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Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues

Titel: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues
Autoren: Virginia Ironside
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19. Weisheit
    Und nun erfüllt mich jeder neue Tag mehr mit Staunen und sieht mich besser befähigt, seine Freuden bis zum letzten Tropfen auszukosten. Denn bisher war mir gar nicht bewusst, welch ungeheuren Reichtum die Zeit zu bieten hat; meine Jugend war nie besonders ergiebig, was das Glücklichsein betrifft. Ist dies wirklich das, was man A ltwerden nennt, dieses unermüdliche A nbranden von Erinnerungen an den Strand meiner inneren Stille, diese verhaltene, nüchterne Freude, diese leichtherzige Musik, die mich verzückt, dieses tiefe Gefühl von Sanftheit und Freundlichkeit?
    The Delights of Growing Old – Maurice Goudeket
    Wir können den Nachmittag des Lebens nicht nach demselben Programm leben wie den Morgen, denn was am Morgen viel ist, wird am Abend wenig sein, und was am Morgen wahr ist, wird am Abend unwahr sein.
    Carl Gustav Jung
    Eigentlich ist » Weisheit« ein allzu hochtrabendes W ort für die willkürliche, chaotische A nsammlung von W issen, die man sich im Laufe seines Lebens erwirbt. Ich würde es eher so sehen, dass wir jetzt, im A lter, nicht mehr ganz so blöd sind, wie wir es am A nfang unseres Lebens einmal waren– und das ist etwas ganz anderes als » weise sein«. Obwohl wir immer noch dazu neigen, Fehler zu machen, machen wir seltener die alten Fehler. Mit anderen W orten: Erfahrung zahlt sich aus. Und wenn am Ende des Regenbogens auch kein Topf voll Gold auf uns wartet– dann zumindest auch kein A bfallhaufen.
    Hier ein paar Erkenntnisse aus meinem (langen) Leben:
    1. Jedes Problem hat zwei Seiten. Das will nicht heißen, dass man nie recht haben kann. Ich habe immer recht. A ber ich habe im Laufe der Jahre eingesehen, dass andere Menschen auch A nsichten haben. A ndere A nsichten als ich wahrscheinlich. V errückte A nsichten. Falsche A nsichten. A ber immerhin A nsichten.
    2. Wir wissen, dass wir nicht alles glauben dürfen, was in der Zeitung steht. Tatsächlich darf man aber gar nichts glauben, was in der Zeitung steht.
    3. Es ist vollkommen in Ordnung, jemandem, auf den wir eine Stinkwut haben, einen gepfefferten Brief zu schreiben, mittlerweile sind wir aber klug genug, ihn nicht mehr abzuschicken. Schreckliche Erfahrungen haben uns das gelehrt. Noch jetzt haben wir mitunter schlaflose Nächte, wenn wir an jenen Brief denken, den wir 1955 an eine Freundin geschickt haben, die dann später doch diesen grässlichen Mann geheiratet hat, der, noch später, bei einem Skiunfall ums Leben kam. Und irgendwie geben wir uns dafür die Schuld.
    4. Aber waren wir wirklich schuld? Nicht die Bohne. W ir fühlen uns jetzt längst nicht mehr so schuldig wie früher, denn wir wissen, dass unser Einfluss auf das W ohl und W ehe dieses Planeten bestenfalls marginal ist. W ir sind ja nur A meisen angesichts des Großen und Ganzen …
    5. Wir lassen uns im A lter nicht mehr so sehr von unseren Gefühlen beherrschen wie früher. Mittlerweile wissen wir: W as immer auch geschehen mag, es ist nicht wirklich so wichtig, wie wir immer dachten. W ir wissen, dass » auch das vorübergeht«. Und das gilt für die schlechten wie für die guten Zeiten.
    6. Die globale Erwärmung oder das Ende der Zivilisation, wie wir sie kannten, bereitet uns nicht richtig Kopfzerbrechen, denn wir wissen, dass kommen wird, was kommen muss – que será, será. Und diese Gewissheit gibt uns das Gefühl, dass es am Ende dann vielleicht gar nicht so schlimm kommt wie befürchtet – dass der Dreck bei der W äsche wieder rauskommt. Eine große Erleichterung. (Wenn Sie anderer Meinung sind, siehe Punkt 1 . Ich habe immer recht – aber immerhin weiß ich, dass Sie auch eine Meinung dazu haben – falls Ihnen das hilft.)
    7. Je weniger Zukunft wir vor uns haben, desto besser können wir die Gegenwart genießen. W ir bereuen nichts. W ir haben uns mit unserem Los abgefunden, wir wissen, dass Sorgen und Leid zum Leben gehören, und versteigen uns nicht länger in unrealistische Zukunftsträume. W ir haben gelernt, nicht mehr vom Leben zu erwarten, als dass die Dinge einigermaßen laufen.
    8. Wenn jemand eine gehässige Bemerkung über uns macht, sind wir nicht länger tödlich getroffen, sondern kommen durchaus auf den Gedanken, dass derjenige vielleicht neidisch auf uns sein könnte.
    9. Wir können das Ende eines Films oft schon vorhersagen, kaum dass er angefangen hat, und sind keineswegs überrascht, wenn sich bei einem Krimi herausstellt, dass der Kommissar selbst der Täter ist.
    10. Wir
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