Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nemesis 03 - Alptraumzeit

Nemesis 03 - Alptraumzeit

Titel: Nemesis 03 - Alptraumzeit
Autoren:
Vom Netzwerk:
lächelnd hinzu.
    »Blödmann.« Judith knuffte mir mit einem gequälten Lächeln in die Seite und zog mich auf den Ausgang zu und die Stufen zur Empfangshalle hinauf. Dort angelangt, verharrte sie plötzlich und legte den Zeigefinger auf die Lippen. »Hörst du das?«, flüsterte sie, mit einem Schlag wieder ganz ernst.
    Ich lauschte und dann hörte ich es auch. Aus der Küche drang ein leises, erschöpftes Wimmern zu uns hinaus. Ich warf Judith einen erschrockenen Blick zu, griff nach dem Feuerzeug, das sie im gleichen Moment aus der Tasche gezogen hatte, eilte durch die Empfangshalle und zündete es an, als ich die Küche erreicht hatte.
    »Tu mir nichts«, hörte ich Carls Stimme kraftlos und heiser flüstern, konnte ihn aber im ersten Augenblick nirgends entdecken. »Ich gehöre nicht zu denen. Bitte tu mir nichts!«
    Erschrocken suchte ich den von der nachlassenden Flamme nur schwach erhellten Raum mit Blicken ab und erkannte schließlich schattenhaft zwei Gestalten an der gegenüberliegenden Seite. Ed war scheinbar eingeschlafen und hing mit auf die rechte Schulter gesacktem Kopf und schlaff herunterhängenden Armen in einem der billigen Plastikstühle. Carl kauerte einen Schritt weiter rechts auf den Knien, die Arme schützend über den tief nach unten geneigten Kopf, vor den einfachen Küchenschränken. Mit schnellen Schritten eilte ich auf ihn zu und streckte den Arm aus, um ihm aufzuhelfen, aber der Wirt duckte sich noch ein bisschen tiefer, als sei er ein Igel und verfüge über spitze Stacheln auf dem Rücken, die ihn schützen konnten, vor was auch immer er sich so sehr fürchten mochte. Ich blickte über die Schulter zurück und hoffte, dass Judith mir gefolgt war, damit sie die Situation mit etwas weiblichem Feingefühl entspannen konnte.
    Aber Judith musste in der Halle zurückgeblieben sein, jedenfalls war sie nicht bei mir, und so war ich, allein auf mich gestellt, mit der Aufgabe spontan überfordert, einen erwachsenen Mann zu beruhigen, der beinahe mein Vater hätte sein können.
    »Lasst mich gehen, oh bitte, lasst mich gehen«, flehte Carl mit erstickter Stimme, ohne zu mir aufzusehen.
    Anscheinend hatte er mich nicht erkannt, möglicherweise nahm er überhaupt nichts von den Dingen um ihn herum wahr, sondern befand sich seit dem Einsturz in einem Schockzustand und die Biochemie in seinem Hirn spielte verrückt und gaukelte ihm eine eigene kleine Welt vor.
    »Ich tue alles für euch, was immer ihr wollt«, jammerte er mit heiserer, aber dennoch furchtbar schrill klingender Stimme. »Ich zeige mich an, wegen der Nazigoldsache, ich tue alles … aber bitte lasst mich nicht allein.«
    »Carl?«, fiel ich in das wirre, zusammenhanglose und widersprüchliche Gestammel des Wirts ein und berührte vorsichtig seine Schulter. »Ich bin es nur, Frank. Was ist passiert? Sind Sie verletzt?«
    Der Wirt zuckte zusammen, als ich ihn berührte, blickte dann aber mit angstweit geöffneten Augen zu mir auf.
    Sein Gesicht war weiß wie die sprichwörtliche Wand.
    Schlieren von getrocknetem Blut zogen sich über sein aschfahles Gesicht und sein Oberkörper und die Arme waren ebenfalls mit Unmengen von dunklem, klebrigem Blut bedeckt. Ich stieß einen erschrockenen Laut aus und wich einen Schritt zurück. Mein Fuß stieß an etwas Kleines, Hartes, das auf dem Linoleumboden lag und mit einem scharrenden Geräusch davonschlitterte.
    Der Napola-Dolch!
    Mein Herz machte einen entsetzten Satz, fassungslos starrte ich auf die Waffe auf dem Kunststoffboden hinab, die im schwachen Schein meines Feuerzeugs bedrohlich aufblitzte. Wie, zum Teufel, kam der Dolch hierher? Er hatte tief in Stefans Rücken gesteckt, ich hatte beides mit einer Plane abgedeckt, ehe ich den Bodybuilder in der Empfangshalle zurückgelassen hatte und zu den anderen zurückgekehrt war. Wer hatte ihn an sich genommen und wer hatte Carl damit so sehr verletzt?
    Ich bemerkte einen Fehler in der logischen Abfolge meiner sich überschlagenden Gedanken. Ich hatte zwar gesehen, dass der Wirt mit Blut besudelt war – mit jeder Menge Blut, um genau zu sein. Aber ich hatte keine Verletzung an ihm bemerkt, aus der das Blut ausgetreten war.
    Mein Blick wanderte langsam, das Schlimmste befürchtend, ein weiteres Mal in Eds Richtung, um den vermeintlich Schlafenden genauer zu betrachten. Aber das Schlimmste, das ich befürchtet hatte, übertraf den Anblick, der sich mir bot, als ich die kleine Flamme am ausgestreckten Arm in seine Richtung hielt, noch bei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher