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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio
Autoren: Vanessa Farquharson
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diese Schweißausbrüche nur in den Wohnungen anderer Leute bekam, vor allem im Haus meiner Eltern, wo die Heizung auf fast 28 Grad eingestellt ist, weil meine Mutter einen schwachen Kreislauf hat und als Entschädigung dafür, dass sie in einem eiskalten Haus in den ständig feuchten und wolkenverhangenen britischen Midlands aufwachsen musste.
    Ich hatte an Crunchy Chickens letzter Aktion teilgenommen, bei der all ihre Leser den Thermostat so weit herunterdrehen sollten, wie sie es gerade noch aushielten. Meiner stand auf knapp 18 Grad, und da ich mich allmählich an die kühlere Temperatur gewöhnt hatte, empfand ich jetzt die meisten anderen Wohnungen als unangenehm überheizt.
    Zu meinen ursprünglichen Bedenken wegen der Hitzewallungen gesellte sich die Sorge, meine Allergie könnte schlimmer geworden sein, obwohl es Winter war und eigentlich kaum etwas außer Staub durch die Luft fliegen dürfte – jedenfalls keine Pollen von beifußblättrigen Ambrosien, meinem ausgewiesenen Erzfeind in Sachen Nasennebenhöhlen, denn dieser taucht immer erst im August auf.
    Doch wieder fiel mir auf, dass ich nur an juckender Nase und tränenden Augen litt, wenn ich mich in den Wohnungen anderer Leute aufhielt. Na ja, nicht überall – bei Meghan zum Beispiel hatte ich diese Probleme nie, wahrscheinlich weil sie die gleichen Produkte benutzt wie ich und sehr darauf bedacht ist, sämtliche wie auch immer gearteten Schadstoffe aus ihren Wohnräumen fernzuhalten. Einmal habe ich aber bei einer anderen Freundin übernachtet und wurde mit ihrem konzentrierten, hellblauen Waschpulver mit Frischeduft konfrontiert und musste die purpurrote Lavendelhandseife benutzen, beides proppenvoll mit künstlichen Duftstoffen. Mir schossen die Tränen in die Augen, und ich musste unentwegt niesen.
    Ich habe mir immer etwas darauf eingebildet, nicht so eine überempfindliche Zimperliese mit schwachem Immunsystem zu sein. Aber nachdem ich meinen Körper an eine natürlichere Lebensweise gewöhnt habe, ist es für den offenbar beschlossene Sache, dass er sich von jetzt an nicht mit weniger zufriedengeben wird – jedenfalls nicht ohne sich mit Hitzewallungen, Unwohlsein und vielleicht auch Tränenausbrüchen zu wehren. Und so poliere ich jetzt Freds schaurig-schönes Zweisitzersofa mit einer Mixtur aus Zitrone, Olivenöl und Essig, statt eine Spraydose mit Möbelpolitur zu kaufen.
    17. FEBRUAR , 354. TAG
    Recycling-Tapeten kaufen
    Angeblich sollen Oscar Wildes letzte Worte auf dem Sterbebett gewesen sein: »Entweder geht diese scheußliche Tapete – oder ich.«
    Nun saß ich an einem Bett im Krankenhaus, denn ich besuchte meinen Freund Kieran und erzählte ihm von der Recyclingtapete, die ich soeben für mein Arbeitszimmer erstanden hatte, und dass er unbedingt überleben müsse, damit er sie bewundern konnte. Zumindest würde sie mehr hermachen als beige Farbe, ein verblichener Vorhang und noch ein verblichener Vorhang, die aussahen, als seien sie für zwölf Dollar das Stück in dem Lagerhaus gekauft worden, aus dem ich die alten Hotelsessel hatte.
    Überhaupt war dieses Krankenhaus aus ästhetischer wie auch aus ökologischer Sicht eine einzige Katastrophe. In der Farbgebung dominierten gedeckte, neutrale und leblose Pastellfarben, Mülltrennung schien nicht vorgesehen, und das Essen … na ja, bekanntlich gibt es nur eins, was schlimmer ist als der Fraß im Flugzeug, und das ist Krankenhauskost. In Anbetracht der Tatsache, dass dies eine Station für Patienten mit Morbus Crohn-, Colitis- und andere Magen-Darm-Erkrankungen war, hätte man allerdings meinen sollen, dass auf dem Speiseplan etwas Nahrhafteres stehen würde als grüner Wackelpudding und gezuckerte Sportlerdrinks mit künstlichen Farbstoffen.
    »Ist das die Verpackung von einem Bagel?«, fragte ich mit einem vernehmlichen Tss! . »Und eine Limodose?«
    Wenn Meghan hier wäre, würde sie sich vor Missbilligung gar nicht mehr einkriegen.
    »Ja, weißt du, ich brauchte Kohlenhydrate, und das ist zumindest besser als das Zeug aus der Kantine hier«, meinte Kieran. »Übrigens ist das kohlensäurefreies Ginger Ale – gilt als magenfreundlich.«
    Die meisten Gemüsesorten könne er zurzeit sowieso nicht essen, sagte er, und er habe das Gefühl, dass er auf die Gelüste seines Körpers hören sollte, um wieder zuzunehmen. Solange er es bei sich behalten könne, sei jedes Nahrungsmittel gut für ihn. Aha. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass künstliche Farbstoffe und
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