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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter
Autoren: Alfred Komarek
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nachher.“
    Käfer ging dem Anwalt und Köberl entgegen. „Grüß dich, Sepp. Bitte dreh nicht durch. Hör erst einmal zu.“
    Keine Antwort.
    Die Männer saßen dann schweigend da, Sepp Köberl schaute sich unruhig lauernd um, als wolle er angreifen oder fliehen.
    Mertens betrachtete ihn interessiert. „Sie haben den Eindruck, dass man mit Ihnen spielt. Sie haben Recht. Aber lassen Sie mich die Karten auf den Tisch legen. Ich bin übrigens Henning Mertens. Herrn Käfer kennen Sie. Er ist harmlos. Das will ich von Herrn Schiller nicht behaupten. Ein rechtes Schlitzohr, der Mann. Und was meine wenig ehrenwerte Restexistenz betrifft: Ich war so weit oben, dass es einige Jahre gedauert hat, bis ich im freien Fall den Tiefpunkt erreicht habe. Es gibt keine Gemeinheit, die ich nicht kennen lernen musste und fast keine, die ich nicht irgendwann begangen hätte. Sie wirken unruhig, Herr Köberl, langweile ich Sie?“
    „Nein. Ich möchte nur gern wissen, warum ich hier sitze.“
    „Weil Sie erfahren sollen, warum Sie die heutige Gläubigerversammlung überlebt haben.“
    „Hat vielleicht dieser verdammte Schiller …?“
    „Dieser verdammte Schiller hat.“
    „Was geht ihn mein Leben an?“
    „Einen Dreck. Er geht seinen Geschäften nach, wie üblich.“
    „Dann soll er den Mund aufmachen und die Wahrheit sagen. Was will er?“
    „Wir werden ihn peinlich befragen, wenn’s recht ist. Herr Schiller, Sie haben diese Ausfallshaftung übernommen, weil Sie Ihre klebrigen Finger nach dem Verlag von Herrn Köberl ausstrecken, nicht wahr?“
    Eustach Schiller ließ das Tortenstück, das er eben zum Mund führen wollte, sinken. „Wie? Eh, ja. So kann man das wohl sagen. Obgleich meine Finger …“
    „Keine Einzelheiten. Ihre Erfahrung als Schriftsteller beschränkt sich auf das Abfassen hinterlistiger Geschäftsbriefe und Ihre Kenntnisse vom Metier des Publizisten und Verlegers tendieren gegen null, oder irre ich mich?“
    „Da mögen Sie Recht haben.“
    „Sie sind also nicht so dummdreist, Herrn Köberl seinen Verlag aus der Hand nehmen zu wollen?“
    „Nein, bin ich nicht. Mich betrübt diese Unterstellung.“
    „Nur keine Sentimentalitäten. Obwohl …, nun ja, ich konnte mich in den letzten Tagen des Eindrucks nicht erwehren, dass der gute Eustach Schiller im Grunde genommen ein armes Schwein ist. Sucht Nähe und findet sie nicht. Möchte seinem Leben Inhalt geben. Doch Sinn kann man nicht kaufen. Was sagen Sie, Herr Käfer?“
    „Man kann es nicht treffender ausdrücken.“
    „Danke. Herr Schiller war im Publikum, Herr Köberl, als Sie in der Traube Ihren fulminanten Faschingsbrief vorgetragen haben. Dabei hatte er einen recht passablen Einfall, stimmt’s?“
    Schiller schaute unsicher drein und dachte angestrengt nach. „Ich …, ich wünschte mir damals, ich könnte an Ihrem Verlagsprojekt mitwirken. Als Teilhaber, als stiller Teilhaber, wie ich betonen möchte!“
    Mertens grinste. „Mit anderen Worten: Er zahlt, schafft aber nicht an. Sie allein bleiben der Verleger, Sie bestimmen das Programm.“
    Köberl hatte erst mit geweiteten Augen zugehört. Dann schob er seine Kaffeetasse mit einer heftigen Bewegung von sich. „An Weihnachtsmänner glaub ich längst nicht mehr. Schon gar nicht am Aschermittwoch, Herr Mertens.“
    „Sie tun gut daran. Sie holen sich mit dem lieben Herrn Schiller einen Vampir ins Haus. Er wird an Ihrer Arbeit teilhaben wollen, Ihre Projekte mit aufdringlicher Anteilnahme begleiten und Ihnen eines Tages auch noch ein erbärmliches Werk aus seiner eigenen Feder zwecks Veröffentlichung aufschwatzen. Ein Schiller gibt keinen schlaffen Cent her, ohne dafür etwas haben zu wollen. Ich fürchte sogar, dass er insgeheim hofft, Sie könnten irgendwann meinen, einen klugen und sympathischen Partner zu haben.“
    Schillers Gesicht hatte sich auf eine erstaunliche Weise verändert, war runder, weicher, eulenhafter geworden. „Also …, wenn ich ehrlich bin – war ich das je? – na ja, es kann nicht schaden, einmal damit anzufangen …, ein wenig lästig würde ich Ihnen schon fallen, Herr Köberl. Aber bedenken Sie: Ihr Können und mein kaufmännisches Talent …, in ein paar Jahren kann sich ein netter, kleiner Konzern wie Schaukal & Kappus warm anziehen! Na gut, ich will nicht übertreiben. In aller Kürze demnach und so herzlich, wie ich es zustande bringe: Es wäre mir eine große Freude. Was ist? Warum schweigen Sie?“
    Sepp Köberl dachte lange nach. Dann stand er auf und
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