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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon
Autoren: Daniel Depp
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wie eine Weihnachtsgans.«
    »Ja, ja, er war ein armes kleines Unschuldslamm aus Ohio, das immer lieb zu seiner Mama war. Der neue James Dean. Kommen Sie mit diesem Rührstück mal der Mutter von der Kleinen, die auf seinem Klo verreckt ist und die er von Richie Stellas Leuten in der Wüste hat verscharren lassen. Mussten Sie ihn aus der Geschichte nicht auch raushauen?«
    »Und Sie haben ihn damit erpresst, damit er für Sie arbeitet.«
    »Da liegen Sie falsch. Das hatte ich gar nicht nötig. Bobby Dye war käuflich, wie jeder andere Schwanz in dieser Stadt. Ich hatte nur zufälligerweise genug Geld, um ihn mir leisten zu können. Und das war’s auch schon, das ist das ganze Geheimnis. Sie haben mal wieder die Schurken verwechselt, Texas. Wie immer.«
    »Auch wenn ich noch so gerne in Erinnerungen an alte Zeiten schwelge, könnten Sie vielleicht trotzdem langsam zur Sache kommen? Ich habe noch einen Termin.«
    »Sie gefallen mir, Texas. Sie sind ein Idiot, aber Sie trauen sich was, und Sie haben auch noch so was wie Ehrgefühl im Leib. Wenn Sie sich eleganter kleiden würden, könnten Sie glatt als Italiener durchgehen. Deshalb würde ich es auch nicht gerne sehen, wenn man Sie eines frühen Morgens zwischen den ganzen gebrauchten Kondomen unter dem Santa Monica Pier aus dem Wasser fischen würde.«
    »Ich glaube fast, so poetisch hat mir noch nie einer gedroht.«
    »Ich will meine Ruhe, Texas. Ich habe eine neunzehnjährige argentinische Geliebte und jede Menge Geschäftspartner, die sich einbilden, sie wären Sonny Corleone, und immer noch denken, Betonschuhe wären eine tolle Idee. Die bringen mich sowieso noch früh genug unter die Erde. Da will ich mir nicht Ihretwegen auch noch Sorgen machen müssen.«
    »Ach was, dann liegt Ihnen nur mein Wohlergehen am Herzen? Ich bin schon lange ein hoffnungsloser Fall. Tut mir leid.«
    »Sehr witzig«, sagte Locatelli. »Und wenn ich mich vor Lachen wieder eingekriegt habe, lasse ich Ihnen von meinem Fahrer mit dem Vorschlaghammer die Kniescheiben zertrümmern. Sie wissen ganz genau, was ich meine. Ich will, dass Sie mir keinen Ärger machen. Keine Heldentaten, keine Rachefantasien. Ich habe Ihren Kumpel nicht umgebracht. Der hat sich ganz alleine das Licht ausgeknipst, mit freundlicher Unterstützung der US -Ärztekammer. Das waren vollkommen legale Drogen, die er sich reingepfiffen hat. Ich hatte nichts damit zu tun. Wenn Sie den wahren Schuldigen finden wollen, halten Sie sich an die Tussi, mit der er verlobt war. Er ist nicht der Erste, der sich im Liebeswahn in den Abgrund gestürzt hat. Für mich war er eine Investition, Texas. Ich konnte den kleinen Scheißer nicht leiden, aber tot nützt er mir überhaupt nichts mehr. Das müssten doch sogar Sie begreifen können.«
    »Passen Sie bloß auf, dass Sie in Ihren Krokodilstränen nicht ersaufen. Kann ich jetzt gehen, oder will mir Ihr Fahrer noch ein paar Mal die Cowboystiefel platt walzen?«
    »Ein erwachsener Mann, der seine Füße in solche Treter steckt. Das muss mir mal einer erklären.«
    »Ich trage sie nur, damit ich nicht über den dicken Onkel gehe. Sonst würde ich latschen wie John Wayne.«
    »Sinn für Humor im Angesicht schwerer Körperverletzung«, sagte Locatelli. »Alle Achtung.«
    Er beugte sich über Spandau hinweg und machte ihm die Wagentür auf. Als ihm die heiße Wüstenluft entgegenschlug, wich er erschrocken zurück. Er mochte weder Sand noch Hitze noch sonst etwas, was den Bügelfalten seinen Londoner Maßhosen schadete. Spandau stieg aus. Er wartete. Locatelli würde das letzte Wort haben wollen, und wenn er ihn den ganzen Nachmittag über den Parkplatz jagen müsste.
    »Seien Sie auf der Hut, Texas. Wie heißt es so schön? Du bezahlst deine Sünden nicht in der Kirche, du zahlst auf der Straße.«
    Die Tür fiel ins Schloss, die Limousine rollte davon. Spandau überlegte einen Augenblick, ob der größte Gangster in Los Angeles wohl tatsächlich Raymond Chandler las, doch dann dämmerte ihm, dass Locatelli Martin Scorsese zitiert hatte.

5
    Spandau fuhr mit dem schwarzen BMW in östlicher Richtung den Sunset Strip hinunter, vorbei an Hollywood-Wahrzeichen, Clubs und Restaurants, an Trendsettern, Touristen und Pennern, und bog in eine enge, steile Straße mit zahlreichen Haarnadelkurven ein. Als ihm ein Lieferwagen entgegenkam, wäre er fast frontal mit ihm zusammengestoßen, und er musste ganz rechts ranfahren, damit der andere sich vorbeiquetschen konnte. Nach einer kurzen Steigung endete
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