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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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ausgerichtet, wo gerade um die Gunst der Wähler geworben wird. Die öffentliche Resonanz soll zusätzliche Aufmerksamkeit für den Wahlkampf schaffen. Bei der Begrüßung der Parteitagsgäste macht der bayerische Landesvorsitzende Ralf Ollert gleich Wahlwerbung. Seit Wochen verkündet er als Spitzenkandidat: »Vor der Wahl gibt sich die CSU stets heimatverbunden und konservativ, um nach den Wahlen ihre neoliberale Globalisierungspolitik fortzusetzen.« Reden und Handeln der CSU , betont er, widersprächen sich. Doch »wer heute die frühere patriotische Tradition unterstützen« wolle, erklärt der Nürnberger NPD -Stadtrat, müsse »in Bayern und Franken die NPD wählen und unterstützen«.
    Vier Monate später, am 28 . September 2008 wird die Parteiführung sich gefreut haben. Noch kurz vor dem Wahltag hatte der stellvertretende Landeschef Sascha Roßmüller erklärt, Ziel sei es, die »festzementierten Besitzverhältnisse der etablierten Parteien zu demontieren« und dass die »nationale Opposition« sichtbare »Signale aussendet – und möglichst gut abschneidet«. Am Wahlabend kann die NPD verkünden, was sie unterstützt hatte: Die Alleinherrschaft der CSU ist beendet. Sie selbst erreicht bei der Landtagswahl 1 , 2 Prozent – 123 274 Stimmen, die die Partei ermutigen, auch wenn sie sich mehr erhofft hatte. Der ehemalige Landesvize Uwe Meenen erklärt recht zufrieden: »Es ist uns gelungen, aus dem Stand die Ein-Prozent-Hürde zu nehmen und somit den Grundstock zu neuen Erfolgen zu legen.« Rund 85 000 Euro Steuergelder jährlich dürfte die Landtagswahl der NPD bis zur nächsten Wahl in Bayern bringen. Das tröstet offensichtlich auch Sascha Roßmüller. Leicht enttäuscht räumt er zwar ein: »Leider haben sich aber auch für die nationale Opposition die Hoffnungen nicht erfüllt.« Doch ist er froh, dass die NPD in Bayern nun nicht mehr dem »Null-Komma-Ghetto« angehört und jetzt »Anspruch auf staatliche Mittel« geltend machen kann. Wenn diese Hürde übersprungen wird, gibt es staatliche Wahlkampfkostenrückerstattung.
    In Sachsen ist der einflussreiche Niederbayer parlamentarischer Berater der NPD -Fraktion. Die NPD will Roßmüller »zwischen nationalrevolutionär und wertkonservativ« eingeordnet wissen. So bemüht er sich, verstärkt in der Partei durchzusetzen, dass in »nationaldemokratischen Darstellungen« das »sozialpolitische Wollen im Zusammenhang mit der dafür zwingend erforderlichen Funktionstüchtigkeit nationalstaatlicher Mechanismen« breiter vermittelt wird. Von Bayern spricht Roßmüller in der »Deutschen Stimme« im Oktober 2007 nicht direkt. Das Bundesland muss Roßmüller, der in Rain wohnt, aber auch nicht erwähnen, denn in der Partei ist bekannt, dass er an seine Heimat denkt. 1991 gründete Roßmüller während seiner Ausbildung zum Landschaftsgärtner den Nationalen Block ( NB ). Bis zum Verbot dieser Vereinigung im Jahr 1993 wirkte er politisch in Bayern. Keine zwei Jahre später gehörte er der Jugendorganisation der NPD an, die er knapp ein Jahr danach auf Landesebene führte. Roßmüller gilt nicht nur als verlässliche Führungskraft, sondern wird zudem als starker Redner geschätzt. Seine deutliche Art kommt auch auf Bundesebene gut an. Der sächsische NPD -Fraktionschef Holger Apfel schwärmt von ihm: Er verstehe »wie kein anderer, Intellekt und rhetorische Naturbegabung geistreich zu vereinen«.
    Beim politischen Aschermittwoch 2007 erfreute Sascha Roßmüller die fast 250 Parteifreunde des NPD -Kreisverbandes in Deggendorf. »Liebe Landsleute«, donnerte der große kräftige Mann mit dunklem Vollbart, »der Freistaat« wolle sich »für Verfassungsschutz, Integration von Zuwanderern und Unterbringung von Asylbewerbern und sonstigen Ausländern über 132 Millionen Euro netto leisten (…). Wo ist denn da der angebliche ›Hardliner‹ Beckstein in der Ausländerfrage?« Und er legte nach: »Den wenigsten ist bekannt, dass unsere Landeshauptstadt (…) einen höheren Ausländeranteil aufweist als Berlin! So viel zum Hardliner. (…) Rechts blinken, links fahren!« Selbstbewusst erklärte er schließlich: »Und sollten wir tatsächlich ›braun‹ sein, dann liegt das einzig und alleine daran, dass es uns langsam zu bunt wird!«
    Nicht ohne Grund hatte die Partei bei der Landtagswahl 2008 auf einen noch größeren Erfolg gehofft. Erstmals seit 1972 traten NPD -Kandidaten wieder in allen 91 Wahlkreisen an. Seit 2003 war es der NPD gelungen, den Landesverband
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