Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachte des Sturms

Nachte des Sturms

Titel: Nachte des Sturms
Autoren: Roberts Nora
Vom Netzwerk:
was sie nicht auseinander nehmen und wieder zusammensetzen konnte? »Ich würde sagen, wenn es für dich an der Zeit ist, die Botschaft zu verstehen, dann wirst du sie verstehen.«
    »Sie weckt in einem das Bedürfnis, ihr zu helfen«, murmelte Brenna zu sich selbst.
    »Du bist ein gutes Mädchen, Mary Brenna. Und vielleicht gelingt es dir einmal tatsächlich, etwas für sie zu tun.«

2
    D a es kalt war und der Wind den Menschen ins Gesicht biss, machte sich Shawn an die Zubereitung eines möglichst dicken, kräftigen Eintopfs. Die morgendliche Stille in der Küche des Pubs war etwas, das er liebte, und so genoss er, während er das Gemüse zerkleinerte und die Lammstücke briet, die letzten Minuten der Ruhe, ehe die ersten Gäste über die Schwelle traten.
    Nicht mehr lange, und Aidan käme herein, um zu fragen, ob dies getan und jenes erledigt worden war. Und dann würde Darcy sich in ihrer Wohnung bewegen, er würde Schritte auf dem Boden und das leise Echo der Musik vernehmen, die sie entsprechend ihrer Stimmung auswählte.
    Doch im Augenblick gehörte das Gallagher’s ihm noch allein.
    Er hätte nicht gerne die Verantwortung dafür gehabt. Die überließ er lieber Aidan. Er war dankbar, dass er der Zweitgeborene war. Trotzdem war der Pub ihm wichtig, der – seit Shamus Gallagher und seine Frau ihn in der Bucht von Ardmore als Stätte der Gastfreundschaft, des Schutzes vor den Unbilden des Wetters und des Genusses von einem Glas guten Whiskeys eröffnet hatten – von einer Generation an die andere übergeben worden war.
    Er war als Sohn eines Gastwirtes geboren und wusste, dass es bei der Arbeit vor allem darum ging, es den hereinkommenden Menschen gemütlich zu machen. Im Verlauf
der Jahre war das Gallagher’s zum Synonym für Behaglichkeit geworden, und es war ebenso für seine seisiuns , das ungezwungene, spontane Spielen traditioneller Musik, wie auch für die inszenierten Aufführungen offiziell engagierter Musiker aus dem ganzen Land berühmt.
    Shawns Liebe zur Musik war ebenso ein Erbteil wie der Pub. Sie war ebenso ein Teil von ihm wie seine blauen Augen oder sein sinnlich sanftes Lächeln.
    Er liebte es, in der Küche zu arbeiten und durch die halb offene Tür den Klängen der Musik zu lauschen. Es stimmte, oft ließ er sich dazu verleiten, seine Arbeit zu verlassen, in den Schankraum hinüberzugehen und in die Melodien einzustimmen. Aber früher oder später bekam jeder Gast sein Essen, was also schadete ein gewisses Maß an Spontaneität?
    Es war selten – nicht ausgeschlossen, aber selten –, dass er etwas anbrennen oder eine servierfertige Mahlzeit kalt werden ließ, denn er war stolz auf seine Küche und auf das, was er dort tat.
    Jetzt stand er, eingehüllt in aromatische Gerüche, vor dem Topf mit eindickender Suppe und gab etwas frisches, selbst gezogenes Basilikum und Rosmarin hinzu. Die Idee mit den selbst gezüchteten Kräutern hatte er von Mollie O’Toole, die er als die beste Köchin der ganzen Gemeinde bewunderte.
    Der Majoran stammte bisher noch aus der Dose, doch bald würde er sich kaufen, was Jude ein Pflanzlicht nannte, und auch dieses Kraut selbst anpflanzen. Nachdem der Eintopf fein genug gewürzt war, sah er nach den anderen köchelnden Gerichten und begann mit dem Schneiden des Kohls für seinen berühmten, kiloweise verlangten Krautsalat.
    Schließlich hörte er über sich die ersten Schritte und einige
Sekunden später die Musik. Shawn erkannte die komplizierte, doch gleichzeitig eingängige Melodie und stimmte gerade zufrieden in den Gesang von Annie Lennox ein, als Aidan durch die Tür kam.
    Aidan trug einen dicken Wollpullover zum Schutz gegen den Wind. Er war breitschultriger und muskulöser als sein Bruder. Sein Haar hatte dasselbe dunkle Kastanienbraun wie das Holz der Theke und bekam im Sonnenlicht denselben rötlich warmen Schimmer. Shawns Gesicht war etwas schmaler und das Blau seiner Augen ein wenig gedämpfter, und trotzdem zeigten sie beide unübersehbar die Gallagher’schen Gene. Niemand, der die beiden sah, würde auch nur für eine Sekunde daran zweifeln, dass sie eng verwandt waren.
    Aidan zog eine seiner Brauen in die Höhe. »Darf man fragen, warum du so grinst?«
    »Ich grinse über dich«, kam die ungerührte Antwort. »Du hast das Aussehen eines Menschen, der mit sich und der Welt durch und durch zufrieden ist.«
    »Weshalb auch nicht?«
    »Tja, weshalb auch nicht.« Shawn schenkte seinem Bruder einen Becher Tee ein. »Und wie geht es unserer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher