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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger
Autoren: Lisa Hendrix
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Schwerter zurück.
    »Ich habe unbedacht gehandelt, My Lord … Ivo, oder?« Neville streckte die flachen Hände aus, um sich zu ergeben, doch sein schleimiger Ton war noch immer provokativ. »Vergebt mir. Ich war eingeschlafen und träumte von einer Schlacht. Als ich erwachte, hielt ich den Traum für die Wirklichkeit.«
    »Wenn Ihr woanders schliefet, hättet Ihr sicher angenehmere Träume«, sagte Ivo, »heute Nacht.«
    Neville presste die Lippen aufeinander und nahm Haltung an. »Machen wir uns auf den Weg, Freunde. Wir sind hier nicht länger erwünscht.«
    »Das wart Ihr nie«, murmelte Oswald.
    »Ihr wollt uns fortschicken?«, fragte der kleinste der drei Freier ungläubig. »Mitten in der
Nacht?
«
    »Ich bin selbst gerade von Morpeth gekommen und konnte mich davon überzeugen, dass der Weg sicher ist«, antwortete Ivo. Er wies mit der Klinge auf Brand, der noch immer mit gezogenem Schwert dastand und den Eindruck erweckte, als warte er nur darauf, jemanden niederzustrecken. »Mein Freund fürchtet sich nicht vor der Dunkelheit. Sicher wäre es ihm ein Vergnügen, Euch zu begleiten.«
    »Wir brauchen keine Eskorte«, knurrte Neville. Er schritt auf die Tür zu, seine Begleiter im Kielwasser, gefolgt von ihren Männern. Vor Alaida blieb er kurz stehen, um ihr eine Beleidigung zuzuwerfen. »Welch Glück für Euch, My Lady. Ihr habt einen Kämpen gefunden, der ebenso schlechte Manieren hat wie Ihr selbst.«
    »Nicht halb so schlecht wie die Euren«, gab Alaida zurück und hielt den Männern die Tür auf. »Nehmt Euch in Acht!«, rief sie ihnen hinterher. »Wenn mir zu Ohren kommt, dass auch nur ein einziges Ei im Dorf zu Bruch ging, werde ich doch noch Eure Ohren fordern müssen.«
    Ivo musste lachen. Das Mädchen verfügte über einen scharfen Verstand und eine ebensolche Zunge. Er musste achtgeben, damit er sich nicht in einer Ehe mit einer Xanthippe wiederfand.
    Triumphierend wandte Alaida sich um. Ihre Augen funkelten, und das rote Haar leuchtete im Schein der Fackeln. Der Wind erfasste ein paar Strähnen, ließ sie tanzen wie Flammenzungen.
Eisa, Göttin des Herdfeuers.
Ein altes Bild drang in Ivos Bewusstsein empor. Sie war das Feuer in Person. Plötzlich wollte er diese Frau mehr als alles andere, und dabei ging es nicht um Land, den König oder sonst etwas, außer um den Wunsch, sich von ihrer Glut wärmen zu lassen.
    »Ich sorge dafür, dass die Männer sich auf dem Weg zum Tor nicht verlaufen«, sagte Brand und riss Ivo damit aus seinen Gedanken. Mit einem Grinsen auf den Lippen gab Oswald seiner kleinen Wachmannschaft das Zeichen, die eingesammelten Schwerter zu holen und zurückzugeben.
    Kaum hatte die Tür sich hinter den Männern geschlossen, kam Bewegung in die Halle. Ivos neue Leute drängten sich zu ihm vor, um niederzuknien und ihren Treueid zu leisten. So gehörten sie ihm, und Alnwick war nicht länger in Tysons Besitz. Als Alaida sich dessen bewusst wurde, verflog ihre beschwingte Stimmung.
    »Er hat es geschafft, My Lady«, sagte Bôte aufgeregt. »Er hat sie rausgeworfen.«
    »Aber wer wird
ihn
rauswerfen?«, gab Alaida zu bedenken.
    Niemand. Er sah wie ein Grundherr aus, wie er da stand, wo Ihr Großvater zu stehen pflegte – das musste sie anerkennen, mächtig und gebieterisch. Edel, angefangen von seinem kantigen Gesicht bis hin zu seiner Körperhaltung. Selbst seine Kleidung hob sich von der der anderen ab. Stach in Grau aus dem Braun und Blau der Menge heraus; Ton in Ton war der Stoff kaum vom Metall seines Kettenhemds zu unterscheiden, abgesehen von dessen mattem Glanz. Mit seinem aschblonden Haar sah er aus wie eine Art Schutzpatron der Krieger – vielleicht der heilige Georg –, nur ein Heiliger würde eine Frau niemals so ansehen, wie Lord Ivo Alaida über die Köpfe der Männer hinweg ansah – als wolle er sie noch an Ort und Stelle in Besitz nehmen. Ihre Wangen glühten, doch sie hielt seinem Blick stand, die Genugtuung, ihm auszuweichen, wollte sie ihm nicht geben.
    »Er wird ein guter Herr sein«, sagte Bôte anerkennend, »das lese ich in seinen Augen. Er ist stark, aber er hat gelernt, mit seiner Stärke umzugehen.«
    »Ich hoffe, du hast recht«, sagte Alaida leise. »Bitte Geoffrey zu mir.«
    Als der Haushofmeister erschien, erteilte Alaida ihre letzten Anweisungen als Herrin von Alnwick: die Schlafstätten zu entfernen, die Frauen herunterkommen zu lassen, um ihren neuen Herrn zu begrüßen, den Stuhl des Grundherrn herbeizuholen, eine Schüssel und einen Krug,
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