Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
keinen Grund für diesen Aufruhr. Nur ein ehemaliger Schulfreund, der ein wenig von alten Zeiten plaudern will.«
    Doch ihr Herz wollte sich nicht beruhigen und fand Unterstützung in wilden Fantasien, die in ihr aufstiegen und sie bis zu ihrer Haustür mit warmen Gedanken erfüllten.
    »Jetzt ist aber Schluss!«, mahnte sie sich zur Ordnung, als eine Bewegung in den Augenwinkeln sie von ihrem freudig pochenden Herzen ablenkte. Es war schon dunkel, aber nicht so spät, als dass nicht noch einige Passanten unterwegs gewesen wären. Lorena hielt inne und sah sich um, doch keiner der Leute schien ihre Aufmerksamkeit erregt und sie aus ihren Gedanken gerissen zu haben. Sie kamen von der Arbeit oder hatten die letzten Einkäufe erledigt und strebten nun ihren Wohnungen zu, in Gedanken vielleicht noch bei ihrem Arbeitstag oder schon beim Abendessen.
    Lorena schüttelte den Kopf und ging weiter, doch sie war kaum ein Dutzend Schritte gegangen, als sie wieder diesen Schatten bemerkte. Etwas wie ein intensiver Blick brannte in ihrem Rücken. Wieder blieb sie stehen und wandte sich um. Sie sah die Straße entlang. Einer dieser Passanten hier musste sie so fixiert haben, dass sie den Blick körperlich hatte spüren können. Doch keiner schaute in ihre Richtung oder schenkte ihr sonst irgendwie Beachtung. Sie sah nur einen Mann, der wie versteinert mitten in der Bewegung innegehalten hatte und verträumt ins Leere starrte. Eine Frau trat aus einem kleinen Laden und sprach ihn an, doch er reagierte nicht. Es sah immer noch so aus, als habe er gerade einen Geist gesehen. Lorena lächelte ein wenig mitleidig, als die Frau ihn am Arm packte und schüttelte. Langsam kehrte sein Blick aus der Ferne zurück, und es schien ihm schwerzufallen, auch seine Gedanken auf die Frau vor sich zu lenken. Lorena konnte an ihrer Miene sehen, dass sie ihn gehörig auszankte, dann ergriff sie seinen Arm und zog ihn mit sich auf die andere Straßenseite. Wie ein Schlafwandler tappte er hinter ihr her.
    Lorena setzte ihren Heimweg fort und hatte den Schatten und den Mann bereits vergessen, als sie hinter dem kleinen Antiquitätenladen die Treppe zu ihrer Wohnung hinaufstieg. Maunzend kam ihr Finley entgegen und forderte eine Portion Katzenfutter und seine Schüssel Milch ein.
    »Du sollst nicht so viel Milch trinken. Du weißt, das bekommt dir nicht«, mahnte Lorena, als sich der schwarz-weiß gefleckte Kater wie üblich durstig auf die Schüssel stürzte.
    Sie streichelte ihm über den Rücken, was er mit einem Schnurren quittierte, und schalt sich selbst, dass sie so nachgiebig war. Es war ihre Aufgabe, auf seine Gesundheit zu achten. Der Kater forderte nur ein, was ihm schmeckte.
    Lorena seufzte und ließ sich auf einen Küchenstuhl sinken. Warum war es nur so schwer, konsequent zu sein?
    Lorena schlug die Abendzeitung auf, die ihr Vermieter Mr. Gordon wie üblich auf die Treppe gelegt hatte, und las den Aufmacher der lokalen Nachrichten, um nicht schon wieder an Jason zu denken.
    Mysteriöser Selbstmord in der City, lautete die Überschrift. Solche Geschichten interessierten sie nicht sonderlich, dennoch las sie weiter. Das war nicht weit entfernt von dem Gebäude passiert, in dem sie arbeitete.
    Ein Mann, Angestellter bei einem großen Architekturbüro, war gestern um Mitternacht vom Dach eines Hochhauses gesprungen. Seine Kollegen sagten aus, ihr Chef hätte kurzfristig Überstunden anberaumt. Das Opfer und seine drei Kollegen hätten Pläne überarbeiten sollen. Kurz vor Mitternacht sei eine der Kolleginnen hinausgegangen, um eine Pause zu machen. Das Opfer habe ebenfalls das Büro verlassen und sich nur wenige Minuten später vom Dach einunddreißig Stockwerke in die Tiefe gestürzt. Lorena wollte sich nicht vorstellen, was nach diesem Aufprall von seinem Körper übrig geblieben war. Die Rettungskräfte beneidete sie nicht um ihren Einsatz.
    Anders als der Schreiber des Artikels fragte sie sich, was geschehen sein konnte, das den Mann so unvermittelt in den Tod getrieben hatte. War es ein Unfall gewesen? Oder vielleicht gar Mord? War er vielleicht in seine Kollegin verliebt gewesen und ihr gefolgt? Hatte er sich mit ihr auf dem Dach getroffen und sich mit ihr gestritten? Hatte sie seine Annäherungen abgelehnt und er sich daraufhin in Verzweiflung vom Dach gestürzt? Oder hatte sie ihn gestoßen?
    Seltsam, dass die Zeitung nur von Selbstmord sprach. Einen Abschiedsbrief konnten sie ja kaum gefunden haben, wenn sie von einer spontanen Tat im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher