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Neobooks - Transalp 5

Neobooks - Transalp 5

Titel: Neobooks - Transalp 5
Autoren: Marc Ritter , CUS
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losstürzen, um zu retten, was nicht mehr zu retten war, da herrschte ihn eine Frauenstimme von hinten an: »Bleibst du stehen, Benno Spindler!« Der so Angesprochene drehte sich langsam um. Ihre rechte Hand hatte die Frau in der Anoraktasche, die vom Lauf eines Revolvers ausgebeult wurde. Die Nibelungen waren gerade im Wagen verschwunden, und diese Frau wollte ihm an den Kragen. Es wurde ihm kurz schwarz vor den Augen. Wie kannst du nur so dumm sein! Den Rucksack einfach stehenlassen. Diesen Kerlen in die Arme laufen. Am liebsten wäre er einfach vom Erdboden verschwunden.
    Die Frau verfolgte den gleichen Plan. »Du legst jetzt beide Arme auf den Rücken. Meine Waffe ist auf dich gerichtet. Bei der kleinsten falschen Bewegung drücke ich ab. Und glaube mir: Es gibt nichts, was ich lieber tue. Du gehst jetzt schön brav hier links herum um die Hütte.«
    Dort hinten könnte niemand sie sehen. Würde sie ihn umlegen? An ihrer Entschlossenheit zweifelte Spindler nicht. Sie sah durchtrainiert aus und machte nicht den Eindruck, als hätte sie zum ersten Mal eine Waffe in der Hand. Diese Frau konnte schießen und, so dämmerte es Spindler mit grausamer Gewissheit, diese Frau wird auch schießen. Das Auto wartete vorne mit laufendem Motor. Wem würde schon ein einzelner Schuss auffallen im Ausbildungsgelände des Militärs?
    Du darfst nicht in den toten Winkel hinter der Hütte gehen!
Langsam drehte er sich um und tat die ersten zwei Schritte.
    »Gehts vielleicht ein bisserl schneller, der Herr!«, knurrte die Frauenstimme in seinem Rücken. In diesem Augenblick öffnete sich die Hüttentür und heraus trat der gute Geist aus der Küche mit Spindlers Kaffee auf dem Tablett.
    »Jetzt!«, dachte sich Spindler, drückte sich blitzschnell um die Küchenhilfe herum und lief durch die Tür ins Hütteninnere. Die Küchenhilfe war dabei sein Schutzschild. Das Tablett fiel scheppernd auf den Boden. Schon war Spindler die Treppe hinauf im ersten Stock. Er lief an den Zimmern vorbei und drückte schließlich eine Tür mit der Aufschrift »Privat« auf. Hier nächtigte der Hüttenwirt. Er schlüpfte hinein und schloss die Tür leise hinter sich. Er horchte. Würde sie ihm hinterherkommen? Natürlich würde sie das, diese Beute ließ sie nicht fahren. Lärm für drei hatte er gemacht mit den schweren Bergschuhen, man hörte auf dem Holzboden jeden seiner Tritte durch die fast leere Hütte. Da kam sie. Ihre Schritte auf dem Gang näherten sich. Vor der Tür »Privat« stoppten die Schritte. Spindler suchte verzweifelt nach einer Art Waffe, irgendetwas, was er ihr über den Kopf dreschen könnte. Oder sollte er aus dem geöffneten Fenster springen? Er wusste nicht, was sich darunter befand, und er wagte nicht, sich näher ans Fenster zu schleichen, um kein verräterisches Geräusch zu machen. Draußen brummte der angelassene Motor.
    Da wurde die Tür aufgetreten, und sie stand im Türrahmen, die großkalibrige Pistole mit beiden Händen im Anschlag. »Jetzt ist Schluss mit dir, Spindler!«, lächelte sie.
    So, das wars also, dachte sich Spindler. Wie oft hatte er sich ausgemalt, wie es wäre, umgebracht zu werden. Wie das Blut spritzt, die Gedärme herausquellen. Doch es war ganz anders. Alle Sorge um die Nibelungen war von ihm gewichen, ja alle Sorge um sein eigenes Leben. Eine große Leichtigkeit durchflutete ihn.
    Unten im Gang waren Stimmen zu hören. Offenbar der Hüttenwirt, der nachsehen wollte, wer da seinen Helfer umgerannt hatte und mit Bergstiefeln verbotenerweise zu den Schlafräumen hinaufgetrampelt war. Der Hüttenwirt würde die Frau nicht abhalten. Wenn es sein musste, legte sie den auch noch um. Nun drück schon ab!
    Draußen ging eine Autotür. Die Frau war irritiert. »Militärpolizei«, drang eine Stimme durchs geöffnete Fenster herein, »hier ist militärisches Sperrgebiet bis 17 Uhr. Das gilt auch für die Bundesforste. Verlassen Sie sofort das Fahrzeug.«
    Die Frau stürzte aus dem Zimmer. Schießen konnte sie nun nicht mehr – ein Schuss in der Hütte, vor der ein Auto mit laufendem Motor wartete, und eine halbe Hundertschaft Militär wäre hinter ihr her. Vor allem: Sie musste helfen, das Buch vor dem Zugriff der Obrigkeit zu retten. Sie rannte durch den Gang zurück. Als sie am oberen Ende der schmalen, steilen Holzstiege war, steckte sie geistesgegenwärtig die Pistole unter ihre Jacke, denn gerade kamen der Hüttenwirt und sein Gehilfe die Treppe herauf. Sollte sie die Treppe hinab? Sie zögerte einen kurzen
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