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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen
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voller herrlicher Kleider und angenehmer Düfte, und hatte taschenweise Sachen für Emma gekauft. Am besten gefiel ihr ein pinkfarbenes Organza Kleid mit einem Rüschenrock. Sie hatte es an dem Tag tragen dürfen, an dem ihr Papa Bev geheiratet hatte, und war sich darin wie eine Märchenprinzessin vorgekommen. Dazu hatte sie schwarze Lackschuhe und weiße Strumpfhosen angehabt, und niemand hatte geschimpft, als sie sich die Knie schmutzig gemacht hatte.
    Die Hochzeit, die trotz tiefhängender Regenwolken zuerst im Garten stattgefunden hatte, war Emma sehr ernst und feierlich erschienen. Einer der Männer, den alle Stevie riefen, hatte ein langes, weißes Hemd und weiße, sackartige Hosen getragen, auf einer schneeweißen Gitarre gespielt und dazu mit rauher Stimme gesungen. Emma hatte ihn für einen Engel gehalten und Johnno nach ihm gefragt, aber der hatte nur gelacht.
    Bev hatte einen Blumenkranz im Haar getragen und ein buntes, weitschwingendes Kleid, das um ihre Knöchel spielte. Emma hielt sie für die schönste Frau der Welt, und zum ersten mal in ihrem jungen Leben war sie von Neid erfüllt gewesen. So schön zu sein, erwachsen, und neben Papa zu stehen! Sie würde nie wieder Angst oder Hunger leiden. Und wie die Märchengestalten, die Brian so liebte, würde sie bis an das Ende ihrer Tage glücklich leben.
    Der Regen hatte dann alle ins Haus getrieben, wo Sekt und Kuchen bereitstanden. Es wurde gesungen, gelacht und Musik gespielt. Überall im Haus hatte sie wunderschöne Frauen in kurzen, engen Röcken oder fließenden Baumwollgewändern gesehen. Einige von ihnen hatten ein großes Gewese um sie gemacht und ihr über das Haar gestreichelt, aber die meiste Zeit blieb sie sich selbst überlassen.
    Niemand hatte bemerkt, dass sie sich drei Stück Kuchen genommen und den Kragen ihres neuen Kleides mit Eis verschmiert hatte. Außer ihr waren keine anderen Kinder auf der Party gewesen, und Emma war noch zu jung, um von den Größen der Musikwelt, die durch das Haus strichen, beeindruckt zu sein. Da sie sich langweilte und ihr von all dem Kuchen ein wenig übel war, war sie zu Bett gegangen und, durch die Geräusche von der Party eingelullt, sofort eingeschlafen.
    Später war sie dann wieder aufgewacht. Voller Unruhe hatte sie Charlie aus dem Bett gezogen und wollte nach unten gehen, doch der schwere Rauch, der in der Luft hing, hatte sie zurückgehalten. Damit war sie nur allzu vertraut. Genau wie der Gin Gestank war der süßliche Marihuana Geruch in ihrem Geist fest mit der Person ihrer Mutter verbunden. Jane hatte sie immer dann gepiesackt und geschlagen, wenn die Wirkung der Droge nachließ.
    Wie ein Häufchen Elend hatte sie sich auf der Treppe zusammengerollt und bei Charlie Trost gesucht. Wenn ihre Mama hier war, würde sie sie mitnehmen, und Emma wusste, sie würde nie wieder das hübsche pinkfarbene Kleid tragen, Papas Stimme hören oder mit Bev in die großen Läden gehen.
    Als sie Schritte auf der Treppe hörte, hatte sie sich noch stärker zusammengerollt und war auf das Schlimmste gefasst gewesen.
    »Ja, hallo, Emmaschatz.« Zufrieden mit sich und der Welt, hatte Brian sich neben ihr niedergelassen. »Was machst du denn hier?«
    »Nichts.« Sie hatte sich eng an ihren Stoffhund gekuschelt und sich so klein wie nur möglich gemacht. Wen man nicht sehen konnte, dem konnte man auch nichts tun.
    »Das ist vielleicht 'ne Party!« Auf die Ellbogen gestützt hatte Brian die Decke angegrinst. In seinen kühnsten Träumen hatte er sich nicht ausmalen können, eines Tages Popgiganten wie McCartney, Jagger und Daltrey in seinem Haus zu begrüßen. Und dann die Hochzeit! Gütiger Himmel, er war verheiratet. Der Goldreif an seinem Finger bewies es.
    Mit dem nackten Fuß dem Rhythmus der Musik von unten folgend, hatte er den Ring lange betrachtet. Der Gedanke, dass es kein Zurück mehr gab, gefiel ihm. Seine katholische Erziehung und sein Idealismus bestärkten ihn in dem Glauben, dass eine einmal getroffene Wahl für immer galt.
    Es war einer der schönsten Tage seines Lebens gewesen, hatte er gedacht, während er in der Hemdtasche nach der Zigarettenpackung kramte. Wirklich einer der schönsten Tage überhaupt. Was machte es da schon, dass sein Vater zu bequem oder zu betrunken gewesen war, um die Flugtickets abzuholen, die er ihm nach Irland geschickt hatte? Alles, was Brian an Familie brauchte, hatte er hier.
    Dann hatte er die Gedanken an die Vergangenheit energisch abgeschüttelt. Von heute an würde nur noch
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