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Neobooks - Transalp 8

Neobooks - Transalp 8

Titel: Neobooks - Transalp 8
Autoren: Marc Ritter , CUS
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Protokoll gegeben.«
    »So ein Schmarrn.« Plank hatte die Geschichte, die ihm Dr. Keil am Telefon erzählt hatte, nicht ganz geglaubt. Doch wenn das jetzt schon Gesprächsthema auf den Fluren des Präsidiums war, dann war es bald egal, ob es stimmte oder nicht: Kurze Zeit später würde es in den Zeitungen stehen. Wenn auch der Stern mit alten Nazi-Schriften sicher besonders vorsichtig war. Irgendein Presseorgan würde es schon herausposaunen.
    »Pass auf, der gute Theo hat aber noch mehr. Ich habe mir ein Buch besorgt. Das wurde von den Adjutanten des Größten Arschlochs aller Zeiten geschrieben. Über dieses. Im Auftrag Stalins. Die Adjutanten waren in russischer Gefangenschaft. Da haben die das alles zu Protokoll gegeben, was in den letzten Tagen im Bunker passiert ist. Einer von ihnen war ein gewisser Roll, Mainhardt Roll. Und wie der andere geheißen hat, Moment, gleich fällts mir ein - na ja, ist auch wurscht. Auf alle Fälle: Stell dir vor, was ich in dem Buch gefunden habe: Es gab eine Frau, die Ende April 45 in Richtung Süden geschickt worden ist. Mit einem Beutel Brillis in der Hand. Eine seiner Sekretärinnen. Die Frau war …«
    Es wurde still in Planks Handy. Er starrte auf das Display. Tot. Der Akku war leer.
    Kastelruth, 6. Juni 1945
    Als hätte sie es nicht gleich gewusst, als sie das kleine Haus gesehen hatte. Ein ungutes Gefühl war ihr in den Magen geschossen. Nein, es war keine gute Idee gewesen, hier einzukehren. Und erst recht nicht, so lange bei diesem Mann zu bleiben. Aber nach dem weiten Weg, den sie hinter sich gebracht hatte, immer nur nachts und immer sich hinter den Bäumen versteckend, sich um die Hausecken drückend, damit nur niemand sie sah, war ihr nach einer Pause gewesen. Und die Adresse war eine derjenigen, die Mainhardt ihr in Berlin gegeben hatte. Die Adresse eines Parteigenossen, der als Tausendprozentiger galt. Und als sie sich auf dem Anstieg hinauf in das Dorf auch noch den Knöchel umgetreten hatte in den klobigen Bergschuhen, an die sie sich nie recht gewöhnt hatte, musste sie einfach eine Pause machen.
    Er hatte sie nicht abgewiesen. Sofort hatte er das Abzeichen erkannt, als sie es ihm zeigte, und sie auf dem Dachboden versteckt. Er hatte ihre Kleider gewaschen, hatte ihr ein Bett gemacht, hatte sie mit guter Hausmannskost aufgepäppelt. Er hatte ihren Fuß geschient. Dabei hatten seine Augen immer nach oben geflackert. Es war wohl noch nie eine Frau in diesem Haus gewesen. Keine, die zu ihm gehörte. Die einzigen Bilder, die sie unten in der Stube gesehen hatte, waren von alten Leuten. Ein Foto der Eltern. Ein Gemälde der Großeltern. Ein Druck von Papst Pius XII. Und dem Führer. Er hatte immer noch ein Bild des Führers. Das hatte sie nicht wirklich beruhigt. Ja, er war ein Tausendprozentiger. Ganz offensichtlich. Aber was, wenn die Amerikaner ihn hochnähmen?
    Schon am dritten Abend war er lange bei ihr unter dem Dach geblieben. Viel länger, als ihr das angenehm war. Am Abend darauf hatte er ihr den Verband wechseln wollen. Er habe eine Kräutersalbe von einer der Frauen oben von den Almen, hatte er gesagt. Dann hatte er seine Hand unter die Bettdecke geschoben. Sie hatte sie wieder hinausgeschoben, und er war gegangen. Bis er am nächsten Abend wiederkam. Diesmal hatte er das Messer dabei. Sein Blick ließ keinen Zweifel: Er würde sie töten, wenn sie nicht machte, was er sagte. Doch sie durfte hier nicht sterben. Sie musste ihre Fracht an ihr Ziel bringen. Sie redete ihm gut zu. Sie zeigte ihm ihr Parteiabzeichen. Er sagte, die Partei gebe es nicht mehr. Es gebe jetzt nur noch ihn und sie. Und dann legte er sich auf sie.
    Als er fertig war, band er sie mit den Handgelenken an das eiserne Bettgestell. Und er kam am nächsten Abend wieder. Nach dem dritten Abend erbrach sie sich über seinem Haar. Gerade, als er kam. Er schrie sie an. Er schlug sie. Er band sie los und befahl ihr, aufzuwischen.
    Sie packte den Kerzenleuchter und rammte ihm den Dorn von hinten in den Kopf. Er zappelte. Dann fiel er die steile Dachbodenstiege hinunter. Es knackte, als er mit dem Kopf zwischen zwei Sprossen hängenblieb.
    Christina Gerdens musste sich um die Beseitigung ihrer Spuren kümmern. Sie fand das Petroleum in der Küche. Dann sorgte sie dafür, dass das Haus von allen vier Seiten brennen würde.
    Zuvor schaute sie sich in der Küche um. Die Stellen, an denen die Bilder von Papst Pius XII. und Hitler gehangen waren, waren nun leer. Weiße Vierecke an der Wand. Die Bilder
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