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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus
Autoren: D Koontz
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Plasmabildschirm, stellte die Kamera im Foyer auf Vollbild und sah Senator Earl Blandon aus der Dezembernacht hereinkommen.
    Blandon war eines der Arschlöcher. Er gehörte ins Gefängnis, doch er hatte sich seine Freiheit damit erkauft, dass er Anwälte in Fünftausend-Dollar-Anzügen zusammentrommelte. Zweifellos hatte er auch angedroht, die Hälfte seiner politischen Partei mit sich in den Abgrund zu reißen, wenn seine Parteigenossen die Fäden ihrer Marionettenankläger und ihres Marionettenrichters nicht zu seiner Zufriedenheit zogen, um zu gewährleisten, dass die Muppet Show, die sich Justiz nannte, den von ihm bevorzugten Verlauf nahm.
    Durch die Polizeiarbeit war Devon ziemlich zynisch geworden.
    Mit seinem dichten weißen Haar und seinem Profil, das eine römische Münze hätte zieren können, sah Blandon immer noch aus wie ein Senator, und er schien zu glauben, allein schon dieses Äußere sollte ihm weiterhin den Respekt verschaffen, den man ihm entgegengebrachte, bevor er Schande über sein Amt gebracht hatte. Er war schroff, herablassend und arrogant, und die Haare in seinen Ohren hatten es dringend nötig, geschnitten zu werden, eine Kleinigkeit, die Devon faszinierte, da er selbst geradezu pedantisch war, wenn es um seine Körperpflege ging.
    Blandon hatte im Lauf der Jahre so viel Alk in sich hineingeschüttet, dass er gegen sichtbare Anzeichen von Trunkenheit immun war; sein Rausch zeigte sich nicht mehr an verschliffenen Worten oder einem unsicheren Gang. Statt zu wanken, wenn er voll war, lief er aufrechter, nahm seine Schultern weiter zurück und reckte sein Kinn majestätischer in die Luft als in nüchternem Zustand. Die verräterischen Symptome waren bei ihm eine tadellose Haltung und ein nahezu großspuriges Auftreten.
    Norman Fixxer, der Nachtportier, betätigte den Öffner der Zwischentür im Foyer. Der Türmonitor im Wachraum ließ ein Signal ertönen.
    Blandon gehörte zwar ins Gefängnis und nicht in eine hyper luxuriöse Wohnanlage, war aber trotzdem einer der Wohnungsbesitzer. Wie jeder andere Bewohner des Hauses erwartete auch er, dass seine Intimsphäre gewahrt wurde, sogar in den gemeinschaftlich genutzten Räumen des Pendleton. Devon Murphy verfolgte nie mit den Kameras einen der Bewohner durch Flure und in Aufzüge – mit Ausnahme des ehemaligen Senators, der ungemein unterhaltsam sein konnte.
    Einmal war er so sturzbetrunken gewesen, dass er seine täuschend majestätische Haltung, sowie er das Foyer durchquert und den Flur im Erdgeschoss erreicht hatte, nicht länger auf rechterhalten konnte und auf alle viere gesunken und zum nörd lichen Aufzug gekrochen war – und im zweiten Stock war er schießlich hinausgekrabbelt. Bei einer anderen Rückkehr nach Mitternacht lief er selbstsicher an dem Aufzug vorbei, bog um die Ecke in den Nordflügel, schien plötzlich die Orientierung zu verlieren, öffnete die Tür zum Büro des Portiers, hielt es offen bar für ein Badezimmer und urinierte dort auf den Boden.
    Dieses Büro wurde jetzt immer abgeschlossen, wenn es nicht in Gebrauch war.
    Diesmal fand Blandon den Aufzug ohne Schwierigkeiten und bestieg ihn mit einer Aura von Würde, die einem König geziemt hätte, der in seine Staatskarosse steigt. Als sich die Tür schloss und nachdem er den Knopf für den zweiten Stock gedrückt hatte, blickte er einmal kurz zu der Überwachungs kamera in der Kabine auf und sah sich dann mit einem Ausdruck reiner Verachtung das Wandgemälde mit den Vögeln und den Wolken an.
    Der ehemalige Senator hatte zwei lange Briefe an die Eigentümergemeinschaft geschrieben, in denen er das Wandgemälde in einer Form kritisiert hatte, die er für die Gelehrsamkeit eines Kunstkenners gehalten haben musste. Der Vorstand, in dem mindestens ein echter Kunstkenner saß, empfand den Brief stattdessen als verachtenswert, provokativ und besorgniserre gend. Dem Wachpersonal war zwar nicht unverblümt aufgetragen worden, ein Auge auf Earl Blandon im Aufzug zu werfen, wenn er angetrunken nach Hause kam, doch man hatte es indirekt angedeutet.
    Als der Fahrstuhl jetzt am ersten Stock vorbeifuhr, passierte etwas noch nie Dagewesenes. Ein Ausdruck des Erstaunens trat auf das Gesicht des Senators, als erfülle ihn das Wandgemälde mit Abscheu, und er schloss die Augen … und plötzlich spülten wirbelnde Ströme blauer Statik, die nichts ähnelten, was Devon jemals zuvor gesehen hatte, das Bild vom Schirm. Die fünf anderen Bildschirme, die die Aufnahmen der anderen zwanzig
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