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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon
Autoren: Daniel Depp
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den Oscar für Wildfire bekommen hatte. Da hat Mila sofort angefangen auszumisten – sie hat jeden abserviert, der ihm etwas bedeutet hat. Da gehe ich mit ihm durch dick und dünn, und dann schickt er mir Annie, dass sie mir meine Papiere gibt. Er konnte es nicht. Er wusste, dass es falsch war. Aber er hatte Angst, dass Mila ihn verlassen würde. Und dann hat sie ihn ja auch verlassen, die Schlampe. Die wollten mich hier heute noch nicht mal auf dem Friedhof haben. Aber ich hab ihnen gedroht, dass ich ihnen eine Szene mache, die sich gewaschen hat. Scheißegal, dass ich eine Vertraulichkeitserklärung unterschrieben habe, ich gehe an die Presse, hab ich gesagt. Ich gehe zu CNN . Da haben sie mich dann doch reingelassen. Dabei war es gelogen. Wenn die mich kennen würden, wenn die überhaupt den leisesten Schimmer hätten, wüssten sie, dass ich so was niemals machen würde. Das könnte ich ihm doch nicht antun, im Leben nicht.«
    Ginger fing wieder an zu weinen.
    »Sie waren sein Freund«, sagte er zu Spandau. »Und das wusste er.«
    »Er hatte eine komische Art, mir das zu zeigen.«
    »Ich habe noch nie einen Menschen gekannt, der so voller Ängste war wie er. Die haben ihn rumgeschubst, ihm sein Leben aus der Hand genommen. Und zum Schluss haben sie ihn umgebracht. Er mochte Sie. Die hatten ihn in der Hand, er konnte nichts gegen sie machen.«
    »Er war ein erwachsener Mann, Ginger. Es hat ihn keiner mit vorgehaltener Knarre zu irgendwas gezwungen. Aber egal, ich war ja bloß sein Mietbulle. Er hatte sich in die Scheiße geritten und mich dafür bezahlt, dass ich ihn da wieder raushole. Mehr war nicht.«
    »Sie wissen, dass das nicht stimmt.«
    »Ich weiß gar nichts«, sagte Spandau. »Traurig, aber wahr.«
    Ginger umarmte ihn. Spandau legte ihm die Hand auf die Schulter. Ginger hatte Bobby geliebt, aber Bobby kam mit der Liebe nicht klar. Man konnte sie nicht anfassen und streicheln wie eine Angeberflasche Franzosenwein, einen Sportwagen oder eine Freundin, die man sich aus dem Katalog von Victoria’s Secret ausgesucht hatte. Wer Bobby liebte, tat es auf eigene Gefahr und wurde zum Schluss auch noch weggeekelt. Bis nur noch die Zyniker übrig waren, die, wie Oscar Wilde mal gesagt hat, von jedem Ding den Preis und von nichts den Wert kennen.
    »Passen Sie auf sich auf, Ginger«, sagte Spandau.
    »Mach ich. Hintern zusammenkneifen und durch: Das ist meine Devise.« Er grinste. »Bobby konnte sich darüber immer kringelig lachen.« Dann musste er sich abwenden, weil ihm schon wieder die Tränen kamen.
    Spandau hatte den Parkplatz kaum betreten, als ihm der schwere schwarze Lincoln den Weg abschnitt. Der Wagen war ihm schon während des Begräbnisses aufgefallen, aber erst jetzt wusste er, dass er auf ihn gewartet hatte. Die getönte Scheibe im Heck glitt nach unten, und Salvatore Locatelli sah heraus. Obwohl Locatelli ein viel beschäftigter Mann war, nahm er sich zwischendurch gern die Zeit, sich aus Jux und Tollerei durch die Stadt kutschieren zu lassen, um Leute zu terrorisieren.
    »Steigen Sie ein, Texas«, sagte er.
    Spandau wollte wortlos weitergehen, aber der Fahrer hatte aufgepasst und ließ ihn nicht an der Limousine vorbei.
    »Nun machen Sie schon, Texas. Sonst werde ich bei dem Hin-und-her-Geruckel noch seekrank.«
    Locatelli drückte die Tür auf. Spandau stieg ein. Nach der Gluthitze der Wüste war das klimatisierte Wageninnere ein Schock. Locatelli wickelte genüsslich eine Havanna aus, knipste die Spitze ab und zündete sie umständlich mit einem langen Streichholz an. Er war nun mal ein Showman.
    »Wie hat Ihnen die Beerdigung gefallen?«, fragte er schließlich, während er die Zigarre paffend anrauchte.
    »Sie beglücken mich mit einem Zwangsmeeting, um mit mir Beerdigungskritik zu üben?«, fragte Spandau.
    »Mir war es nicht feierlich genug. Ich hab es gern gediegen, wenn einer stirbt. Auch wenn er ein opportunistisches Arschloch war.«
    Spandau wollte aussteigen, aber Locatelli hielt ihn zurück.
    »Okay, tut mir leid. Sie hatten an dem kleinen Mistkerl ja einen Narren gefressen. Obwohl ich nie kapiert habe, wieso eigentlich. Er hat Sie doch auch wie den letzten Dreck behandelt, genau wie alle anderen. Dabei hatten Sie wirklich etwas für ihn übrig – als einer von ganz wenigen. Es haben ihn nicht viele gemocht, Texas, das wollen wir doch mal festhalten. Ich habe drei von seinen Filmen produziert, aber ich konnte ihn nicht ausstehen.«
    »Was Sie nicht daran gehindert hat, ihn auszunehmen
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