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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin
Autoren: Ulrike Schweikert
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zum Tresen der Swan Tavern vor. Lorena bestellte ein Pint Guinness, obwohl sie nicht so gern Bier trank. David orderte das hausgebraute Bier, das dunkler und kräftiger war. Gemeinsam schlängelten sie sich zurück auf die Straße und gesellten sich zu ein paar anderen, die bei verschiedenen Banken hier im Viertel arbeiteten. Man kannte sich vom Sehen, prostete einander zu und verlor ein paar Worte über den prächtigen Spätsommertag, der gute Hoffnung für das Wochenende versprach. Kurz darauf schlossen sich ihnen noch Mason und William an, die ebenfalls bei der HSBC im Handel mit Optionen und anderen Wertpapierderivaten arbeiteten. Sie fachsimpelten ein wenig mit David und wechselten dann zu den Cricketergebnissen und zum Football. Lorena nippte an dem bitteren, fast schwarzen Gebräu und ließ den Blick über die Menschentraube um den Pub schweifen, die noch immer größer wurde. Die Swan Tavern lag ein wenig zurückversetzt von der lauten Hauptstraße in einem überdachten Durchgang, der hinüber zum Leadenhall Market führte, was den Vorteil hatte, dass man hier auch bei Regen mit seinem Bier draußen stehen konnte. In London ein nicht zu verachtender Punkt! Wenn das Wetter im Winter zu unwirtlich wurde, zogen die meisten allerdings in den geschützten Bereich des historischen Leadenhall Market um, der auch von Touristen geschätzt wurde – und von Anhängern der Harry-Potter-Filme.
    Lorena betrachtete die Besucher des Pubs. Beinahe ausnahmslos Männer in dunklen Anzügen und Frauen in strengen Kostümen, die hier in der City ihre Arbeitswoche mit einem Bier beendeten, um dann nach Hause in die Vororte zu ihren Familien zu fahren. In ein oder zwei Stunden würde die City of London wie ausgestorben sein, bis auf die kleineren und größeren Gruppen von Touristen, die den ungewöhnlich schönen Spätsommerabend dazu nutzen würden, noch ein wenig durch das alte Stadtzentrum zu schweifen, das heute fest in der Hand der Börse, Banken und Versicherungen lag.
    »Ich muss jetzt gehen«, hörte sie sich plötzlich sagen, obwohl sie ihr Bier noch nicht einmal zur Hälfte ausgetrunken hatte.
    David unterbrach sein Gespräch mit den anderen, das inzwischen bei Pferderennen angekommen war, und wandte sich ihr zu. »Was, schon? Ach ja, du sagtest ja, du hättest noch was vor.«
    Sie ignorierte seinen forschenden Blick und sagte stattdessen: »Ich wünsche euch ein schönes Wochenende.« Sie winkte zum Abschied und nickte Mason und William zu, die ihre Biergläser anhoben.
    »Gleichfalls. Treib’s nicht zu bunt«, scherzte William, der so etwas wie der Spaßvogel der Abteilung war.
    Lorena erwiderte seine Grimasse mit einem Lächeln und wandte sich ab. Mit langen Schritten, soweit der schmal geschnittene Rock und ihre Absätze es zuließen, ging sie die Straße entlang auf die hoch aufragende Säule zu, die an den großen Brand von 1666 erinnerte, der von hier aus innerhalb von vier Tagen fast die ganze Stadt vernichtet hatte. Ein paar asiatisch aussehende junge Mädchen machten sich daran, die mehr als dreihundert Stufen bis zur Aussichtsplattform zu erklimmen, während Lorena zur U-Bahn hinabstieg, um mit der Circle Line nach Hause zu fahren. Die heute veralteten Wagen der einst im neunzehnten Jahrhundert revolutionär modernen Londoner U-Bahn klapperten an der Themse entlang bis Westminster und dann in einem weiten Bogen über South Kensington nach Notting Hill. Lorena stieg am Notting Hill Gate an der nordwestlichen Ecke des Hydeparks aus und machte sich auf den Heimweg.
    Früher war Notting Hill ein kaum beachtetes Viertel am Rande der Stadt gewesen, doch seit Julia Roberts und Hugh Grant hier im Film ihre Liebe gefunden hatten, kannte jeder Besucher Londons diesen Stadtteil zumindest dem Namen nach. Der Strom der Besucher, den der Film nach sich gezogen hatte, war dagegen schon wieder abgeflaut.
    So zielstrebig Lorena in der City auch ausgeschritten war, nun verlangsamte sich ihr Schritt, und als sie die Portobello Road erreichte, ging sie an ihrer Tür vorbei. Was sollte sie jetzt schon in ihrer Wohnung? Vermutlich wartete nicht einmal ihr Kater auf sie. So schlenderte sie ziellos an der Reihe schmaler, bunt gestrichener Häuser entlang, die sich eins ans andere lehnten, blieb an den Auslagen der kleinen Schaufenster stehen, betrat den Teeladen, um sich ein wenig grünen Tee zu kaufen, und wechselte ein paar Worte mit der alten Dame, die den Laden seit über fünfzig Jahren betrieb.
    Was nun?, dachte Lorena, als
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