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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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laufenden Projekten gegen neonazistische Bestrebungen ist immer noch nicht nachhaltig gewährleistet. Stattdessen müssen sich Opferberatungsstellen von Zuschuss zu Zuschuss durchhangeln. Etablierte Präventionseinrichtungen entlassen qualifizierte Mitarbeiter aus Kostengründen oder können Projekte nur kurzfristig bewilligen.
    Ein neuer Verbotsantrag gegen die NPD scheitert an den politisch Zuständigen. Die Innenministerien können sich nicht darauf einigen, ihre verdeckten Ermittler aus der Partei abzuziehen. Nur dann wäre das Bundesverfassungsgericht bereit, einen erneuten Verbotsantrag zu prüfen. Zu Recht, denn nicht ohne Grund ist im Grundgesetz die Hürde für ein Parteienverbot hoch gelegt. Sie zu unterlaufen, indem per Gesetzesänderungen »extremistische Kandidaten« von den Wahlen oder »extremistische Parteien« von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden, sobald ihnen die Staatsschützer verfassungsfeindliche Tendenzen bescheinigen, könnte die Demokratie nachhaltig gefährden. Denn solche von der Politik erwogenen Maßnahmen können nicht nur die NPD treffen. Eine klarere Grenzziehung zur NPD , die schon mit ihrer Vorstellung von einer homogenen »Volksgemeinschaft« gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz verstößt, ist vonnöten. Aber staatliche Repressionen müssen einhergehen mit einer in der »Mitte der Gesellschaft« geführten Debatte. Einer menschenverachtenden Politik entgegenzutreten ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Oft geben nichtstaatliche Initiativen aber auch erst die nötigen Impulse. Sie thematisieren vor Ort, was Städte und Gemeinden nicht thematisieren wollen. Selbstorganisierte, alternative Initiativen gegen Neonazismus werden allerdings von Politik und Behörden häufig skeptisch beobachtet. Doch nur eine breite und vielschichtige Gegenwehr kann das Vordringen neonazistischer Kräfte und das Erstarken rechter Ressentiments aufhalten. Ständiger Widerspruch gegen die rechte Alltäglichkeit ist nötig – in Ost und West.
    Hamburg, im November 2008
    Die Herausgeber
    Andreas Speit
    »Bürgernähe zeigen, vor Ort siegen«
    Bundesparteitag in Bamberg – Landtagswahl in Bayern nicht ohne Nachwirkungen – Wahlabsprachen – NPD und »Autonome Nationalisten« – Kommunale Wahlerfolge in Sachsen: eine kommunalpolitische Herausforderung – Mandatsgewinne in Brandenburg
    Die Landesfahnen voran marschiert die Bundesspitze der NPD in den Saal. »Hier ist Deutschland« prangt in der Mitte der Bühne. Fanfarenklänge vom Band schallen durch den Hegelsaal. Applaus kommt in der Konzert- und Kongresshalle in Bamberg auf. Die Inszenierung des 32 . ordentlichen Bundesparteitags der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands ( NPD ) klappt perfekt. Mit Spannung schaut am Wochenende des 24 . und 25 . Mai 2008 die gesamte rechtsextreme Szene auf diesen Parteitag, der unter dem Motto »Sozial geht nur national« steht. Es gibt viele offene Fragen der Anhänger: Bleibt Udo Voigt Bundesvorsitzender, werden die Finanzprobleme aufgearbeitet und die Bündnispolitik neu austariert?
    »Ich will, ich habe, ich kann«, erklärt Udo Voigt gleich zu Beginn den über 500 Delegierten und Gästen. Betont selbstbewusst stellt er gleich klar: Sein Amt als Bundesvorsitzender will er nicht abgeben. »Die NPD ist die älteste und stärkste nationale Kraft in Deutschland.« Fast sieben Stunden später bedankt sich der wiedergewählte Vorsitzende für das »außerordentliche Vertrauen« und versichert: »Ich habe noch die Vision, diese Partei in den Reichstag zu ziehen.« Mit großer Mehrheit, 199 von 223 abgegebenen Stimmen, hatten die Delegierten ihm im Amt bestätigt. Von einem »Parteitag der Geschlossenheit« spricht später die Bundesführung. Doch sie durften gewusst haben, dass nicht nur alte Missstimmungen blieben, sondern auch neuer Ärger drohte. Verstimmungen, die sich auf Partei und »Freie Kräfte« auswirken sollten.
    Im Hegelsaal in Bamberg ist die Parteiführung sichtlich bemüht, Optimismus zu verbreiten, Mitgliedernähe zu zeigen. Im Foyer, wo auf Infoständen Aufkleber mit »Todesstrafe für Kinderschänder« oder »Gute Heimreise – Deutschland den Deutschen« ausliegen, spricht der Bundesvize und sächsische Fraktionsvorsitzende Holger Apfel freundlich mit älteren Mitgliedern, da geht das Bundesvorstandsmitglied und mecklenburg-vorpommerischer Fraktionsführer Udo Pastörs auf jüngere Kameraden zu, die verlegen herumstottern. Die langen Haare und das
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