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Naschkatze

Titel: Naschkatze
Autoren: M Cabot
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die als Verkäuferin gejobbt hat – und davor, in meiner Teenagerzeit, jeden Freitag- und Samstagabend als Babysitter. In den letzten sieben Jahren habe ich mir alles verkniffen, was gesellschaftliche Kontakte ausmacht, und die teureren Freuden des Lebens (Kino, Essen in Restaurants, ein edles Shampoo, ein Auto etc.) Stattdessen habe ich möglichst viel von meinem mickrigen Gehalt gespart, um eines Tages nach New York zu flüchten und meinen Traum zu verwirklichen.
    Deshalb beklage ich mich nicht. Ich weiß, meine Eltern haben ihr Bestes für mich getan. Und nun bin ich ziemlich wütend, weil Shari einfach ignoriert, dass nicht alle Eltern ihre Kinder mit Geld überschütten. Obwohl ich ihr das oft genug erklärt habe.
    »Lassen wir uns nicht von New York versklaven!«, fährt sie fort. »So wichtige Entscheidungen – zum Beispiel, ob wir bei einem Freund wohnen – dürfen nicht von den Mietkosten abhängen. Wenn wir darauf Rücksicht nehmen, sind wir verloren.«
    Ich schaue sie schweigend an. Im Ernst, ich habe keine Ahnung, wo sie solche Weisheiten aufgeschnappt hat.
    »Wenn’s am Geld liegt und du deine Eltern nicht darum
bitten willst, wird Chaz dir was leihen. Das weißt du, Lizzie.«
    Chaz entstammt einer Familie, in der erfolgreiche Anwälte seit Generationen Geld scheffeln. Natürlich kennt er keine finanziellen Sorgen. Nicht nur, weil seine Verwandten in schöner Regelmäßigkeit sterben und ihm ihr Vermögen hinterlassen. Außerdem hat er auch noch ihre Sparsamkeit geerbt, investiert seine Dollars konservativ und führt ein bescheidenes Leben – zumindest im Vergleich zu seinem Reichtum, der Lukes Kapitalbesitz angeblich übertrifft. Nicht, dass Chaz ein Château in Frankreich vorzuweisen hätte …
    »Hör mal, Shari«, entgegne ich, »Chaz ist dein Freund. Von deinem Freund nehme ich kein Geld. Warum wäre das besser als mein Entschluss, bei Luke zu wohnen?«
    »Weil du keinen Sex mit Chaz hast«, betont sie in ihrer üblichen schroffen Art. »Es wäre ein rein geschäftliches, unpersönliches Abkommen.«
    Aus irgendeinem Grund missfällt mir der Gedanke, Chaz um eine Leihgabe zu ersuchen – obwohl er das sicher nicht seltsam finden und sofort Ja sagen würde.
    Aber das Geld spielt gar keine Rolle.
    »Weißt du, Share...«, beginne ich zögernd, »ums Geld geht’s mir gar nicht.«
    Stöhnend schlägt sie die Hände vors Gesicht. »O Gott«, sagt sie zu ihren Knien, »das habe ich befürchtet.«
    »Was?« Warum regt sie sich so auf? Das verstehe ich nicht. Klar, Chaz ist kein Prinz – mit seinen umgedrehten Baseballkappen und den unvermeidlichen Bartstoppeln, aber amüsant und richtig nett. Solange er nicht über Kierkegaard oder Alterssicherungssysteme philosophiert. »Tut
mir leid. Können wir das nicht irgendwie hinkriegen? Ich meine – wo liegt das Problem? Was stört dich? Die Messerstecherei? Die miese Gegend? Willst du deshalb nicht bei Chaz wohnen? Die Polizisten haben’s doch gesagt – nur ein Familienstreit. Also wird’s nicht mehr vorkommen – solange sie Julios Dad nicht aus dem Knast entlassen...«
    »Damit hat das nichts zu tun«, zischt Shari und nimmt die Hände vom Gesicht. Im Widerschein der Pabst Blue Ribbon-Neonreklame an der Wand neben unserer Nische leuchtet ihr wild gelocktes schwarzes Haar silbrig blau. »Lizzie, du kennst Luke erst seit einem Monat. Trotzdem willst du zu ihm ziehen?«
    »Seit zwei Monaten«, verbessere ich sie gekränkt. »Und er ist Chaz’ bester Freund. Wir kennen Chaz seit Jahren , nicht wahr? Jahrelang haben wir mit ihm gelebt – das heißt im Studentenwohnheim. Also ist Luke kein völlig Fremder, so wie Andrew...«
    »Genau«, fällt sie mir ins Wort. »Was war denn mit Andrew? Du hast gerade erst eine Beziehung hinter dich gebracht, Lizzie. Eine total verpfuschte Beziehung. Aber irgendwann war’s wohl mal eine. Und schau dir Luke an. Vor zwei Monaten hat er mit einer anderen zusammengelebt! Und nach so kurzer Zeit schlägt er dir vor, bei ihm einzuziehen? Meinst du nicht, ihr solltet es etwas langsamer angehen?«
    »Wir wollen nicht heiraten , Shari«, wende ich ein. »Nur ein Apartment teilen!«
    »Auf Luke trifft das vielleicht zu. Aber ich kenne dich, Lizzie. Ich habe das Gefühl, du malst dir insgeheim schon aus, wie du Luke heiratest. Das kannst du nicht abstreiten.«

    »Nein, das stelle ich mir nicht vor!«, protestiere ich. Wie hat sie das erraten? Okay, sie kennt mich mein Leben lang.
    Trotzdem ist’s irgendwie unheimlich.
    Ihre
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