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Neobooks - Transalp 8

Neobooks - Transalp 8

Titel: Neobooks - Transalp 8
Autoren: Marc Ritter , CUS
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allein. Die Politik war ihm egal. Diese sogenannten Kameraden also würden ihm Spindler vors Fadenkreuz treiben. Die drei wussten gar nichts von ihm. Sie durften es auch gar nicht, erinnerte er sich an seinen Auftrag. Besser so.
    Grödner Joch, 2121 Meter, 16.20 Uhr
    Drei Stunden lang hatte Spindler seinen Vorsprung verschlafen. Im Eilschritt war er nun zur Passstraße abgestiegen. Den herrlichen Blick auf die Dolomiten, auf die Sella und den Langkofel, den gab es heute nicht: Der Vorhang aus Wolken war gefallen. Immerhin, das machte es ihm leichter, unentdeckt zu bleiben. Der Pass war ein alpiner Rummelplatz mit Reisebussen, fliegenden Händlern, Souvenirständen und Imbissbuden. Fröstelnde, aber fröhlich lärmende italienische Familien in allzu luftiger Bekleidung stiegen aus dem Auto. Deutsche Studienrätinnen in perfekter Wanderausrüstung musterten die Italiener auf dem Parkplatz missbilligend. Diese Kleidung! Und dieser CO 2 -Ausstoß! Nie hätten sie in ihren grauen Birkenstock-Wandersocken zugegeben, dass sie vor allem die bunte Fröhlichkeit störte. Dicke Wolken schoben sich über den Pass. Ideal, um möglichst ungesehen auf die andere Seite hinüberzuwechseln, dorthin, wo der rassige Klettersteig zur Pisciaduhütte ansetzte. Normalerweise ein sehr stark frequentierter Weg, bei dem man oft warten musste, bis die Vorsteigenden weitergegangen waren. Wehe, wenn dann Gruppen von oben entgegenkamen, dann konnte es sich lange stauen. Aber es war bereits später Nachmittag, da wurde es deutlich leerer. Das Wetter tat das Seine dazu. Bei Gewittergefahr in eine solche Via Ferrata einzusteigen, in der man sich auf weiter Strecke immer am Drahtseil entlangbewegt, war gefährlich. Ein Blitzschlag konnte ganze Partien von Kletterern auslöschen. Nein, ein Gewitter im Hochgebirge wünscht man nur ärgsten Feinden.
    Kurz darauf war Spindler am Einstieg. Das Wetter schien sich zu bessern, jedenfalls hatten sich die dicken Wolkenbatzen verzogen. Gut für den Klettersteig, schlecht für Spindlers Tarnung.
    Pisciadu-Klettersteig, 2380 Meter, 18.25 Uhr
    Spindler war an der steilsten Stelle angekommen, von der aus eine ununterbrochene Flucht von Metallleitern und Drahtseilen fast senkrecht in die Höhe führte zu einem abgespalteten Felsturm. Am Ende dieser Stelle überspannte eine Hängebrücke, die nur an einem  Drahtseil aufgehängt war, den tiefen Spalt im Fels. Auf der anderen Seite gewann man wieder halbwegs sicheren Boden. Spindler sah auf seine Karte: 2380 Meter vermeldete sie für diesen markierten Punkt am Fuße des steilsten Aufschwungs. Der Höhenmesser zeigte 2415 Meter an. Das war kein gutes Zeichen. Er wusste, dass er sich auf das Gerät absolut verlassen konnte. Hatte schließlich 280 Mark gekostet, damals, 1980. Es war nach wie vor der beste Höhenmesser auf dem Markt.
    Hinter ihm bogen drei Bergsteiger um einen vorspringenden Fels. Kein Zweifel, es waren Clara Fürst und ihre Komplizen. Sie blieben stehen. Sie grinsten. Hier würde er ihnen nicht entkommen. Sie waren jung, sie waren stark, sie waren ausgeruht. Sie waren entschlossen, und sie waren zu dritt.
    Spindler hängte sich ins Drahtseil und machte sich an das steilste Stück. Die drei lächelten nicht mehr. Einholen konnten sie ihn hier leicht, nur festhalten konnten sie ihn kaum. Wenn er stürzte, würden ihn auch durchtrainierte Bergsteiger nicht halten können. Mit ihm würde der Rucksack fallen und viele hundert Meter weiter unten am Fels zerschellen. Hier konnten sie ihm nichts anhaben. Erst oben am Ausstieg, nach der Hängebrücke, da konnten sie ihn kriegen, ohne weiteres sogar. Zum Glück hatten sie nicht daran gedacht, sich aufzuteilen und einen der Ihren auf einem anderen Weg vorauszuschicken, der Spindler oben erwarten hätte können.
    Spindler ging langsam, er ahnte das Problem, das die anderen hatten. Er hängte sich nicht mit Karabiner und Reepschnur ins Drahtseil wie die meisten Bergsteiger. Das ungesicherte Klettern war seine Sicherheit gegenüber Fürst und Konsorten. Solange er abstürzen konnte, würden sie ihn in Ruhe lassen. Er musste weiter, die Hängebrücke kam näher. Über ihnen war der Himmel blau, das Wetter schien sich zu bessern. Spindler wusste es besser. Er schaute nochmals die Höhe der Hängebrücke auf der Karte nach, eine etwas umständliche Prozedur in der Wand, die seine Verfolger maßlos ärgerte. Spindler lächelte zu ihnen hinunter, rief ein  paar Nettigkeiten. Keine Antwort. Lose Steine, die er hätte
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