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Nelson sucht das Glück

Nelson sucht das Glück

Titel: Nelson sucht das Glück
Autoren: Alan Lazar
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schaute herein und lächelte sie an. Nelson roch ein paar von den warmen und tröstlichen Gerüchen, die auch Mrs Anderson verströmt hatte, und fühlte sich gleich besser.
    Kurze Zeit später hob der freundliche Mann die Boxen mit den Welpen hoch und trug sie durch den Bahnhof. Nelson war ein wenig besorgt, als er zum ersten Mal eine Eisenbahn sah. War das ein Tier? Oder ein Haus? Die Gerüche, die dieses Ding abgab, waren jedenfalls ziemlich vielfältig.
    Der nette Mann stellte Nelson und seine Schwester in einem der Zugwaggons ab und streichelte ihnen noch einmal das Gesicht. Dann war er verschwunden. Die Tür des Waggons wurde zugezogen, und sie blieben in der fast kompletten Dunkelheit allein. Doch Nelson roch, dass noch andere Tiere in dem Waggon waren. Vielleicht andere Hunde, und möglicherweise auch Kaninchen und Hühner. Seine Geschwister konnte er nicht mehr entdecken. Ganz still und ängstlich kuschelten er und seine Schwester sich aneinander. Allmählich bekamen sie auch Hunger.
    Mit einem plötzlichen Ruck fuhr der Zug an, und Nelson und seine Schwester rutschten in eine Ecke der Box. Sie jaulten auf, und Nelson roch die Angst der anderen Tiere im Waggon. Die Hühner fingen ein Mordsgezeter an. Während der Zug weiterratterte, kamen die Tiere durch die gleichmäßige Bewegung allmählich wieder zur Ruhe. Als Nelsons Angst verflogen war und er spürte, dass auch seine Schwester wieder ruhiger war, erlaubte er sich, all die Gerüche zu genießen, die von draußen in den Waggon eindrangen. Jetzt wurden die Stadtgerüche wieder durch Landdüfte überlagert, und Nelson atmete tief und genüsslich den Geruch nach gemähtem Gras und nach Wald ein. Es war eine sonderbare Erfahrung, von einem Zug aus Gerüche zu erschnuppern. Während manche Gerüche immer da waren, wurde man von anderen regelrecht bombardiert, die dann rasch wieder verschwunden waren. Nelson versuchte, ihnen lange nachzuspüren, vor allem den interessanten, doch sie waren blitzschnell wieder weg. Das Interesse des kleinen Hundes war geweckt.
    Die Zugfahrt von Nelson und seiner kleinen Schwester dauerte nicht lange. Nach etwa einer Stunde wurde der Zug langsamer. Die Geräusche und Gerüche der Stadt waren wieder da, und Nelson roch Wasser, viel Wasser.
    Als der Zug endlich anhielt und die Waggontür geöffnet wurde, nahm Nelson einen ersten tiefen Atemzug von der Luft im Bahnhof von Boston.
3
    In über zwanzig Jahren hatte der kleine Tierladen von Emil Holmes im Süden von Boston einen guten Ruf für Zuchtwelpen erlangt. Für die Züchter bedeutete dies, dass sie Papiere vom amerikanischen Züchterverband liefern mussten, um die Reinrassigkeit ihrer Hunde zu belegen. Kopien dieser Papiere wurden dann auch den Käufern zur Verfügung gestellt und rechtfertigten die manchmal etwas erhöhten Preise, die Emil für seine Welpen verlangte.
    Besitzer eines Zoogeschäfts war Emil nicht aufgrund einer bewussten Entscheidung geworden, sondern weil sein Vater gestorben war, als er gerade mal dreiundzwanzig Jahre alt war, und ihm den Laden hinterlassen hatte. Emil hatte seinen Vater nicht mehr gesehen, seit er fünf gewesen war, und so kam die Erbschaft vollkommen unerwartet. Was seinen Vater betraf, erinnerte er sich nur noch daran, dass er oft betrunken herumgeschrien und in der Küche Geschirr zertrümmert hatte, während der kleine Emil schlotternd vor Angst in seinem Bett lag. Dem Jungen hatte sein Vater nie etwas getan, doch der Mutter waren gelegentliche Handgreiflichkeiten nicht erspart geblieben. Irgendwann hatte sie ihren ganzen Mut zusammengenommen und dem gewalttätigen Ehemann den Laufpass gegeben, doch auch noch viele Jahre später hatte Emil ihn nicht vergessen.
    Emil hatte eine besondere Begabung fürs Rechnen und gründete gleich nach der Highschool ein Geschäft für gebrauchte Musikinstrumente. Eine Weile lief es recht gut, und er heiratete noch vor seinem einundzwanzigsten Geburtstag seine Jugendliebe Evelina aus der Highschool. Doch wie so viele Geschäfte, die jemand aus jugendlicher Begeisterung aufzieht, scheiterte auch dieses irgendwann. Kurz danach verließ Evelina ihren jungen Ehemann und brach ihm das Herz. Emil wechselte eine Weile von einem Job zum nächsten und leckte sich seine Wunden. Als er dann das Geschäft seines Vaters erbte, kam ihm das zunächst wie ein schlechtes Omen vor. Doch schon bald wurde ihm klar, dass sich mit dem Kauf und Verkauf von Welpen gutes Geld machen ließ. Er liebte den geschäftlichen Aspekt
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