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Nana - der Tod traegt Pink

Titel: Nana - der Tod traegt Pink
Autoren: Barbara Staecker , Dorothea Seitz
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und man selbst kann nichts mehr tun. Es existiert keine weitere Option mehr, außer es hinzunehmen. Barbara konnte sich dem stellen; ich habe das einfach nicht geschafft. Ich versuchte, meinen eigenen Schmerz wegzudrücken. Es war keine Situation, von der ich sage, die sollte man miterlebt hoben. Wahrscheinlich würde ich in einer vergleichbaren Situation wieder ähnlich damit umgehen. Ich konnte einfach nicht akzeptieren, dass es so ist. Das ist kein Schmerz, den man will oder braucht.«

    Axel versucht, seinen Kummer mit Alkohol wegzuspülen, was die Situation nicht entspannt, sondern verkompliziert. Er wird zunehmend unerreichbar für die anderen. Barbara ist aufgebracht – versucht sie doch, ihre eigenen Gefühle zu unterdrücken, um zu funktionieren, gerade in Nanas letzten kostbaren wachen Stunden.
    Schon jetzt dämmert Nana immer wieder weg, ohne wirklich Ruhe zu finden. Sie fiebert stark, Chris tupft ihr regelmäßig den Schweiß von der Stirn. Und befeuchtet ihre ausgetrockneten Lippen mit einem Pflegestift. Nana interpretiert dies in ihrem Dämmerzustand als Auftragen von Lippenstift und quittiert die Geste mit der interessierten Frage: »Welche Farbe?«
    Terminal sediert
    Dr. Berend Feddersen:

    Palliativmediziner möchten keinen Prozess verlangsamen, ihn allerdings auch nicht beschleunigen.«

    Die palliative Sedierung ist eine Maßnahme, die – wie im Fall von Nana – nur in Ausnahmesituationen eingesetzt wird. Auch wenn Patienten diese Option erfragen, wie Dr. Feddersen weiß:

    Manche Patienten tragen explizit den Wunsch an uns heran: ›So, ich bin mit dem Thema durch, ich habe akzeptiert, dass ich sterben werde. Jetzt geben Sie mir bitte die Spritze oder die goldene Tablette!‹ Das lehnen wir strikt ab. Erstens ist es verboten, zweitens würden wir das aus ethischen Gründen nicht wollen – und drittens funktioniert es so nicht.«

    Die Palliativmedizin erleichtert den Sterbeprozess, sie fördert ihn aber nicht. Entscheidend ist bei der terminalen Sedierung die Dosis. Dr. Feddersen weiter:

    Daher waren wir sehr glücklich, dass wir bei Nana die richtige Dosierung so schnell gefunden haben, denn sie hat nach Beginn der Sedierung noch zwei Tage gelebt. Einfach geschlafen unter guter Symptomkontrolle, ohne erkennbare Schmerzen. Für manche Angehörigen wäre es oft gar nicht schlimm, wenn es gleich zu Ende gehen würde, aber für uns wäre das furchtbar. Bei Nana beschäftigte uns der Gedanke sehr stark, denn sie war eine extreme Schmerzpatientin und sehr jung. Wir erleben immer wieder, dass gerade junge Patienten mit den Dosen, die ihr Körper verarbeiten kann, erstaunlich hoch liegen können.«

    Ein letztes Mal erklärt Schwester Conny, was jetzt bevorsteht:

    Ich habe Nana erklärt, dass wir sie nun sedieren würden. Kurz bevor wir das Mittel gespritzt haben, wollte sie ihren Verlobungsring. Sie sagte: ›Jetzt ist alles für mich gut. Es passt alles. Jetzt kann ich einschlafen.‹ Und dann war das auch so.«

    Schwester Conny und Dr. Silke Seitz verabreichen Nana in den frühen Morgenstunden des 8. Januar 2012 den Wirkstoff, der sie in eine Art Narkose versetzt. Kontinuierlich dringt das Medikament über eine Dosierpumpe gesteuert in Nanas Körper ein.
    Wenn es seine Wirkung voll entfaltet hat, wird Nana nie wieder erwachen.
    Gandalf der Weiße
    Ein Sommerabend einige Monate zuvor. Nana hat es sich mit Barbara auf dem Sofa gemütlich gemacht, im DVD-Spieler läuft der dritte Teil der Verfilmung des Fantasyromans »Der Herr der Ringe« von J. R. R. Tolkien.
    An einer Stelle in »Die Rückkehr des Königs« wird eine plötzlich steigende Anspannung zwischen Nana und ihrer Mutter spürbar. Gandalf, ein weiser Zauberer, spricht über den möglicherweise kurz bevorstehenden Tod. Draußen vor den Toren der Stadt tobt ein mörderischer Kampf. Die Eroberer schlagen bereits mit roher Gewalt die hölzernen Tore ein. Der weißhaarige Gandalf erwartet mit gezücktem Schwert zusammen mit einem jungen Hobbit Pippin den unmittelbar bevorstehenden Einfall der Feinde.

    Pippin: Ich hätte nicht gedacht, dass es so enden würde.
    Gandalf: Enden? Nein, hier endet die Reise nicht.
Der Tod ist nur ein weiterer Weg, den wir alle gehen müssen.
Der graue Regenvorhang dieser Welt zieht sich zurück, und alles verwandelt sich in silbernes Glas.
Und dann siehst du es.

    Pippin: Was, Gandalf, was sehe ich?
    Gandalf: Weiße Strände und dahinter ein fernes grünes Land unter einer rasch aufgehenden Sonne.
    Pippin: Dann
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