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Nadelstiche

Nadelstiche

Titel: Nadelstiche
Autoren: Baden & Kenney
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Ma’am?«
    »Gerade achtzehn geworden. Er geht in die Abschlussklasse am Monet. Er war schon immer klein für sein Alter, und ein bisschen unreif, ist aber sehr intelligent.«
    Innerlich fluchte Manny. Achtzehn war schlecht – der Junge würde als Erwachsener behandelt werden, und wenn sie ihn nicht rausholte, erwartete ihn Gefängnis. Er würde sein Leben lang als vorbestraft gelten. Wahrhaftig ein hoher Preis für den kurzen Spaß, einen Briefkasten explodieren zu sehen.
    Manny sah auf die Uhr. »Travis wird jeden Moment reingebracht werden, Mrs Heaton. Ich muss Sie bitten, raus auf den Flur zu gehen.«
    »Was? Ich will meinen Sohn sehen. Ich muss dabei sein, wenn Sie mit ihm reden.«
    »Das geht nicht, Mrs Heaton. Das wäre ein Verstoß gegen das Anwaltsgeheimnis.«
    »Aber ich bin seine Mutter«, jammerte Maureen Heaton.
    »Trotzdem. Travis ist achtzehn und gilt damit als Erwachsener. Die Staatsanwaltschaft könnte Sie als Zeugin gegen Ihren Sohn aufrufen.«
    »Ich arbeite tagsüber im Krankenhaus und nachts als häusliche Pflegerin, damit er diese Schule besuchen kann. Verstehen Sie denn nicht? Er ist mein Kind.«
    Manny spürte, wie ihr selbst die Tränen kamen, aber sie blinzelte sie hektisch weg. Es war nicht ratsam, sich gefühlsmäßig an Mandanten oder deren Angehörige zu binden. Travis wäre besser gedient, wenn sie ihre Emotionen im Zaum hielt. »Ich werde mich vergewissern, dass es ihm gut geht. Versprochen.« Manny bekämpfte ihren Impuls, Travis’ Mutter zu umarmen, gab ihr einen kurzen Klaps auf die Schulter und bugsierte die Frau sanft zu dem teilnahmslosen uniformierten Wachmann hinüber, der bereitstand, um sie nach draußen zu begleiten.
    Ein anderer Wachmann geleitete Manny zu einem Klappstuhl vor einer der beichtstuhlähnlichen Nischen entlang einer Wand des länglichen Raums. Die Tür auf der anderen Seite der Plexiglasscheibe öffnete sich, und ein dünner junger Mann mit Hängeschultern und den spärlichen Ansätzen eines Bartes wurde hereingeführt.
    In dem Blick, mit dem er Manny anstarrte, lag sowohl Trotz als auch Missmut. Den dunklen Ringen unter seinen Augen nach zu schließen, hatte er die ganze Nacht nicht geschlafen.
    Das sollte ein Terrorist sein? Dieser Junge ging auf eine teure Privatschule?
    Selbst wenn man den orangefarbenen Gefängnisoverall durch einen marineblauen Blazer mit Krawatte ersetzte, war der junge Bursche noch immer weit davon entfernt, als Reklamefigur für einen Herrenausstatter infrage zu kommen. Wo war das nonchalante Auftreten? Wo das lässige Selbstbewusstsein? Deshalb schickten Eltern ihre Söhne doch auf Schulen wie die Monet Academy. Mathematik und Biologie konnte man auch in weniger renommierten Einrichtungen lernen. Monet hingegen bereitete Jungen auf Spitzenkarrieren vor. Travis mochte ja lauter Einsen nach Hause bringen, aber die großspurige Selbstsicherheit eines Monet-Schülers hatte er sich nicht aneignen können.
    Manny griff nach dem Telefon, über das sie einigermaßen geschützt würden reden können, behielt aber den finster blickenden Wachmann an der Tür im Auge. Sie bedeutete Travis, den Hörer auf seiner Seite zu nehmen.
    Er hielt ihn sich vorsichtig mit ein paar Zentimetern Abstand ans Ohr, als traute er ihr zu, ihn durch die Leitung hindurch vergiften zu können.
    »Travis, ich bin Anwältin. Mein Name ist Manny Manfreda, und Ihre Mutter hat mich gebeten, Sie zu vertreten.«
    Als Manny seine Mutter erwähnte, sanken Travis’ Schultern noch tiefer herab, und er starrte zu Boden.
    »Sie müssen meine Fragen wahrheitsgemäß beantworten, sonst werde ich Ihnen nicht helfen können«, sagte Manny. »Haben Sie verstanden?«
    Travis nickte, mied aber weiterhin jeden Blickkontakt.
    Manny interessierte als Erstes, wie sehr ihr Mandant sich bereits selbst geschadet hatte. »Haben Sie mit der Polizei oder dem FBI geredet, seit Sie hier sind? Hat man Sie über Ihre Rechte belehrt?«
    Travis nickte. »Direkt nach der Explosion ist zufällig ein Streifenwagen um die Ecke gekommen. Die Cops haben uns angehalten und gesagt, sie wollten uns bloß mit aufs Revier nehmen, damit wir ein paar Angaben machen. Wir sind mitgekommen, weil wir nicht wollten, dass die unsere Eltern anrufen. Wir hätten an dem Abend nicht mal draußen sein dürfen.«
    »Dann haben sie euch nicht vor Ort festgenommen, sondern ihr habt eingewilligt, mit aufs Revier zu kommen.« Manny beugte sich vor. »Das ist wichtig, Travis. Haben sie euch bedroht?«
    Der Junge zuckte die
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