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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio
Autoren: Vanessa Farquharson
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inzwischen 337 grünen Bällen vor einem immer größer werdenden Publikum zu jonglieren, zehrte an meinen Kräften, und es war nicht gerade hilfreich, dass die Bälle ständig schwerer wurden. Was die Öko-Schritte betraf, die mit Tätigkeiten zu tun hatten – den Wasserkessel mit Essig säubern oder Bio-Pfirsichmarmelade einkochen –, so ließen sich diese weiterhin leicht beibehalten. Aber die Einschränkungen – den Wasserverbrauch reduzieren, die Heizung runterdrehen, mich ausschließlich von Lebensmitteln ernähren, die innerhalb eines bestimmten Umkreises erzeugt worden sind – fühlten sich immer mehr wie eine Zwangsjacke an. Gerade jetzt konnte ich mir nicht vorstellen, in meinem Leben auch nur noch eine einzige Veränderung zugunsten eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Umwelt vorzunehmen; im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, als würde mich die Umwelt erdrücken.
    Der zweite Wunsch war ebenfalls einfach: Jacob sollte hier sein. Wir schrieben uns täglich, seit er nach Palästina zurückgekehrt war, und in einer Mail, bei deren Lektüre mein Kopf Achterbahn fuhr, hatte er mir vor kurzem seine Gefühle für mich gestanden. Ich verbrachte einen ganzen Tag im Büro im Panikmodus, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte oder was ich empfand. Doch je mehr wir uns schrieben und je häufiger wir miteinander sprachen, desto klarer wurde mir, dass ich ebenso empfand. Da suchte ich nun schon seit über einem Jahr nach einem seelenverwandten Gefährten und hatte bereits befürchtet, nie einen zu finden, der sowohl Umweltbewusstsein zeigte als auch zu spöttischem Geplänkel fähig war, der mit meinen Eltern klarkam, aber letztlich auf meiner Seite stand und der sich klaglos mit meinen unzähligen Neurosen arrangierte. Und dabei hatte ich ihn die ganze Zeit buchstäblich vor der Nase gehabt (na ja, zumindest als meine Nase in Palästina war) und ihn unzählige Male umarmt, aber nicht ein einziges Mal geküsst.
    Und der dritte Wunsch … was wünschte ich mir noch?
    Ich hielt inne und lauschte dem Lied.
    The only thing I knew how to do
    Was to keep on keepin’ on like a bird that flew,
    Tangled up in blue.
    Bob Dylan hatte recht. Es mochte ein unsäglich anstrengender Tag gewesen sein, der trotzdem nur ein kleiner Ausschnitt eines Jahres voller Ängste und Anstrengungen war, aber für mich kam, wie er sang, nichts anderes infrage als weitermachen, einfach weitermachen. Zwar war ich weniger ein Vogel, gefangen im Blau, als ein Mädchen, das sich im Öko-Grün verheddert hatte – doch obwohl das Bild ein bisschen schief war, durchströmte mich ein Gefühl des Friedens. Denn ich wusste am Ende dieses Tages wie jeden Tag, dass das, was ich tat, gut war, und dass das, was vor mir lag, nur besser werden konnte. Alles würde gut werden, wenn ich nur einfach mit aller Kraft weitermachte.
    Gerade da klingelte der Pizzabote.
    Ich wollte mir noch rasch einen dritten Wunsch überlegen, aber mein Magen protestierte, also entschied ich mich für den bewährten Dauerbrenner – Weltfrieden – und stürmte die Treppe hinunter.

6. FEBRUAR , 343. TAG
    Aufgelesenes Kleinholz und Öko-Brennscheite für den Kamin verwenden
    Da ich seit Monaten kein Kabelfernsehen mehr habe, ist mir doch tatsächlich völlig entfallen, was ich früher am Fernsehen so toll fand. Dunkel erinnere ich mich an Bilder, wie geschmackvoll gekleidete Frauen in Designerküchen die Vorzüge von Knoblauchpressen anpreisen, wie Tyra Banks sieben Porträtfotos in der Hand hält und feierlich verkündet: »Acht wunderschöne Frauen stehen vor mir«, oder wie übergewichtige Menschen in rot-blauen T-Shirts jemanden aus ihrem Team abwählen, weil er oder sie in der Episode nicht genug abgenommen hat. Nichts von all dem finde ich jetzt noch unterhaltsam.
    Während ich das Wochenende in der Hütte einer Freundin verbrachte – die zufälligerweise Satellitenfernsehen mit über 900 Kanälen hat –, gab ich mir alle Mühe, mich wieder »anzufixen«, doch beim Zappen von Show zu Show waren es nur die Nachrichten, die mich interessierten, und die las ich sowieso allmorgendlich in der Zeitung. Doch gerade als ich die Hoffnung aufgeben wollte, wurde ich fündig. Die Rettung. Das Licht am Ende des Primetime-Tunnels. Es war nicht das Nachrichtenmagazin Entertainment Tonight und auch keine Wiederholung von Das Büro . Nein, es war etwas viel Großartigeres – der Fire Log Channel .
    Ja, dachte ich, das ist es.
    Im Prinzip sieht man nur eine einzige Kameraeinstellung,
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