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Nana - der Tod traegt Pink

Titel: Nana - der Tod traegt Pink
Autoren: Barbara Staecker , Dorothea Seitz
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Danke Bärbel – in Gedanken bin ich bei Nana und bei euch.«

    Barbara, die alle Grüße an Nana weitergibt, übernimmt in Nanas Sterbephase die Verbindungsrolle zur Außenwelt, ohne dies zuvor geplant zu haben. Automatisch wenden sich jetzt Nanas Freunde und Bekannte an sie – zum Teil über Privatnachrichten, sodass nur Barbara es sehen kann, zum Teil als Postings, sodass es für alle anderen Nutzer sichtbar ist.
    Damit erlebt Nanas Umfeld eine völlig neue Dimension von Trauerarbeit. Jetzt bei der Familie anzurufen, um sich nach Nana zu erkundigen, trauen sich nur die wenigsten. Man möchte nicht stören. Dennoch ist die Anteilnahme groß: Wie geht es ihr? Hat sie Schmerzen? Ist sie noch ansprechbar? Wie lange wird es wohl gehen? Silke, die weiterhin viel Zeit bei der Familie verbringt, macht die Situation zunächst zu schaffen:

    Mein Problem in der Anfangszeit war: Warum stirbt sie jetzt nicht? Was für eine Folter für die Eltern! Jetzt ist alles so friedlich, sie schläft – warum schläft sie denn nicht hinüber? Nana hatte sich von jedem verabschiedet, ihre Wünsche geäußert mich gebeten: ›Pass auf meine Mutter auf.‹

    Da haben mir die Gespräche mit meinem Vater so gut getan, der als Seelsorger viele Familien in ähnlichen Situationen begleitet hat. Er überzeugte mich, es anders zu sehen. Er sagte: ›Das ist jetzt wichtig. Jede Minute, die Nana länger lebt, haben ihre Eltern Verschnaufpause. Was kommen wird danach, ist unvorstellbar.‹
    In der folgenden Nacht suchte ich das Gespräch mit Barbara: dass ich mich so schwertue im Umgang mit dieser Situation. Und ich fragte sie, wie sie das empfindet, dass Nana jetzt hier schläft. Sie antwortete mir unter ganz vielen Tränen: ›Mein Kind will noch etwas Zeit schmerzfrei bei mir bleiben.‹
    Mit diesem Wissen kippte meine Haltung. Ich erkannte es als Teil des Sterberituals. Immer saß jemand neben Nana am Bett, man hat mit ihr geredet. Wir konnten untereinander in Ruhe mal ein Gespräch führen, ein paar Meter laufen, sodass diese unerträgliche Starre abfiel. Man war immer um Nanas Wohl besorgt.
    Und so weit wir das von außen beurteilen konnten, schien es ihr in ihrem Schlaf gut zu gehen. Deshalb war es in diesen zwei Tagen dort so schön. Es war diese Zeit zwischen Himmel und Erde. Eine besondere Zeit. Auch für mich war sie besonders.«

    Chris empfindet die Stunden mit seiner schlafenden Nana als sehr schön:

    Endlich konnte ich wieder mit ihr kuscheln und sie umarmen! Als sie noch wach gewesen war, wäre das unmöglich gewesen, mit 40 Fieber und dem Schwitzen den ganzen Tag über. Jetzt konnte sie sich, ich sag es mal so, ›nicht mehr wehren‹. Ich bin im T-Shirt kurz raus in die Winterluft und wieder rein zu ihr. Nach zwei Minuten neben ihrem Körper war es wie in der Sauna. Vielleicht klingt es blöd, aber es gab mir ein gutes Gefühl, mit einem Waschlappen neben Nana zu sitzen und ihre Temperatur runterzukühlen.«

    Barbara überlegt in dieser Zeit, ob sie nicht einige von Nanas Freundinnen einladen soll. Schließlich hatten sie sich ja genau für diese Tage verabredet. Gleichzeitig ist Barbara unsicher:

    Wird es als Zumutung empfunden? Tut man das? Kann man fragen: ›Möchtest du Nana besuchen, obwohl sie dir nicht mehr antworten wird?‹ Wir hatten ja keinerlei Erfahrungswerte in dieser Richtung. Es gab auch tatsächlich eine Absage. Eine Freundin lehnte ab mit den Worten: ›Tut mir leid, das schaffe ich nicht.‹ Alle anderen sagten: ›Wie schön. Danke. Ich war so froh, dass ich noch mal kommen durfte.‹ Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass Nana mitbekommen hat, wer da war und was gesprochen wurde.«

    »Nase«, Nanas Freundin, hatte an Silvester eine kurze SMS geschickt und erhielt an Neujahr die nüchterne Antwort:

    He, Nase, ich wollte nur Bescheid sagen, ich gehe jetzt dann zum Sterben nach Hause, es gibt keine Chancen mehr auf Heilung. Würde mich freuen, wenn wir uns noch mal sehen würden. Nana«

    Nase ist ziemlich geschockt und möchte Nana sofort besuchen, aber Nana möchte die ersten Tage nur mit ihrer Familie verbringen, und so verabreden sich die Freundinnen für den 11. Januar. Am 9. Januar erhält Nase einen Anruf von Barbara: »Nase, die Nana stirbt gerade. Wenn du möchtest, kannst du dich von ihr verabschieden.« Nase wird vor dem Betreten des Zimmers von Barbara vorbereitet: »Es geht Nana gut, sie hat keine Schmerzen. Es ist normal, wie es jetzt ist, also erschrick nicht.« Als Nase schließlich das
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