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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter
Autoren: Alfred Komarek
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dieser geübte Schmarotzer Daniel Käfer als Wirtspflanze heranziehen. Doch spätestens als er Ihr Konzept in Händen hatte, war ihm klar, dass Sie ihn bald in den Schatten stellen würden. Er reagierte rasch und skrupellos, dumm ist er ja nicht. Dass er sogar seine eigene Unterschrift verfälscht hat, darf übrigens als genial gelten. Das Spiel war kaum noch zu gewinnen, trotz Konrad Klett, der ein integrer Mann ist. Ihr denke, Ihr glänzend vorgetäuschter Anfall von Moral und Sitte hat ihn überzeugt, Herr Käfer.“
    „Das war echt.“
    Mertens bremste so heftig, dass der Wagen ins Rutschen kam. Er hielt am Straßenrand und schaute Käfer entgeistert ins Gesicht. „Wohl besoffen von der Milch der frommen Denkungsart? Wie haben Sie es bisher nur geschafft, durch’s Leben zu kommen? Sie brauchen ein Kindermädchen!“
    „Ein Henning Mertens tut’s auch.“
    „Das wird sich erst weisen müssen. Puntigam wird Schaukal & Kappus jedenfalls freiwillig verlassen. Dass er dabei eine Abfertigung in Schwindel erregender Höhe kassiert, dürfen Sie unterstellen. Außerdem will er, rachsüchtig wie er ist, mit Ihrem so genannten Freund Heinz Rösler Kontakt aufnehmen. Aus dieser Ecke wird in nächster Zeit nichts Gutes kommen, wie ich ahne.“ Mertens zögerte. „Haben Sie …, haben Sie mit Klett auch über mich gesprochen?“
    „Ja.“
    „Was weiter?“
    „Er schätzt Sie.“
    „Aber?“
    „Nur ein Vertrag auf Zeit, mit einem halben Jahr befristet. Er möchte sehen, ob es Ihnen wirklich gelingt, wieder Tritt zu fassen. Was ist? Enttäuscht?“
    „Wie? Was? Enttäuscht? Ich? Gott sei’s getrommelt und gepfiffen!“ Mertens’ Faust landete wuchtig auf Käfers Knie. Dann hatte er sich wieder gefasst. „Ich kann’s kaum glauben. Ob ich durchhalte, wird sich zeigen. Ob Sie mich aushalten, wage ich zu bezweifeln. Darauf sollten wir eigentlich etwas trinken. Oder vielleicht doch nicht.“
    „Sie sagen es, teurer Freund!“ Eustach Schiller beugte sich nach vor. „Darf ich eine gesunde Alternative vorschlagen? Mir ist nach frischer Luft und etwas Bewegung. Da vorne rechts geht ein Weg den Hang hinauf zum Waldrand. Versuchen Sie einen Parkplatz zu finden, Herr Mertens.“
    „Parkplatz? Sehr wohl, Herr Schiller. Und vielleicht lässt sich ja auch eine Sprung-Rodel auftreiben.“
    „Idiot.“
    „Danke, gleichfalls.“
    Schiller war nach wenigen Minuten außer Atem. Er zog eine dicke Taschenuhr hervor. „Viel Zeit haben wir nicht, meine Herren. Wir sollten gegen 19 Uhr in Bad Ischl sein. Wie schon erwähnt, bin ich in der Sache Sepp Köberl tätig geworden. Jetzt weiß ich mehr und weiß erst recht nicht weiter. Denken wir also miteinander nach. Aber das geht nicht so recht im Gehen. Ein gemeinsames Kunstprojekt wäre vielleicht die bessere Basis.“
    Käfer warf mit einem Schneeball nach Schiller. „Was schwebt Ihnen vor?“
    „Die Errichtung einer Skulptur im öffentlichen Raum, als Objekt der dreidimensionalen Gesamtheit, als Grenzposten des Alltags. Kurz gesagt: Ein Schneemann. Frisch Gesellen, seid zur Hand, wie der Dichter sagt. Henning Mertens wird sich seinen fassförmigen Leib zum Vorbild nehmen und den Unterkörper modellieren. Ich selbst werde mein Talent an die Brust verschwenden, in der bekanntlich die edleren Organe ihren Sitz haben, und den Kopf wollen wir neidlos Daniel Käfer überlassen.“
    Die drei Männer gingen ans Werk. Mertens mit mürrischem Ungeschick, Schiller behend und kunstfertig, Käfer mit sichtlichem Unwillen, weil er sich kaum bücken konnte, ohne rasende Kopfschmerzen zu bekommen. „Also, was ist jetzt mit dem Sepp, Herr Schiller?“
    „Ich muss ausholen. Vor etwa zehn Jahren hat er mit der Arbeit an seinem Buch über Aussee begonnen. Mehr oder weniger im Auftrag der Gemeinde.“
    „Mehr oder weniger?“
    „Es gab mündliche Abmachungen. Herr Köberl wollte nichts an diesem Werk verdienen, wohl aber die Spesen gedeckt wissen und sicher sein, dass die Finanzierung von Druck und Bindung gewährleistet ist. Alles kein Problem, wurde ihm versprochen, auch das Land Steiermark würde bestimmt seinen Teil dazu beitragen. Allerdings wünschte man sich gründliche Recherche, das Studium von Primärquellen, insgesamt eine Fülle bislang unbekannten Materials. Die Wortführer seitens der Gemeinde kennen Sie übrigens, Herr Käfer.“
    „Ja? Wirklich?“
    „Die drei Pleitegeier auf dem Dach – die Zeichnung im Faschingsbrief, Sie erinnern sich!“
    „Verstehe! Dann waren die zwei
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