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Nemesis 05 - Die Stunde des Wolfs

Nemesis 05 - Die Stunde des Wolfs

Titel: Nemesis 05 - Die Stunde des Wolfs
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scheppernd in ihrem Rahmen vibrierte, hob ich wieder den Kopf. Wortlos trat ich an der Ärztin vorbei und ergriff Judiths Hand, um Seite an Seite mit ihr die nur wenige Schritte vom Wachraum entfernte Weggabelung anzusteuern. Dort bogen wir jedoch nicht in den Gang ein, durch den wir hierher gelangt waren, sondern gingen geradeaus weiter.
    Der weiß gestrichene Flur, den wir passierten, erschien mir unendlich lang. Minuten, in denen niemand von uns etwas sagte und ich dem noch immer deutlich hörbaren Geräusch der schweren Dieselmotoren lauschte, die hinter der Forschungssammlung vor sich hin knatterten und von denen es in diesem Labyrinth noch einige weitere geben musste, schienen zu vergehen, ehe die erste Tür weit vor uns sichtbar wurde. Außerdem vernahm ich hinter den dicken Betonwänden ein dumpfes Summen, das mir verriet, dass es nebst der Notbeleuchtung, die im ganzen Keller brannte, und den wuchtigen Generatoren noch einige andere Elektrizität erzeugende oder verbrauchende Gerätschaften geben musste.
    Wieder fragte ich mich, wo der Wirt wohl steckte, und verlangsamte unwillkürlich meine Schritte, während wir uns den nächsten an den Flur angrenzenden Räumlichkeiten näherten. Er konnte hier überall auf uns lauern und er konnte jederzeit, aus welchen Gründen auch immer (ich sollte mir abgewöhnen, in dieser unheimlichen Burg in irgendeiner Hinsicht nach einem Warum zu fragen, denn letztlich kamen ohnehin immer nur noch mehr Fragen dabei auf als brauchbare Antworten), von Marias Achtunddreißiger Gebrauch machen und auf uns schießen. Ich zog Judith dichter an mich heran und legte meinen Arm um ihre Schultern, während wir weitergingen. Ich musste sie beschützen; vor allen Dingen aber bedurfte ich ihrer wärmenden Nähe. Seit wir die Treppe hinter uns gelassen hatten, hatte mich das zunächst nur vage und irrelevante, inzwischen aber permanente und wachsende Gefühl beschlichen, dass wir beobachtet wurden. Ich kam nicht umhin, mir Ellens Worte ins Gedächtnis zurückzurufen: Wir waren Ratten in einem Käfig. Versuchstiere. Mittel zum Zweck. Regenerationsfähig und wieder verwertbar, oder nur noch unökonomischer Ballast?
    Vielleicht, versuchte ich mich selbst zu beruhigen, war es genau umgekehrt, und nicht das beklemmende Gefühl des Beobachtetwerdens rief diese Gedanken in mir hervor, sondern die Gedanken das Gefühl. Ellen sollte auf der Stelle tot umfallen für die zusätzlichen wahnsinnigen Gedanken, die ihretwegen in meinem Kopf tobten! Sie hatte Recht: Irgendeine fremde Macht hatte uns auf die hölzernen Stühle im so genannten Schallraum gesetzt, die Köpfe stellenweise rasiert (wir sahen erbärmlich aus, selbst meine hübsche kleine Judith sah einfach nur noch bemitleidenswert aus mit ihrer entstellten Frisur) und uns an irgendwelche seltsamen Elektroden angeschlossen, aber das hieß noch lange nicht, dass man mit uns experimentierte! Möglicherweise irrte hier tatsächlich irgendein Wahnsinniger in den alten Kellern umher, definitiv war das so, und wenn es sich dabei nur um diesen widerlichen Fettsack Carl handelte. Vielleicht bereitete es diesem Perversen schlicht und einfach Freude, uns auf jegliche erdenkliche Weise zu quälen. Wozu dieses unheimliche Labyrinth weiß Gott genügend Gelegenheit bot, wenn man nur kreativ genug dazu war – und Kreativität ging ja bekanntlich mit einem gewissen Maß an Irrsinn einher.
    Aber das alles musste noch längst nicht darauf schließen lassen, dass man uns als Versuchskaninchen zu irgendwelchen wissenschaftlichen Zwecken missbrauchte!
    Außerdem hätte ich irgendwo die Objektive von Kameras entdecken müssen, wenn man uns tatsächlich beobachtete.
    Wir hatten zwar festgestellt, dass Teile der Technik hier unten nicht annähernd so alt waren, wie es zunächst den Eindruck gemacht hatte, sondern dass sie teilweise, glaubte man den Worten der Ärztin, sogar aus den Achtzigern stammen mussten. Aber so fortschrittlich, dass sich winzig kleine Hightech-Überwachungskameras darunter befinden konnten, waren die Apparaturen mit Abstand auch wieder nicht.
    Zumindest redete ich mir das für den Augenblick mehr oder minder erfolgreich ein.
    Aufmerksam suchte ich die Decke über uns und die Wände zu meinen Seiten nach verräterischen Spuren in dieser Richtung ab, und mitunter bekam ich den Eindruck, dass der Putz an manchen Stellen etwas frischer war und sich darunter weitere Türen verbargen. Aber ich erspähte nirgends etwas, das ein winziges
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