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Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind

Titel: Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind
Autoren: Jeffery Deaver
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Michigan, aber Hart glaubte, er könne in der kühlen Brise deutlich das Wasser riechen.
    Er setzte sich seine Sonnenbrille auf und dachte an jene Nacht im April zurück, an das schwindende Licht im Marquette State Park. Hart hatte dort gelernt, dass so etwas wie eine einheitliche Dunkelheit nicht existierte. Stattdessen gab es hunderte verschiedener Schattierungen, Beschaffenheiten und Formen; Grau- und Schwarztöne, die sich mit Worten nicht beschreiben ließen. Eine Finsternis so vielfältig wie der Wald selbst und von ebenso mannigfacher Maserung. Er nahm an, dass …
    Die erste Kugel traf ihn in den Rücken, hoch und rechts. Sie trat vorn aus und ließ Blut und Gewebe auf seine Wange spritzen. Er keuchte auf, mehr vor Schreck als vor Schmerz, und schaute zu der hässlichen Wunde in seiner Brust. Die zweite Kugel traf ihn in den Hinterkopf und tötete ihn sofort. Die dritte verfehlte ihn um einige Zentimeter, weil er zusammensackte, und schlug schräg in das Fenster der Kneipe ein. Eine Kaskade aus Glas ergoss sich zu Boden.
    Hart schlug schwer, aber lautlos auf dem Gehweg auf. Ein gläserner Regen fiel auf ihn herab. Eine der größeren Scherben trennte ihm fast vollständig das Ohr ab. Eine andere traf seinen Hals, und nun floss das Blut in Strömen.

100
    »Guten Morgen«, sagte Tom Dahl.
    Er stand neben Brynns Schreibtisch, in einer Hand einen Becher Kaffee, in der anderen zwei Donuts. Cheryl vom Empfang hatte sie mitgebracht. Sie war an der Reihe gewesen. Jeden Montag kaufte jemand für alle Gebäck ein. Womöglich um den Anfang der Arbeitswoche ein wenig zu versüßen. Vielleicht auch einfach, weil man irgendwann damit angefangen hatte und es keinen Grund gab, den Brauch wieder abzuschaffen.
    Brynn nickte.
    »Wie war das Wochenende?«, fragte der Sheriff.
    »Gut«, sagte sie. »Joey war bei seinem Vater. Mom und ich haben uns nach der Kirche mit Rita und Megan zum Brunch getroffen. Im Brighton’s.«
    »Wo es das große Büfett gibt?«
    »Ja.«
    »Die fahren da wirklich jede Menge auf«, sagte Dahl ehrfürchtig.
    »Es war schön.«
    »Das Brunch im Marriott kann ich auch empfehlen. Dort gibt es jedes Mal eine Eisskulptur, einen Schwan. Man muss aber früh da sein. Spätestens um vierzehn Uhr ist er zu einer Ente zusammengeschmolzen.«
    »Das werde ich mir merken«, sagte Brynn. »Haben Sie und Ihre Frau auch was Schönes unternommen?«
    »Nicht wirklich. Meine Schwiegereltern waren zu Besuch. Caroles Vater ist so dünn wie ein Bleistift. Er hat sich dreimal vom Hühnchen nachgenommen, und während wir anderen noch gegessen haben, hat er sein Brot in die Pilzsoße unten in
Caroles Schmortopf mit grünen Bohnen getunkt. Nein, also wirklich!«
    »Der Schmortopf ist wirklich lecker«, sagte Brynn, die schon mehrmals davon gekostet hatte.
    »Gott hat nicht ohne Grund den Soßenlöffel erschaffen.« Dahl musterte den Pappteller mit dem Donut, den er auf seinem Kaffeebecher balancierte. »Die heute sind von Krispy Kreme. Ich bevorzuge ja die, die Sie immer mitbringen.«
    »Dunkin’ Donuts.«
    »Richtig. Die Sorte mit dem kleinen Ding obendrauf gibt es nicht mehr, oder?«
    »Keine Ahnung, Tom. Ich bitte lediglich um drei Dutzend, bunt gemischt. Den Rest macht die Bedienung.«
    Sie wartete weiter.
    »So«, sagte er. »Sie haben es schon gehört, nicht wahr?«
    »Gehört?«
    Er runzelte die Stirn. »Die Polizei aus Milwaukee hat angerufen. Der Detective, der für den Lake-Mondac-Fall zuständig ist.«
    »Mir hat niemand Bescheid gesagt.« Sie hob fragend eine Augenbraue.
    »Hart ist tot.«
    »Was?«
    »Es sieht nach einem Bandenmord aus. Er wurde in den Hinterkopf geschossen. Im Norden von Chicago. Wo er zu Hause war, wie sich herausgestellt hat.«
    »Tja, was sagt man dazu?« Brynn lehnte sich zurück und schaute zu ihrem eigenen Kaffee. Sie hatte die Donuts gesehen, sich aber nicht hinreißen lassen.
    »Sie hatten recht. Der Mann hatte offenbar einige Feinde.«
    »Gibt es Hinweise auf den Täter?«
    »Kaum.«
    »Und hat man mehr über Hart herausgefunden?«
    Dahl erzählte ihr, was die Polizei von Chicago nach Milwaukee
weitergemeldet hatte: Terrance Hart war ein Sicherheitsberater mit Sitz in Chicago und hatte letztes Jahr 93 043 Dollar verdient. Er nahm Risikobewertungen für Lager- und Produktionsbetriebe vor und sorgte für angemessene Schutzmaßnahmen. Er war noch nie verhaftet worden, man hatte nie gegen ihn ermittelt, und er zahlte fristgerecht seine Steuern.
    »Allerdings war der Mann viel auf Reisen.
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