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Nachtruf (German Edition)

Nachtruf (German Edition)

Titel: Nachtruf (German Edition)
Autoren: Leslie Tentler
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Bruders fiel. Er dachte an Brians dunkles Haar und die blaugrauenAugen, die den seinen so sehr ähnelten. „Ja, ich glaube, das stimmt.“
    „Mommy sagt, du hast eine Pistole, genau wie ein Polizist. Hast du sie mitgebracht?“
    „Ich habe sie im Hotel gelassen.“ Seine private Zweitpistole, eine .380 Beretta Halbautomatik, erwähnte er nicht. Sie steckte gut verborgen im Holster an seinem Knöchel. „Es ist gefährlich so eine Waffe bei sich zu haben, weißt du?“
    „Und warum hast du dann eine?“
    Trevor blickte zu Annabelle. Das Grinsen auf ihrem Gesicht schien zu sagen: „Tja, so ist sie …“
    „Das Abendessen ist bald fertig, mein Schatz“, sagte sie zu Haley. „Warum gehst du nicht eine Weile spielen? Onkel Trevor und ich wollen noch über Erwachsenenzeug reden.“
    „Kann ich Zeichentrick schauen?“
    „Tu, was du nicht lassen kannst“, antwortete Annabelle seufzend, und Haley verschwand im Flur. „Ich danke Gott für die Erfindung des Fernsehens.“ Sie sah zu Trevor, der schweigend neben ihr gestanden hatte und jetzt den Blick durchs Zimmer schweifen ließ. „Möchtest du etwas trinken?“
    „Nur ein Mineralwasser, wenn du hast.“
    Er folgte ihr in die kleine Küche. Trendige mexikanische Fliesen hatten das abgenutzte Linoleum ersetzt, und die neuen Küchenfronten erstrahlten in gedecktem Weiß. Ein Topf stand auf dem Herd, und der Duft von Tomaten und pikanten Peperoni erfüllte den Raum. Auf der Küchentheke stand anstelle der altertümlichen Kaffeemaschine, die Trevor noch aus Kindertagen kannte, eine neue moderne Maschine. Wie im Wohnzimmer war auch hier alles frisch und neu. So als hätte Annabelle geglaubt, das Karma des Hauses verändern zu können, wenn sie die Einbauten und Bodenbeläge herausriss und die Wände mit einer Schicht Farbe bedeckte. Das Bild eines grobschlächtigen Mannes, der mit erhobener Faust auf ihn zustürmte, ergriff ihn und raubte ihm den Atem, bevor es so rasch wieder verschwand, wie es gekommen war. Trevor berührte die Narbe an seinem Kinn.
    Sein Beweis, dass die Vergangenheit wirklich existierte.
    „Geht es dir gut?“
    „Ja.“ Er nickte. Trotz der langen Trennung hatte seine Schwester immer noch die Fähigkeit, in seinem Gesicht zu lesen.
    Annabelle hatte sich ebenfalls ein Mineralwasser aus dem Kühlschrank geholt und setzte sich nun zusammen mit Trevor an den Tisch. Er nahm einen Schluck aus der Dose, von der das Kondenswasser tropfte, und starrte aus dem Fenster in den kleinen, von einer alten Ziegelmauer umgebenen Hinterhof. Die Blätter einer massiven, mit Moos behangenen Virginia-Eiche überdachten fast den gesamten Hof. Auch eine Kinderschaukel, die etwas weiter entfernt stand, lag im Schatten des mächtigen Baumes. Durch die Äste hindurch konnte er den Himmel erkennen und bemerkte, wie das Licht des Tages allmählich der Dämmerung wich.
    „Sawyer Compton lässt dich grüßen“, sagte Annabelle. Sawyer war ein alter Freund, der ein paar Straßen weiter aufgewachsen war. Er hatte an der Louisiana State University Football gespielt und danach Jura studiert. Trevor wusste, dass er mittlerweile als stellvertretender Bezirksstaatsanwalt für die Stadt New Orleans arbeitete.
    „Wie geht es ihm?“
    Sie lächelte, während sie die Dose Mineralwasser an ihre Lippen hob. „Vielleicht solltest du dableiben und es selbst herausfinden. In ein paar Wochen veranstaltet er sein jährliches Flusskrebskochen – die Party des Jahres.“
    „Du weißt, warum ich hier bin, Anna.“
    Ihre Miene wurde ernst. „Dein Job. Das ist das Einzige, das dich dazu bringen kann, nach Hause zu kommen – abgesehen von einer Familienkrise. Wie lange bleibst du?“
    „Ich weiß es noch nicht.“
    „Aber nicht länger als unbedingt nötig?“ Als er nicht antwortete, wurde Annabelle weicher. „Du siehst müde aus, Trevor …“
    Ihre Stimme erstarb, als er sich vorbeugte und ihre Hand ergriff. Der Ärmel ihrer Baumwollbluse rutschte hoch, und seinBlick fiel auf ihr Handgelenk. Annabelle flüsterte seinen Namen, doch er hielt sie fest. Mit den Fingern strich er behutsam über die Narbe. Er wusste, dass es am anderen Handgelenk, das sie unter dem Tisch vor seinen Augen verbarg, eine weitere gab. Trevor runzelte die Stirn.
    „Triffst du ihn manchmal, Anna?“
    „Dad?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein.“
    „Trifft Brian sich mit ihm?“
    „Das bezweifle ich.“
    Trevor nickte, sagte jedoch kein Wort. Annabelle zog langsam ihre Hand zurück, ging zum Herd und
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