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Nachtjaeger

Nachtjaeger

Titel: Nachtjaeger
Autoren: J. T. Geissinger
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eines Mannes auf Jennas nackte Beine, erhitzt und doch träge. Nichts Gefährliches. Nirgendwo etwas Gefährliches. Noch nicht.
    Sie atmete tief durch die Nase ein und nahm all die überwältigenden Sinneseindrücke in sich auf, die sie vor so langer Zeit auszuschließen gelernt hatte.
    Da. Da war es.
    Ein Tier. Ein hungriges Tier. Ein Raubtier – und zwar ein großes.
    Jenna riss die Augen auf, und ihr Herz begann zu rasen. Doch sie blieb wie versteinert stehen, obwohl alles in ihrem Körper schrie: Gefahr! Verschwinde! Lauf!
    Sie vermochte nicht zu rennen. Sie war wie eingefroren. Ihre Hände zitterten, ihr Herz hämmerte, doch ihre Muskeln rührten sich nicht.
    »Warum nehmen Sie sich nicht eine andere Cola?«, schlug der Kassierer vor und lächelte sie freundlich an.
    Sie konnte ihm nicht antworten oder auch nur den Arm bewegen, um ihm die kaputte Flasche zu geben. Mühsam richtete sie den Blick auf sein Gesicht, was bei ihm dazu führte, dass sich sein überraschter Blick noch verstärkte.
    »Wow! Ihre Augen sind ja unglaublich! So ein Grün habe ich noch nie gesehen. Oder ist es gelb? Einfach sagenhaft. Sie sind wunderschön.«
    »Kontaktlinsen«, schwindelte sie. Eine der vielen Lügen, die sie über sich erzählte, um die Wahrheit zu verbergen.
    Wieder wurde sie von einer Welle aus Angst und Hitze überrollt. Sie traf sie diesmal wie ein Messer im Bauch. Panisch biss sie die Zähne aufeinander. Ihr wurde schwindlig. Der Kassierer entdeckte jetzt offenbar etwas in ihrer Miene, das ihn irritiert blinzeln und die Stirn runzeln ließ. Sie legte die kaputte Flasche auf das Band und entschuldigte sich stammelnd.
    »Ich glaube … Ich brauche keine neue Cola. Ich muss jetzt gehen. Ich lasse einfach alles da. Tut mir leid. Es geht mir nicht gut. Ich … Ich gehe jetzt.«
    »Sind Sie sich sicher? Es ist kein Problem, das dauert nur eine Sekunde. Ich hole Ihnen einfach eine Cola aus dem Kühlschrank neben dem Kundenservice. Das ist gleich da drüben …«
    Aber Jenna hatte sich bereits zum Gehen gewandt. Sie versuchte, sich an dem gewaltigen Mann vorbeizudrücken. Doch er war so massiv, dass zwischen der Kasse und dem großen Kühlschrank nicht genug Platz für sie war. Hinter ihr warteten bereits zehn weitere Kunden. Dort kam sie also auch nicht vorbei. Sie war gefangen.
    Da sie in Panik ausbrach und keine andere Möglichkeit sah, diesen Ort zu verlassen, tat sie etwas, was sie sich gewöhnlich nicht erlaubte: Sie setzte ihre natürliche Kraft ein.
    Ihre ganze Kraft. Vor den Augen aller Anwesenden.
    Der verblüffte, gemeinsame Aufschrei der zwölf Leute wurde nur von dem schrillen Kratzen des Kühlschranks übertönt, als sie diesen über den Linoleumboden schob. Seine runden Füße schnitten bis in den Boden aus Stahl und Zement. Es waren sechs Meter zwischen Jenna und der Freiheit, und sie brauchte nur wenige Sekunden und einen kleinen Stoß, um sie zu erreichen. Sie sah sich nicht um, als der Kühlschrank mit einem dumpfen Knall an der Theke des Kundenservice zu stehen kam, wo er einen Stapel Coupons umwarf, die wie eine Handvoll Konfetti auf den Boden flatterten. Jenna lief los.
    Sie schaffte es beinahe bis zum Ausgang, als sie erneut von der Schockwelle erfasst wurde. Es war eine Erschütterung, die sie bis in ihre Muskelfasern, bis ins Knochenmark spürte. Etwas in ihren Venen begann zu pulsieren. Undeutlich nahm sie wahr, wie etwas Heißes, Dunkles, Tödliches auf sie zuraste. Vor Panik stolperte sie über einen verstaubten Stapel Holzbriketts, der am Ausgang in einem Regal aufgebaut war. Die Briketts fielen krachend zu Boden.
    In diesem Moment, als Jenna zitternd um Luft rang und dabei durch die Schiebetüren auf die flimmernde Hitze des Parkplatzes hinausblickte, entdeckte sie die Quelle der Gefahr.
    Groß und anmutig, geschmeidig wie drei Tänzer. Wendig, schweigend und finster.
    Sie standen am anderen Ende des Parkplatzes in den langen Schatten einer hohen Hecke aus Fikusbäumen und sahen sie mit wunderschönen Gesichtern und ausdruckslosen Mienen unverwandt an. Alle drei waren in Schwarz und offensichtlich teuer gekleidet. Ihre maßgeschneiderte Kleidung wirkte in der schwelenden Sommerhitze seltsam fehl am Platz. Sie strahlten Eleganz und Schönheit aus. Äußerlich wirkten sie harmlos, Jenna jedoch konnte die Gefahr bis ins Knochenmark spüren.
    Selbst durch die Glastür des Supermarkts sah Jenna es genau. Trotz ihrer Eleganz stimmte etwas nicht mit den drei Gestalten.
    Man konnte es in den Linien ihrer
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