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Nebel ueber Oxford

Nebel ueber Oxford

Titel: Nebel ueber Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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er, bis seine Hände zu zittern aufhörten, ehe er nach oben ging, um mit seinen Leuten zu sprechen.

Kapitel 4
     
    »Wieso sitzen wir eigentlich hier? Warten wir auf die nächste Bombe?« Die schrille, hysterische Stimme übertönte das allgemeine Gemurmel im zur Verfügung gestellten Konferenzraum. Bisher hatten sich alle mehr oder weniger zurückgehalten, doch jetzt wurde die Angst der Leute spürbar.
    »Sie haben das ganze Gebäude durchsucht, ehe sie uns hier hereingelassen haben«, versuchte Greg die Anwesenden zu beruhigen. Aber stimmte das auch? Er hoffte es zumindest.
    Weil man die Fenster wegen des Staubs hatte schließen müssen, war die Luft in dem überfüllten Raum abgestanden. Auf jeder ebenen Oberfläche standen leere Teetassen herum, und überall lagen Kekskrümel. Das halbe Dutzend Leute, das sich in oder auf dem Gebäude aufgehalten hatte, als der Sprengsatz explodierte, war ausnahmslos von den Sanitätern untersucht worden. Glücklicherweise hatte niemand einen Arzt gebraucht, und obwohl das schrille Pfeifen in ihren Ohren noch nicht verstummt war, konnten alle verstehen, was gesagt wurde.
    »Worauf warten wir eigentlich?«, fragte Lucy und sprach damit die Gedanken aller Anwesenden aus. »Warum lässt man uns nicht einfach nach Hause gehen?«
    »Weil wir uns erst noch die Ansprache des Chefs anhören müssen«, grantelte jemand.
    »Ich wünschte, er käme endlich«, sagte Lucy. »Wo bleibt er denn?« Staub bedeckte ihr rotgoldenes Haar, verursachte ihr ein raues Gefühl auf der Haut und sorgte für tiefe, dunkele Linien zwischen ihren Augen. So ähnlich würde sie vielleicht eines Tages mit sechzig aussehen.
    »Blake hat jetzt eine Menge um die Ohren«, lenkte Greg ein.
    »Ich auch«, gab Lucy schnippisch zurück. »Und außerdem will ich endlich nach Hause. Ich brauche einen anständigen Drink und will über meine Zukunft nachdenken.«
    Conor war wieder aufgetaucht und saß mit Kerri und Sam in einer ruhigen Ecke.
    »Wir haben dich auf der Parks Road gesehen«, sagte Sam. »Wo wolltest du hin?«
    »Mich wollt ihr gesehen haben? Unmöglich.«
    Kerri runzelte die Stirn. »Sah aber ganz nach dir aus.«
    »Die Stadt ist voll von Typen, die mir ähnlich sehen.«
    »Es sah aus, als hättest du dich mit einem Kumpel getroffen«, berichtete Kerri.
    »Warum interessiert euch das? Was wollt ihr von mir?« Conor blickte finster drein und lehnte sich so weit zurück, dass sein Stuhl nur noch auf zwei Beinen wippte.
    »Immer schön cool bleiben, Conor. Es ist doch nichts dabei. Bei uns allen liegen die Nerven ein bisschen blank«, versuchte Sam ihn zu beruhigen.
    »Jedenfalls habe ich niemanden getroffen. Ich bin nur hinter dem Haus gewesen und habe eine geraucht.« Conor starrte Kerri an, als wolle er sie zum Widerspruch herausfordern.
    »Tatsächlich? Dann hast du vielleicht jemanden gesehen?«, erkundigte sich Sam und versuchte die Erinnerung an Conors leere Zigarettenschachtel auf sich beruhen zu lassen.
    »Was meinst du?«
    »Wäre doch möglich, dass du den Bombenleger gesehen hast«, hakte Sam nach.
    »Meinst du etwa den Mann mit der schwarzen Gesichtsmaske, der ein schweres, rundes Paket durch die Hintertür schleppte? Mal im Ernst: Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Hast du wirklich nichts gesehen? Es könnte wichtig sein.«
    »Wie schon gesagt, ich habe nur eine geraucht. Ich konnte die Spinner hören, aber ich stand bei den Fahrradunterständen, und da war niemand.«
    »Wolltest du nicht mit dem Rauchen aufhören?«, fragte Kerri.
    »Mir geht es wie Blake Parker. Ich rauche nur, wenn ich Stress habe«, antwortete Conor.
    »Das ist zumindest ein Anfang«, sagte Sam und rückte seinen Stuhl näher an den von Kerri heran. »Aber eigentlich hatten wir doch nicht besonders viel Stress, ehe der Sprengsatz in die Luft flog.«
    Conor beachtete ihn nicht weiter, sondern bemühte sich um Kerris Aufmerksamkeit. Das Mädchen aber hörte Sam gebannt zu.
    »Kein ganzes Jahr«, sagte der gerade. »Etwas mehr als sechs Monate.«
    »China.« Kerri seufzte sehnsüchtig. »So weit weg. Ich wollte, ich könnte mitkommen.«
    »So weit muss man gar nicht fahren, wenn man seiner Familie entkommen möchte.«
    »Ich verstehe überhaupt nicht, warum du das willst. Ich würde mich freuen, wenn sich meine Mutter für mein Leben interessierte.«
    Sam wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Natürlich war es schön, eine große, fröhliche Familie zu haben, doch schon in jüngeren Jahren hatte er es manchmal
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