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Nächte des Schreckens

Nächte des Schreckens

Titel: Nächte des Schreckens
Autoren: Pierre Bellemare
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Umanaq, der mit schmerzverzerrtem Gesicht im Schnee liegt.
    »Mein Bein!« stöhnt er. »Es tut furchtbar weh... bestimmt ist es gebrochen!«
    Pamela Wright muß kurz daran denken, daß diese Silvesternacht eigentlich der Höhepunkt ihrer luxuriösen Ferienreise hätte werden sollen... Statt dessen befindet sie sich verlassen und verloren an einem der schrecklichsten Orte dieses Planeten. Doch gleich darauf denkt sie an das kleine Wesen, das irgendwo in der Polarnacht gegen sein Leiden ankämpft, und Pamela weiß: Wenn sie selbst stirbt, wird dieses Kind ebenfalls sterben. Daher muß sie alle Kräfte mobilisieren!
    Im selben Moment richtet Umanaq sich auf und stößt einen Schrei aus: »Ich kann nicht mehr stehen!«
    Pamela verliert keine Zeit mit nutzlosen Diskussionen. »Wir müssen weiterfahren. Sagen Sie mir, was zu tun ist!«
    »Als erstes muß man den Schlitten wieder aufrichten, er ist nicht sehr schwer.«
    Tatsächlich gelingt es Pamela mit einiger Mühe, das Gefährt umzudrehen, während Umanaq ihr weitere Anweisungen gibt: »Jetzt müssen Sie die Hunde befreien.« Pamela steuert auf die Tiere zu, doch ihr Führer schreit warnend: »Nein, nicht so! Nehmen Sie den Knüppel! Sobald sie knurren, müssen Sie ihnen auf die Schnauze schlagen, wenn Sie nicht wollen, daß sie Ihnen die Hand abbeißen!«
    Zitternd tut die junge Frau wie ihr befohlen. Es fällt ihr schwer, Umanaqs Anordnung zu befolgen, da sie Hunde sehr liebt. Dennoch merkt sie rasch, daß für derlei Empfindsamkeit hier kein Platz ist. Es genügt, die wilden Blicke der Tiere zu sehen und die entblößten Lefzen...
    Nach einer Viertelstunde hat Pamela ihre ebenso mühselige wie gefährliche Arbeit beendet. Sobald sie Umanaq auf den Schlitten gebettet hat, nimmt sie seinen vorherigen Platz ein. Der Eskimo erklärt ihr genau, was sie zu tun hat. Das Gespann wird vom Leithund geführt. Die anderen ziehen, während er die Geschwindigkeit und die Richtung angibt. In der Sprache der Eskimos muß man ihm die Kommandos zurufen: »Nach links, Kabouk!«
    »Schneller, Kabouk!«
    »Stop, Kabouk!« Dies wird jetzt von dem auf dem Schlitten liegenden Umanaq ausgeführt, doch die Kommandos müssen von einer entsprechenden Bewegung der Zügel begleitet werden, und das kann nur Pamela tun. Die beiden haben anfangs Mühe, Kommandos und Zügel zu koordinieren, aber irgendwie gelingt es ihnen am Ende doch. Zwei Stunden sind vergangen, seitdem Pamela die Zügel übernommen hat. Das Dorf Avigut ist nicht mehr sehr weit, und sie fahren jetzt immer schneller, da es nur noch abwärts geht. Pamela glaubt sich bereits fast am Ende der beschwerlichen Unternehmung angelangt, doch ist genau das Gegenteil der Fall. Umanaqs Stimme ertönt: »Halten Sie an!«
    »Was ist los? Wir kommen sehr gut voran!«
    »Eben deshalb! Das Gefälle ist zu stark. Wenn wir nicht aufpassen, wird der Schlitten in die Hunde hineinfahren und sie erschlagen. Bremsen Sie auf der Stelle, rasch!« Pamela gehorcht widerwillig.
    »Und was jetzt?«
    »Sie müssen die Hunde losbinden und hinter dem Schlitten anschirren. Auf die Weise wird er gebremst statt gezogen.« Pamela begreift, daß es nicht anders geht, und verbringt nicht enden wollende Minuten mit dieser schwierigen Aufgabe.
    Eine weitere Stunde vergeht, bis der Boden wieder eben wird und die junge Frau die ganze Prozedur im umgekehrten Sinn erledigen muß, nämlich die Hunde wieder vor dem Schlitten anzuschirren!
     
    In Grönland kann man ein Dorf von weitem kaum erkennen. Es gibt keine Straße und keine Beleuchtung, und auch durch die Fenster der Häuser dringt keinerlei Licht, da sie mit Tierhäuten hermetisch verschlossen werden.
    Es ist Umanaq, der mit den scharfen Augen der Eskimos das Dorf als erster erblickt.
    »Da!« ruft er. »Ich sehe ein Haus!«
    Und tatsächlich erblicken sie jetzt ganz in ihrer Nähe eine niedrige graue Fischerhütte. Sie sind in Avigut! Beinahe wären sie daran vorbeigefahren, ohne es zu merken. Pamela klopft an die Tür. Die Bewohner sind völlig überrascht, doch Umanaq erklärt alles in wenigen Worten. »Das Kind befindet sich im Nachbarhaus«, antwortet man ihnen.
    Pamela wird nach nebenan geführt. Rasch untersucht sie die kleine glühende Gestalt, die ganz in Felldecken eingehüllt ist. Alles ist jetzt gut. Sie kommt nicht zu spät. Die chirurgischen Instrumente des verstorbenen Arztes stehen zu ihrer Verfügung, und sie muß nur noch operieren. Nach einer halben Stunde ist es geschafft: Der Eingriff war
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