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Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Titel: Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen
Autoren: Else Ury
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Wohl behütet und geborgen fühlte sich Puppe Gerda bei ihrem Mütterchen.
    »Guten Morgen, Gerdachen - hat mein Nesthäkchen auch schön geschlafen?« klang es ihr liebevoll entgegen.
    Die Puppe nickte, denn ihr Kopf war mit Gummischnur befestigt.
    »Wollen wir uns denn nun anziehen und süße Zuckermilch trinken?« fragte das sorgsame Mütterchen weiter.
    Puppe Gerda lächelte erfreut. Sie hatte schon großen Durst, und Zuckermilch war ihr Leibgericht. Aber vorläufig mußte sie sich noch gedulden.
    Denn Fräulein Lena trat ins Zimmer, um Annemarie aufzunehmen.
    Die schnitt ein Gesicht. Das dumme Anziehen - sie hatte sich so darauf gefreut, noch ein bißchen mit ihrer Gerda im Bett zu spielen.
    Da neigte sich Fräulein Lena zu ihr herab und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
    Das kleine Mädchen wurde rot und sah verlegen auf ihr Puppenkind.
    Hatte es Gerda auch bloß nicht gehört, was Fräulein soeben gesagt hatte? Ob sie sich denn gar nicht vor ihrem neuen Kind schäme, und daß sie jetzt immer sehr artig sein müsse, um ihrer Gerda ein gutes Beispiel zu geben.
    Nein, die Puppe machte ein ganz harmloses Gesicht und sah respektvoll zu ihrer kleinen Mama auf.
    Eins - zwei - drei - war die aus den Federn, Fräulein sollte sie nicht umsonst gemahnt haben. Gerda wurde in die Bettecke gegen das Stickereikissen gesetzt und durfte bei Annemaries Toilette zugucken.
    Und das war gut; denn Annemarie nahm sich vor ihrem neuen Kind zusammen. Das sollte doch nicht wissen, daß seine Mama noch ab und zu beim Waschen schrie. Nesthäkchen ließ selbst beim Kämmen nur ein einziges kleines »Au!« hören, obwohl der alte Kamm gerade heute tüchtig ziepte.
    Als Annemarie endlich Zeit fand, Gerda anzukleiden, fingen die anderen Puppen an, zu murren. Die waren dem neuen Ankömmling sowieso nicht sehr freundlich gesinnt. »Ich will angezogen werden, ich muß in die Schule, sonst kriege ich einen Tadel!« rief Irenchen schon zum dritten Mal hinter der weißen Mullgardine ihres Himmelbettes hervor. Aber die Kleine hatte nur Auge und Ohr für ihre Gerda.
    »Annemarie hat mir heute noch gar keinen Umschlag auf meine schlimmen Augen gemacht, trotzdem Doktor Puck es verordnet hat«, jammerte auch Mariannchen.
    »Ja, sie hat sich heute überhaupt noch nicht um uns gekümmert, aber den Zieraff mit dem blonden Flachskopf, der erst gestern gekommen ist, küßt sie in einem fort«, berichtete Irenchen, durch die weiße Mullgardine lugend, eifersüchtig. »Dabei habe ich doch viel schönere und vor allem ganz echte Zöpfe.«
    »Wie sieht denn die Neue aus, ist sie denn wenigstens hübsch?« erkundigte sich Mariannchen. Gar zu gern hätte sie ihre verklebten Augen aufgemacht, um Puppe Gerda zu betrachten.
    »Ich finde, sie sieht recht gewöhnlich aus«, meinte Irenchen geringschätzig. »Rote Backen hat sie wie ein Bauernmädel; wenn man vornehm sein will, muß man so blaß sein wie ich!«
    Auch in dem weißen Puppenwagen murrte es.
    Lolo, das Negerkind, hatte mit der steifen Porzellanhand die Wagengardine ein wenig zur Seite geschoben, um besser sehen zu können.
    Plötzlich schrie Lolo, die ein kleines Wutteufelchen war, erbost los und trampelte sogar mit den Füßen gegen die Wagenwand.
    »Meine Spitzenschürze - wirst du mir wohl meine Schürze nicht mausen!« rief sie so laut, daß auch Baby neben ihr im Steckkissen die Äuglein aufmachte und das Mündchen weinerlich verzog.
    »Mama - Mama«, rief Baby, »ich will mein Fläschchen mit süßer Zuckermilch!«
    Aber Klein-Annemarie hörte nicht das Weinen und Rufen ihrer Kinder.
    Die fütterte gerade Puppe Gerda mit der süßen Zuckermilch, die eigentlich Baby sonst bekam.
    »Schmeckt es dir, mein Gerdachen?« fragte sie liebevoll und tat noch einen Löffel Zucker aus der Puppenküche zu.
    Die Puppe schüttelte den Kopf. Am liebsten hätte sich Gerda die Ohren zugehalten, um all die häßlichen Worte, die ihr galten, nicht zu hören; aber das konnte sie nicht, obgleich sie eine Gelenkpuppe war. Sie machte sich steif und wollte nicht mehr trinken, um dem armen durstigen Baby noch ein bißchen übrigzulassen. Aber Annemarie war eine ebenso gute wie strenge Mutter.
    »Wenn du nicht austrinkst, wirst du nicht groß und stark, mein Liebling«, sagte sie in demselben bestimmten Ton, mit dem Mutti sprach, wenn sie selbst mal nicht ihren Kakao trinken wollte.
    Da trank Gerda gehorsam ihr rosa Täßchen aus, aber es schmeckte ihr kein bißchen.
    Und als sie jetzt in den Puppenstuhl gesetzt wurde, da ward sie
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