Lena ihr genäht, und die grüne Sportjacke hatte sicherlich Mutti ihr gehäkelt. Und wieviel Kleider und Hüte konnte Annemarie ihrer Gerda in der neuen Puppenschneiderei noch selbst anfertigen. Annemarie wurde nicht müde, die Zusammenstellung der Farben zu überlegen und hübsche Macharten ausfindig zu machen.
    Als Schwester Elfriede endlich das Licht ausmachen konnte, da nahm die große, jetzt zehnjährige Annemarie, wie früher das kleine Annemariechen -ihre Puppe Gerda fest in den Arm. Noch im Einschlummern dachte sie dankbar: »Eigentlich war mein Geburtstag auch ohne Kindergesellschaft sehr schön - nur zu Hause bei Mutti möchte ich ihn im nächsten Jahr wieder feiern.«

Genesung
     
    Die Tage kamen und gingen. Die kahle Birke, deren violette bräunliche Zweige gegen die Fenster von Annemaries Krankenstübchen rauschten, bekam kleine Knospen. Und eines Tages waren sie alle nach einem linden Regen aufgesprungen, und winzige goldgelbe Blättchen wagten sich zaghaft an das Licht.
    Von einem Tage zum andern beobachtete das kranke kleine Mädchen, wie die Birkenblättchen, die ihr Frühlingsgrüße brachten, größer und größer wurden. Mit lichten Schleiern überrieselt, wie eine Braut, stand die junge Birke jetzt schon da.
    Und immer noch mußte Nesthäkchen im Bett liegen.
    Aber Langeweile hatte es nicht mehr. Dafür sorgte getreulich Puppe Gerda. Annemarie wurde während ihrer Krankheit wieder ein eifriges Puppenmütterchen.
    Nur wenn die Sonne gar zu lustig durch das Fenster hineinblinzelte und hinaus ins Freie lockte, kam sich Annemarie wie ein gefangenes Vögelchen vor. Ach, jetzt spielten Hans und Klaus wieder Fußball draußen auf den Wiesen in Treptow, und ihre Freundinnen konnten jeden Nachmittag in dem frühlingsgrünen Tiergarten umhertollen. Nur sie durfte nicht aus ihrem Käfig heraus. Täglich quälte sie den Vater: »Vatchen, liebes Vatichen, darf ich denn noch immer nicht aufstehen?«
    Aber Vati vertröstete seine Lotte von einer Woche zur anderen.
    So ging der April hin, und der Lenzmonat, der Mai, hielt seinen Einzug. Da sagte Doktor Braun endlich eines Tages zu Schwester Elfriede: »Ich denke, wir können unseren Wildfang morgen auf ein Stündchen aufstehen lassen.«
    »Hurra!« - selig jauchzte es aus dem Bett. Oft kam es nicht vor, daß hier im Hause der Krankheit solch ein Jubel erschallte.
    War denn noch immer nicht morgen? Heute verging der kleinen Patientin die Zeit wieder schrecklich langsam.
    Und als der nächste Tag endlich gekommen war, da hieß es für Fräulein Ungeduld immer noch warten. Kaum hatte Annemarie die Augen aufgemacht, rief sie auch schon: »Schwester Elfriede, bitte meine Strümpfe, heute darf ich aufstehen!«
    »Aber vorläufig doch noch nicht, mein Herzchen. Das erste und zweite Frühstück bekommst du noch im Bett. Gegen Mittag nehme ich dich dann ein Stündchen auf.«
    »Ich bin doch kein Baby mehr, das aufgenommen werden muß, ich ziehe mich schon
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