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Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Titel: Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17
Autoren: Bastei Lübbe
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dem Gewissen. Jedes Mal, wenn ihr Meister ein Opfer verlangte, machten sie den Operationstisch zum Altar ihrer Schwarzen Messe. Bei diesen Anlässen achteten sie streng darauf, dass das OP-Team sich nur aus Eingeweihten zusammensetzte und die Todesursache unverdächtig war. Sie fälschten den OP-Bericht, und es gab nie eine Obduk…«
    Enggässer … Professor Enggässer …! Schlagartig erinnerte sich Annika an den Namen.
    So hatte der Chirurg geheißen, unter dessen Skalpell ihr Vater sein Leben gelassen hatte.
*
    »Enggässer und seine Jünger verstreuten sich in alle Winde«, berichtete Dr. Leikart. »Und irgendwo, irgendwie kamen sie alle innerhalb der letzten sieben Jahre zu Tode.« Leikarts Stimme verriet Befriedigung, als er das sagte. »Ich weiß das, denn alle sind seither in der Geisterstation gefangen.«
    »In der Geisterstation ? Es spukt? Hier im Krankenhaus? Das ist nicht Ihr Ernst, Doktor!«, protestierte Kai.
    »Nicht hier im Krankenhaus«, widersprach Leikart. »Jedenfalls nicht direkt. Die Geisterstation existiert in einer fremden Dimension, die der unseren jedoch benachbart ist. Beide Dimensionen besitzen einen multiplen Überschneidungspunkt. Er befindet sich in diesem Gebäude zwischen Ebene 3 und Ebene 4.«
    Endlich fiel bei Kai der Groschen. Wut packte ihn.
    »Wollen Sie mir etwa weismachen, dass Annika in einer gottverdammten Geisterstation festsitzt?«, schrie er Leikart an.
    Der Arzt hielt Kais zornigem Blick wortlos stand.
    Kai löste die unwillkürlich geballten Fäuste. »Also gut. Vollkommen logisch.« Er bemühte sich gar nicht erst, die triefende Ironie aus seiner Stimme herauszuhalten. »Meine Freundin wird also von Gespenstern, die Arztkittel und Schwesternhauben tragen, in einer benachbarten Dimension festgehalten. Und wie, raten Sie mir, soll ich Annika wieder in – äh – unsere Dimension herüberholen?«
    »Das geht nicht.«
    »Es geht nicht? Wieso geht das nicht?«, höhnte Kai, dessen Wut über den mangelnden Ernst seines Gegenübers in Verzweiflung umzuschlagen begann. »So, wie Sie das schildern, bräuchte ich doch nur an der Stelle, wo Sie von der Leiter gefallen sind, ein Loch in die Decke zu klopfen, oder etwa nicht?«
    »Dann würde Ihr Kopf wie ein Maulwurf in Ebene 4 auftauchen.« Leikart vollführte eine wegwerfende Handbewegung und fuhr ganz sachlich fort: »Ich habe die Geisterstation über die Jahre nicht nur an der Stelle meines unrühmlichen Leitersturzes mit dem Stethoskop aufgespürt, sondern auch an vielen weiteren Stellen in Ebene 3. Zum Beispiel weit entfernt am anderen Etagen-Ende. Ich habe diese Stellen kartografiert, aber aus dem Ergebnis geht kein System hervor. Sogar von einigen Punkten an den Wänden aus kann man die Geister hören, wenn auch weniger deutlich als von der Etagendecke her.«
    Kai starrte Leikart fassungslos an. Er war schon fast so weit, einen ausgeklügelten und zugleich ausgesprochen unwitzigen Halloweenscherz in Betracht zu ziehen, den Annika ihm gemeinsam mit irgendwelchen Komplizen spielte. Obwohl eine solche Gemeinheit überhaupt nicht zum Charakter seiner Freundin passen wollte.
    Doch langsam schwante ihm, dass der Kerl tatsächlich an die Dinge glaubte, von denen er faselte.
    Während er den Irren musterte, änderte sich auf einmal Kais Gesichtsausdruck. Er wandte den Kopf – und warf einen genaueren Blick auf das Foto der satanischen Skalpellschwinger, das zwischen den anderen Dokumenten an der Schrankrückseite befestigt war.
    »Wir können nicht zu den Geistern vordringen«, stellte Dr. Leikart klar. »Wir können sie lediglich belauschen.«
    Kai hörte die absurden Worte, aber er beachtete sie vorläufig nicht mehr.
    Denn er starrte auf den jungen Chirurgen, der unauffällig am Rande der abgelichteten Gruppe stand. Der Mann war schlank und besaß volles Haar. Trotzdem erkannte Kai ihn wieder.
    Sein Blick wanderte zu Dr. Leikart. »Der da ganz links auf dem Satanistenfoto steht – das sind Sie!«, stellte er fest.
*
    Schwester Hertwiga ließ das Licht in Zimmer 11 aufflammen.
    »Chefvisite!«, verkündete sie.
    Annika blinzelte. Die Weckerzeiger rückten auf dreißig Minuten nach Mitternacht vor.
    Dann stand Professor Enggässer neben ihrem Bett.
    »Frau Brohkamp. Unser Sorgenkind«, erklärte Schwester Hertwiga.«
    »Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor …«, bemerkte der Professor. An Annika gewandt, fragte er freundlich: »Wie geht es Ihnen?«
    »Ganz gut, glaube ich«, antwortete Schwester Hertwiga
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