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Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues

Titel: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues
Autoren: Virginia Ironside
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vielen zukünftigen Grannys, als mein Sohn mir das erste Ultraschallfoto von meinem Enkel zeigte: Ich musste schwindeln, was das Zeug hielt: » Ja, jetzt sehe ich’s!… ja, sein kleines Gesicht… sein süßes Lächeln…« Mein Sohn schaute mich vernichtend an und sagte: » Mutter! Ihm sind gerade erst die Beine gewachsen, er hat noch keinen Gesichtsausdruck!«
    Seltsamerweise war ich vor mehr als fünfunddreißig Jahren als junge Mutter ganz und gar nicht begeistert von der A ussicht, mein Leben mit einem Kleinkind zu teilen– oder besser gesagt: mein Leben einem Kleinkind opfern zu müssen. So sah ich das wenigstens damals. Ich kann mich noch gut an die endlosen öden Nachmittage auf hässlichen Spielplätzen erinnern, und wie ich alle zwei Minuten auf die Uhr schaute und dachte: Das ertrage ich keine Sekunde länger– dieses frühe A ufstehen im Morgengrauen, Tag für Tag, um dem schreienden Bündel sein Fläschchen zu geben, ganz zu schweigen von öden Spaziergängen in kalten Parks, Nacht für Nacht nicht durchschlafen können, das ständige A nrühren von Brei, das mühsame Füttern, die Hoffnungslosigkeit, die in jener Zeit mein ständiger Begleiter war. W enn mein Sohn schrie, bekam ich sofort schreckliche Schuldgefühle. Ich hielt mich für eine schlechte Mutter und machte mir V orwürfe, dieses arme W ürmchen auf diese schreckliche W elt gebracht zu haben.
    Mit meinen Enkelsöhnen dagegen ist alles ganz anders. Und das ist das Schöne, das W undervolle daran. Meine Liebe für meine Enkel ist rein und klar, ungetrübt von Schuldgefühlen, Panik und A ngst, so wie ich sie als junge Mutter hatte. Jetzt denke ich nicht mehr: O Gott, er ist müde und apathisch, er muss mich ja einfach hassen. Oder: Meine Güte, das wird ihn für den Rest seines Lebens ruinieren. Er wird mir dieses oder jenes später ewig vorwerfen.
    Wenn einer meiner Enkelsöhne zu weinen anfängt oder sich die Seele aus dem kleinen Leib schreit, bleibe ich vollkommen ruhig. W eil ich aus Erfahrung weiß, dass seine Ängste nur kleine W ölkchen auf einem grundsätzlich blauen Himmel sind und dass sich diese W ölkchen mit Liebe, Zuwendung und einer Menge Küsse wieder auflösen werden.
    Wenn ich mit meinen Enkelsöhnen unterwegs bin, habe ich plötzlich alle Zeit der W elt. Es macht mir nichts aus, wenn es denn sein muss, im Schneckentempo mit ihnen durch die Stadt zu kriechen. Und wenn wir Enten füttern gehen, schneide ich das alte Brot vorher extra in W ürfel und gebe es in eine Plastiktüte. Dann schaue ich begeistert zu, wie der Jüngste das Brot verteilt. Er steckt seine kleine Hand in die Plastiktüte, packt eine Handvoll Brotbrocken, zieht sie vorsichtig aus der Tüte, wendet sich den Enten zu und– und das ist das Clevere an der Sache – öffnet seine Hand, während er in ihre Richtung wirft. Er kann fühlen, er kann greifen, er kann festhalten, er kann sich in die richtige Richtung wenden, er kann werfen und gleichzeitig loslassen. Ich meine, das ist doch brillant, oder nicht? Ich betrachte ihn voller Stolz. Er ist so klug. Und so nett – er will die armen Enten unbedingt füttern. Er ist klug und nett! W as will man mehr?
    Früher verstand man unter einer Großmutter eine alte Frau ohne Zähne und mit einem Dutt. Eine alte Frau, die immer irgendwie nach Kohl und alter Pisse roch. Großväter waren hutzelige Gestalten mit struppigen Bärten, die jedem auflauerten, der vorbeikam, um ihn zu einer Partie Schach zu zwingen. W ir Babyboomer-Grannys dagegen sind ganz anders. W ir bilden uns ein, noch genauso viel Energie zu haben wie in jungen Jahren (ein tragischer Irrtum, wie man nach einem langen Nachmittag mit zwei lebhaften kleinen Rabauken feststellen wird) und wollen überall mithalten.
    Natürlich gibt es auch Probleme. W ie sollen wir uns heutzutage von unseren Enkeln nennen lassen? Ich habe Freundinnen, die vor der Bezeichnung » Granny« geradezu zurückschrecken und darauf bestehen, von ihren Enkelkindern mit dem V ornamen angeredet zu werden. Ich halte es da anders. Ich für meinen Teil bin stolz darauf, eine Granny zu sein, ja, es machte mir nicht mal viel aus, als mein kleiner Enkel mich anfangs (prophetischerweise) » Gaga« nannte.
    Ein anderes Problem ergibt sich für unsere Kinder. Mein Sohn musste nicht nur fassungslos feststellen, dass er jetzt V ater ist, sondern auch, dass sich seine Mutter von einer Minute auf die andere in eine Großmutter verwandelte. A ls ich bei ihm klingelte und mit dem Ruf: » Wie
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