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Naschkatze

Titel: Naschkatze
Autoren: M Cabot
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Augen verengen sich. »Lizzie!«, sagt sie in warnendem Ton.
    »Also gut.« Resignierend sinke ich in die blutrote Vinylpolsterung zurück. Wir sitzen im Honey’s, einer schäbigen Midtown-Karaoke-Bar, auf halbem Weg zwischen Chaz’ Apartment, wo Shari an der East Thirteenth zwischen der First und der Second Avenue wohnt, und Lukes Domizil an der Ecke East Eighty-first und der Fifth Avenue. Also haben wir’s beide nicht allzu weit.
    Mag das Honey’s auch ein mieser Schuppen sein, so ist es doch meistens angenehm leer – zumindest vor neun Uhr abends. Dann tauchen die ernsthaften Karaoke-Fans auf. Bis dahin können wir in Ruhe miteinander reden, und die Diät-Cola kostet nur einen Dollar. Außerdem scheint es die Barkeeperin – eine koreanisch- amerikanische Punkerin – nicht zu interessieren, ob wir was bestellen oder nicht. Die wird von ihrem Freund abgelenkt, mit dem sie am Handy streitet.
    »Okay, ich will ihn heiraten«, gebe ich deprimiert zu, während die Barkeeperin in ihr rosa Razor-Handy schreit: Weißt du was? Weißt du was? Du nervst! »Ich liebe ihn.«
    »Dass du ihn liebst, ist ganz natürlich, Liz«, sagt Shari. »Aber ich glaube immer noch, du solltest nicht zu ihm ziehen.« Großartig, jetzt kaut sie auch noch an ihrer Unterlippe. »Ich finde...«
    »Was?«, frage ich und schaue von meiner Diät-Cola auf.

    »Schau mal, Lizzie...« In der schwachen Beleuchtung der Bar wirken ihre Augen unergründlich. Obwohl draußen die Mittagssonne scheint. »Luke ist fabelhaft, wirklich. Und wenn ich bedenke, dass du seine Eltern wieder zusammengebracht und ihm klargemacht hast, dass er seinen Traum verwirklichen muss und Medizin studieren... Das war echt cool von dir. Aber ihr beide... Auf Dauer...«
    »Was meinst du?« Verständnislos runzle ich die Stirn.
    »Das sehe ich einfach nicht.«
    Hat sie das tatsächlich gesagt? Meine angeblich beste Freundin?
    »Warum nicht?!« Jetzt spüre ich, wie mir brennende Tränen in die Augen steigen. »Weil er ein Prinz ist? Und weil ich nur ein Mädchen aus Michigan bin, das zu viel redet?«
    »Nun ja, mehr oder weniger. Lizzie – du liegst gern im Bett und siehst ›The Real World Marathons‹, mit einem Riegel Schokolade in der einen Hand und der neuesten Ausgabe von Sewing Today in der anderen. Und es macht dir Spaß, Arrowsmith in voller Lautstärke zu hören, während du auf deiner Singer-Nähmaschine 5050 Cocktailkleider aus den fünfziger Jahren säumst. Kannst du dir vorstellen, so was in Lukes Gegenwart zu tun? Benimmst du dich bei ihm so, wie du bist? Oder wie das Mädchen, das ihm nach deiner Meinung gefallen würde?«
    »Unglaublich, dass du mich das fragst!« Beinahe fange ich zu weinen an. Aber ich reiße mich zusammen. » Natürlich spiele ich ihm nichts vor.«
    Aber wie ich mir eingestehen muss, trage ich seit meiner Ankunft in New York ständig ein Miederhöschen. Deshalb kriege ich hässliche rote Striemen in der Taille und
muss warten, bis sie verschwinden, bevor ich Luke meinen nackten Körper zeige. Nur weil ich in Frankreich so viel Brot gegessen und zugenommen habe. Ungefähr fünfzehn Pfund.
    O Gott, Shari hat recht!
    »Hör mal...« Offenbar bemerkt sie mein unglückliches Gesicht. »Glaub mir, ich will dich gar nicht davon abbringen, bei ihm zu wohnen. Ich finde nur, du solltest deine Heiratspläne erst mal auf Eis legen.«
    Automatisch wische ich die Tränen aus meinen Augen. »Erklär mir jetzt bloß nicht, er wird die Kuh nicht kaufen, wenn er die Milch umsonst kriegt. Sonst muss ich mich übergeben.«
    »So was würde ich niemals sagen. Ich bitte dich nur, nichts zu überstürzen. Und sei du selber, wenn du mit ihm zusammen bist. Wenn er die echte Lizzie nicht liebt, ist er gar kein Prince Charming.«
    Atemlos starre ich sie an. Kann sie Gedanken lesen? »Warum bist du so klug?«, schluchze ich.
    »Weil Psychologie mein Hauptfach war. Erinnerst du dich?«
    Ich nicke. Bei ihrem Job wird sie Frauen in einer gemeinnützigen Organisation beraten, die den Opfern häuslicher Gewalt neue Unterkünfte und Zuschüsse von der Sozialfürsorge verschafft. Allzu viel verdient sie nicht damit. Aufs Geld kommt’s ihr aber auch gar nicht an. Es ist ihr viel wichtiger, Leben zu retten und Menschen, besonders Frauen zu helfen, ihren Kindern und sich selbst ein besseres Leben zu ermöglichen.
    Wenn man’s genau nimmt, tun wir in der Modebranche so was Ähnliches. Klar, wir retten niemandem das Leben.
Aber in gewisser Weise verhelfen wir den Frauen zu
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