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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus
Autoren: D Koontz
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Haarrisse bildeten, was jedoch nicht passierte.
    Gleichzeitig mit der schwachen Erschütterung veränderte sich das Licht im Pool wieder und ging diesmal von dem unappetitlichen Farbton von Urin, der sich durch eine Krankheit dunkler verfärbt hat, zu Rot über. Dicht vor den Stufen machte der Schwimmer mit dem mühelosen Schlängeln eines Aals kehrt und schwamm an das Ende des Pools zurück, von dem Bailey geflüchtet war.
    Dort, wo das Wasser klar war, hatte es die Farbe von Cranberrysaft. Wo es so trüb war, als sei Schlick aufgewirbelt worden, ähnelte es Blut, und dieser widerwärtige Fleck breitete sich jetzt rascher im Pool aus.
    Die flatternden, wässrigen Spiegelungen auf den schimmernden weißen Kacheln der Wände und der Decke verwandelten sich in züngelnde Flammen, die auf die Kacheln gemalt zu sein schienen. Der lange Raum wurde dämmriger und düsterer und Schatten schwollen an wie sich aufblähende Rauchschwaden.
    Als er sich dem anderen Ende des langen Pools näherte, war der Schwimmer schwerer zu sehen, obwohl er in dem besudelten Wasser noch sichtbar war. Kein Mensch hätte drei Bahnen so schnell schwimmen können, ohne an die Oberfläche aufzutauchen, um Atem zu holen.
    Die Erschütterung dauerte fünf oder sechs Sekunden, und eine halbe Minute, nachdem sie nachgelassen hatte und es wieder still im Gebäude geworden war, gingen die Poollampen schrittweise von Rot zu Gelb über und wurden schließlich wie der weiß. Die aufgemalten Flammen, die an den schimmernden Wänden hinaufgezüngelt waren, wurden wie zuvor zu tanzenden Flügeln aus Licht, und im Raum wurde es heller. Das trübe Wasser wurde von Neuem kristallklar. Der geheimnisvolle Schwimmer war verschwunden.
    Bailey Hawks hatte die Hände an seinen Seiten zu Fäusten geballt; Wasser tropfte von ihm herab und in die Pfütze, in der er stand. Sein Herz schlug nicht ganz so heftig, wie es das in den alten Zeiten unter feindlichem Beschuss möglicherweise getan hätte, aber doch so stark, dass er selbst es hämmern hörte.

4 Apartment 3-C
    Um vier Uhr dreizehn wurde Silas Kinsley von einem leisen Donnern geweckt und glaubte, das Haus wackle. Aber das kurze Grollen und die Bewegung waren bereits vorüber, als er sich aufsetzte und vollständig zur Besinnung kam. Er wartete im Dunkeln, lauschte einen Moment lang und entschied dann, die Unruhe sei Bestandteil eines Traums gewesen.
    Als er seinen Kopf wieder auf das Kissen sinken ließ, stieg jedoch im Innern der Wand, an der sein Bett stand, ein Geräusch auf. Der zischelnde, schlüpfrige Klang ließ vor seinen Augen Bilder von Schlangen aufziehen, die sich zwischen den Streben hinter der Gipsfaserplatte wanden, was unwahrscheinlich, wenn nicht gar undenkbar schien. Von so etwas hatte er nie zuvor gehört. Er hatte den Verdacht – die Intuition –, es müsse etwas mit der beunruhigenden Geschichte des Hauses zu tun haben.
    Die Ruhestörung dauerte vielleicht fünf Minuten. Er lag da, lauschte und machte sich Gedanken, nicht furchtsam, aber durchaus auf der Hut; er achtete wachsam auf jede Veränderung des Geräuschs, die ihm dabei helfen könnte, die Ursache zu identifizieren.
    Die nachfolgende Stille war eine erwartungsvolle, die Schlaflosigkeit erzeugt. Er war kürzlich neunundsiebzig geworden und für gewöhnlich erwies sich der Schlaf als etwas, das sich ihm entzog, wenn er einmal gestört worden war. Silas war ein pensionierter Anwalt für Zivilrecht, aber in seinem Kopf herrschte dieser Tage ein so reges Treiben wie damals, als sein Terminkalender noch vollständig mit Mandanten ausgebucht gewesen war. Er stand vor dem Morgengrauen auf, duschte, zog sich an und briet sich Eier in Butter, während vor dem Küchenfenster das grelle Rosa des Morgenlichts Korallenriffe an den Himmel malte.
    Später, nach dem Mittagessen, schlief er in einem Sessel ein. Als er sich nach einer Stunde alarmiert aufrichtete, hatte er nicht viel von dem Albtraum in Erinnerung, dem er entronnen war, nur, dass darin Katakomben aus Tropfstein vorgekommen waren, in denen es nicht, wie in den meisten Katakomben, Überreste von Skeletten gab, sondern nur leere Bestattungs nischen, die in die gewundenen Wände gemeißelt waren. Etwas Stummes, Unsichtbares, etwas mit unversöhnlichen Absichten, hatte ihn in diesem Labyrinth gesucht und durch die Gänge verfolgt.
    Seine Hände waren so kalt wie die einer Leiche. Er starrte den aufgehenden Mond am unteren Ende jedes seiner Fingernägel an.
    Noch später an jenem düsteren
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