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Nachtprinzessin

Nachtprinzessin

Titel: Nachtprinzessin
Autoren: Heyne
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auf der Autostrada fuhren und Neri – ganz in Gedanken – beinah aus Versehen die Abfahrt nach Castelnuovo Berardenga genommen hätte. »Alibi hin und her, das kann alles gelogen und nach Strich und Faden getürkt sein. Vielleicht ist der Typ auch von Berlin nach Florenz mit dem Hubschrauber geflogen, hatte ein Gespräch mit der Polizei und war drei Stunden später wieder hier, was weiß ich … Das musst du einfach mal ganz genau überprüfen und nachrechnen, auf alle Fälle ist unser Gianni nicht schwul. Dass das schon mal klar ist! Und dass er die Wohnung eines Deutschen, für den er Hilfsdienste verrichtet, heimlich für irgendwelche Spielchen mit irgendwelchen Männern benutzt, ist völlig unmöglich! Vollkommen unmöglich!«
    Gabriella hatte hochrote Wangen und wurde immer lauter.
    »Dass du so etwas überhaupt in Erwägung ziehst, Neri, nur weil dir dieser schleimige Schönling ein scheinbar lückenloses Alibi präsentiert, erschreckt mich! Das macht mich richtig wütend! So was kannst du doch nicht im Ernst glauben, oder kennst du unseren Sohn so wenig?«
    Neri hörte nur stumm zu.
    »Dieser Matthias, oder wie der heißt, scheint ein Überredungskünstler zu sein! Jedenfalls hat er dich um den Finger gewickelt! Das ist ja die unglaublichste Räuberpistole, die ich je gehört habe, mein Schatz! Wir finden in seiner Wohnung unseren fast zu Tode vergewaltigten Sohn, und der Herr schafft es beinah, dich davon zu überzeugen, dass er mit der ganzen Sache nichts zu tun hat? Ja, wo gibt es denn so was? Ich werde dir sagen, wie es war, Commissario.«
    Sie wurde immer wütender, aber Neri unterbrach sie nicht, weil er spürte, dass bei dem, was sie sagte, etwas Wahres dran war, auch wenn es verletzend klang.
    »Gianni war bei diesem Mann, um sein Geld zu holen oder weitere Aufgaben zu besprechen. Was auch immer. Dann hat der Typ ihn überrumpelt, regelrecht überfallen, und es geschafft, ihn mit Handschellen ans Bett zu fesseln. Dort hat er ihn vergewaltigt und dann einfach liegen lassen. Vielleicht dachte er, er ist tot. Oder es hat ihn einfach nicht interessiert, was aus ihm wird. Ja, halt, stopp!« Sie fasste Neri so fest am Arm, dass er beinah das Lenkrad verriss. »Er dachte, Gianni ist tot, darum hat er auch die Klimaanlage eingeschaltet. Damit es schön kalt ist und die Leiche nicht anfängt zu stinken.«
    »Hör auf, Gabriella! Hör auf, so zu reden!« Neri konnte es kaum noch aushalten, dass seine Frau so drastisch und direkt über das Schlimmste redete, was ihnen je passiert war. Als würde es sie nicht tangieren. Dabei wusste Neri genau, dass das Gegenteil der Fall war.
    »Nein, ich hör nicht auf! Hör zu! Dann ist der Kerl nach Berlin gefahren, oder geflogen, keine Ahnung, hat sich ein wunderbares Alibi beschafft – was gibt es Besseres als die Polizei, und irgendwie muss er das zeitlich hingekriegt haben –, und dann ist er ganz schnell zurückgekehrt, hat euch angerufen und sehr glaubhaft den Ahnungslosen gespielt. Raffiniert!«
    »Und warum hat er die Leiche nicht gleich entsorgt, wenn er glaubte, dass Gianni tot ist? Warum hat er ihn einfach liegen lassen?«
    »Das weiß ich nicht. Geisteskranke – und der Typ, der das getan hat, ist geisteskrank – machen manchmal die hirnrissigsten Dinge, die man überhaupt nicht mehr nachvollziehen kann. Vielleicht musste er so dringend nach Berlin, dass er keine Zeit mehr hatte, die Leiche verschwinden zu lassen. Oder er wusste, dass Gianni noch lebt, hat gehofft, dass ihn keiner findet, und wollte ganz schnell zurückkommen.«
    »Aber dann hätte er ihn doch zudecken können! Und hätte seine Wohnung nicht in einen Kühlschrank verwandeln müssen! Gabriella, ich bitte dich! Wollte er ihn auf diese Weise umbringen?« Neri verstand die Welt nicht mehr, begriff überhaupt nicht, warum Gabriella sich so sicher war, dass der Wohnungseigentümer auch gleichzeitig der Vergewaltiger war.
    »Mir sagt mein Instinkt, dass der Deutsche lügt.« Gabriella wurde ganz leise. »Warum, weiß ich auch nicht. Ich glaube einfach nicht an das Alibi.«
    Neri hatte plötzlich eine Idee. »Stell dir vor, das Bett für den Deutschen wird geliefert, der Möbelpacker hat ein Problem, weil er allein ist, bittet Gianni, ihm zu helfen, und als er mit Gianni allein in der Wohnung ist, fällt er über ihn her und macht ihn fertig. Wäre doch denkbar, oder?«
    »Vielleicht. Dann überprüfe den Möbelpacker, der das Bett gebracht hat. Aber du kannst es dir sparen, nach einem mysteriösen
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