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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin
Autoren: Ulrike Schweikert
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    Brent spürte, wie seine Hände schweißnass vor Furcht wurden, als er sich gehorsam weiter dem Abgrund näherte. Aber es war nicht nur Angst, die ihn in Aufruhr versetzte. Er konnte fühlen, wie Erregung seinen Körper ergriff und sich nicht nur die Härchen überall auf seiner Haut aufrichteten. Etwas Ungeheures ging hier vor sich, während er wie erstarrt an der Dachkante stand und den Blick in die Tiefe sinken ließ.
    »Suchst du etwas?«
    Wieder ihre Stimme, dieses Mal nicht nur in seinem Kopf. Sie klang ganz nah. Brent wandte sich um. Er musste blinzeln, zu sehr fürchtete er, seine Sinne könnten ihn narren. Da stand sie, nur ein paar Meter neben ihm, ebenfalls direkt an der Kante. Es war Raika, kein Zweifel, und doch war sie es auch nicht. Er erkannte ihren schlanken Körper, obwohl sie jetzt nackt war und er sie höchstens in seiner Fantasie jemals so gesehen hatte. Er sah ihr langes schwarzes Haar, das er stets bewundert hatte, und die dunklen Augen, in denen nun ein seltsamer katzenhafter Schimmer lag. Auch ihr Gesicht schien ein wenig schmäler, doch so ebenmäßig schön, wie er es noch nie bei einer Frau gesehen hatte. Mit einer lasziven Bewegung, die ihn ebenfalls an eine Katze erinnerte, legte sie den Kopf in den Nacken und strich sich über das Haar. Er schluckte trocken. Wenn dies ein Traum war, dann sollte er niemals enden!
    »Raika, du bist so wunderschön«, presste er hervor.
    Sie gluckste leise und trieb ihm erneut einen Schauder durch den Körper.
    »Ich liebe dich!«, stieß er flehend aus und streckte seine Arme nach ihr aus.
    Nun klang ihr Lachen eher verächtlich.
    »Du liebst mich? Sag mir, wie sehr.«
    »Unendlich! Mehr als alles auf der Welt«, beteuerte er.
    »Mehr als dein Leben?«, fragte sie weiter. Ihre Augen verengten sich. Noch einmal schenkte sie ihm ein raubtierartiges Lächeln, das irgendwie hungrig wirkte. Dann sprang sie …
    Brent blieb sein Schrei des Entsetzens im Hals stecken. Das konnte nicht wahr sein. Nein, nein, nein! Der Traum entwickelte sich nicht so, wie er es sich erhofft hatte. Er starrte ihr nach, wie sie in die Tiefe stürzte. Doch dann geschah etwas Unglaubliches. Etwas entfaltete sich hinter ihrem Rücken. War das eine Art Fallschirm? Es wirkte so zart, und doch konnte er sehen, wie der Wind die dünnen Häute spannte, die ihn an die Flügel einer Fledermaus erinnerten. So schwebte sie davon, während ihr leises Lachen in seinem Kopf widerhallte.
    Liebst du mich mehr als dein Leben?, hallte es in seinem Kopf. Es lockte und zog, und obgleich ein Teil seines Geistes noch Widerstand leistete und sich alle Mühe gab, die Todesangst in ihm wachzurütteln, konnte er sich nicht wehren. Er ließ sich vom Locken ihrer Stimme leiten und schritt wie ein Traumwandler an der Dachkante entlang, bis er die Ecke erreichte.
    Noch einmal sah er sie, wie ihre schlanke Gestalt mit einem eleganten Schwung vor dem fast vollen Mond vor beizog.
    Komm, lockte sie, komm! Die Nacht ist für uns gemacht. Es ist nur ein winziger Schritt bis zur Erlösung.
    Brent glaubte ihr. Die Versuchung war einfach zu groß. Was, wenn ihr Versprechen wahr werden würde? Was, wenn er wirklich dazu auserkoren war, der glücklichste Mann auf Erden zu werden? Was war schon ein winziger Schritt?
    Er machte einen großen. Ja, er stieß sich geradezu von der Kante ab, um mit ausgestreckten Armen ihrem Ruf zu folgen.
    Es sollte nicht funktionieren. Sie hatte ihn betrogen. Der Gedanke schoss ihm erschreckend klar durch den Kopf, während er auf die Erde zuraste, bis der Asphalt seinen Fall bremste und den Schmerz der Enttäuschung mit all den anderen Gedanken für immer jäh zum Schweigen brachte.
    Es war kurz nach ein Uhr, als Raika durch die Drehtür ins Freie trat. Sie warf einen prüfenden Blick auf ihr Spiegelbild, das die Glastür ihr zeigte. Ihr Kostüm war ein wenig zerknittert, die Haare zerzaust, nichts, was den anderen in dieser Nacht auffallen würde. Das Blaulicht des Rettungswagens zuckte hektisch mit dem der Polizei um die Wette, obwohl es hier nichts mehr zu retten gab, das wusste Raika bereits, ehe sie unauffällig hinter ihre beiden Kollegen trat, die mit einer Handvoll später Passanten beisammenstanden. Sie drückten sich wie eine Herde verängstigter Beutetiere eng zusammen, als könnten sie sich vor dem Unfassbaren schützen, das den Tod so unerwartet in ihre Mitte gebracht hatte. Raika konnte ihre Angst und ihre Verunsicherung
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