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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger
Autoren: Lisa Hendrix
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musste sich zusammenreißen, um nicht wie die anderen in Gelächter auszubrechen. »Tom, richte Oswald aus, ich komme gleich. Ich möchte mir die beiden Männer selbst ansehen, bevor wir entscheiden, ob wir ihnen Einlass gewähren.«
    »Davon würde ich Euch abraten, My Lady«, sagte Bôte.
    Doch Alaida hörte nicht darauf. »Geh schon, Tom! Aber sei leise!«
    »Jawohl, M’Lady.« Tom öffnete die Tür und ging ebenso leise, wie er gekommen war.
    Alaida nahm das Gewand, das sie zuvor abgestreift hatte. »Nun hilf mir doch! Beeil dich!«
    Widerstrebend gehorchte Bôte und murmelte: »Wer zu so später Stunde erscheint, führt etwas im Schilde. Sollen sie sich doch im Dorf ein Quartier suchen. Ihr werdet Euch noch erkälten.«
    »Solange mein Großvater abwesend ist, bin ich die Herrin von Alnwick. Und es ist meine Aufgabe, Reisende zu empfangen – oder sie ihrer Wege zu schicken«, sagte Alaida und schlüpfte in ihre Schuhe. Sie zog sich ihren Umhang fest um die Schultern, ebenso wie Bôte, und sagte an die anderen gerichtet: »Ihr bleibt hier und verriegelt die Tür.«
    Betäubt vom Wein lagen die Freier und ihre Gefolgsleute überall in der dunklen Halle verstreut herum, einige auf Bänken, andere auf Strohsäcken, in Decken oder Pelze gehüllt. Manche trugen nur ihre Umhänge und hatten sich auf dem mit Binsen bestreuten Boden zusammengerollt. Alaida manövrierte sich zwischen ihnen hindurch und weckte ein halbes Dutzend ihrer eigenen Leute. Sie legte einen Finger an die Lippen, und die Männer erhoben sich so leise wie möglich.
    Oswald, der nicht mehr ganz junge Marschall ihres Großvaters, hatte bereits die Wachmannschaft und die Stallknechte zusammengerufen. Solange es sich nicht um eine Invasion handelte, konnten sie es wohl mit den Ankömmlingen aufnehmen. Einige der Knechte entzündeten Fackeln, während die anderen sich bewaffneten. Diejenigen, die weder Schwert noch Speer besaßen, nahmen, was sie finden konnten – Knüppel, Mistgabeln, eine Axt oder eine Sense, während Alaida durch einen Spalt im Holz des Tores spähte.
    Die Besucher waren tatsächlich zwei Ritter, und eines der Pferde schien wirklich besonders edel, ein Graufalbe mit leuchtend weißer Mähne und dunklem Fell, was zur grauen Kleidung des ersten Ritters passte. Der zweite Mann war im Mondlicht kaum zu erkennen. Er schien von hünenhafter Statur zu sein, und auf seiner Schulter saß ein großer Vogel.
    »Wer sind die beiden?« Alaida richtete ihre Frage mit gesenkter Stimme an Oswald.
    »Sie sagten, der König habe sie geschickt. Sie möchten Euch sprechen. Der eine klingt wie ein Edelmann.«
    »Gibt es Anzeichen für irgendeine Falle?«
    »Nein, My Lady. Ich habe Edric aufgetragen, die Umwallung zu überwachen. Weit und breit ist nichts zu sehen.«
    Wenn Edric nichts sah, dann gab es auch nichts zu sehen. Der Mann hatte den scharfen Blick einer Eule.
    »Gewährt ihnen Einlass!«, befahl Alaida. »Aber zu unseren Bedingungen. Durch das Ausfalltor.«
    Mit gezogenen Schwertern postierten sich die Männer um den versteckten Ausgang. Alaida griff nach dem Messer, das unter ihrem Umhang verborgen war. Dann bedeutete sie Oswald mit einem Kopfnicken, das Tor zu öffnen.
    Das Ausfalltor war so niedrig und schmal, tunnelartig, gebaut, dass ein Reiter absitzen musste und Pferde nur einzeln hindurchgehen konnten. Der graue Ritter, offenbar der Anführer, ging voraus. Er trat in den Lichtschein der Fackeln und betrachtete die Waffen, die auf ihn gerichtet waren. Schließlich fiel sein Blick auf Alaida.
    »Es ist weise von Euch, Vorsicht walten zu lassen, Lady Alaida.«
    »Wer seid Ihr?«, fragte Alaida. »Und mit welchem Recht verlangt Ihr, zu dieser späten Stunde mich zu sprechen?«
    »Ich bin Ivo de Vassy, und ich komme kraft einer königlichen Verfügung als neuer Baron von Alnwick.« Er sah hinab auf das Messer, das Alaida in der Hand hielt, zog eine Augenbraue hoch und sah ihr in die Augen. Alaida beschlich das Gefühl, er müsse sich das Lachen verkneifen.
    Sein Begleiter machte keinerlei Anstalten, sich zusammenzureißen, sondern brach in Gelächter aus. »Habe ich es dir nicht gesagt?«, prustete er und drehte sich um zu Alaidas Leuten. »Was steht ihr noch? Kniet nieder vor eurem neuen Herrn!«
    Wachmannschaft und Knechte kamen der Aufforderung nach. Bôte hingegen blieb aufrecht stehen und wich ihrer Herrin nicht von der Seite. Auch Oswald blieb ungerührt stehen, das Schwert fest in der Hand.
    »Kniet nieder, sagte ich«, wiederholte
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