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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Unternehmen mit sehr gut qualifizierten Leuten. Das große Syndikat hat uns noch geduldet und benutzt.«
    »Und nun gehörtest du dazu.«
    »Ja. Ich leugne nicht, daß es mir mit achtzehn auch Spaß gemacht hat, die schnellsten und neuesten Wagen zu fahren und wenn es darauf ankam, ganz verrückt.«
    »Das habe auch ich gespürt, Joe.«
    »Aber ein Hengst wie der Schecke wäre mir lieber gewesen als alle Ferrari, Mercedes und Cadillac der Welt. Das habt ihr vergessen.«
    »Wahr, Joe.«
    »Ich hatte auch nicht Lust, auf die Dauer für Mike den Boy zu spielen; ich bin kein Gorilla. Es kam zum ersten Krach. Sie wollten mich fühlen lassen, daß ich ein Nichts sei. Ich ging, wurde Rodeo-Reiter und Boss in einer Slum-Gang, bei den armen Teufeln. Die andern ließen mich aber nicht aus den Augen. Holten mich zurück, ob ich nun wollte oder nicht. Dann kamen die größeren Unternehmen und meine neuen Haftzeiten.«
    »War schwer.«
    »Nicht wie du denkst, Margret. Solange ich noch mit den Organisierten im Einvernehmen stand, war auch die Haft ganz schnurrig. Ein paar Wächter im Einverständnis, Zigaretten und Zeitung alle Tage; ich sang im Kirchenchor, dabei steckten wir uns die Kassiber zu, und ich bereitete den Ausbruch vor. Die schlechten Zeiten kamen, als ich wieder frei war und selbst aufbauen wollte, nicht eine Profit-Gang, sondern eine Rache-Gang. Um mich auf eine ihnen nutzbringende Weise beiseite zu schaffen, haben sie mich als Strohpuppe in einen Mordprozeß verwickelt, und ich erfuhr, was es heißt, allem und allen ausgeliefert zu sein, sogar den Rechtsanwälten, die die Bosse für mich gestellt haben. Das Todesurteil gegen mich schien schon sicher und sollte den anderen decken.«
    »Wen… Joe?«
    »Wen? Sie haben es mir nicht gesagt, natürlich nicht, und ich hätte es nicht beweisen können. Aber es war Jenny. Er hat auch die Indizien gegen mich zusammengestellt, er kannte ja alle Umstände. Damals habe ich gelernt, mich selbst zu verteidigen. Aber ich setzte nur die miserabelste Art des Freispruches durch ›aus Mangel an Beweisen‹…«
    »Jenny haßte dich.«
    »Er hat mir meine paar Leute verdorben, während ich in Haft war, und ich selbst mußte sie dann töten wie tolle Hunde. Sonst hätten sie mir Queenie zuschanden gemacht. Ja, Jenny und ich haßten uns. Er hat sein verdientes Ende gefunden.«
    »Ist es wirklich das Ende, Joe?«
    »Leo Lee ist noch da… Mordspezialist in einer Erpresser-Gang.«
    »Ein professioneller Killer?«
    »Dann wäre er ungefährlich für mich, denn für meine Leiche zahlt niemand mehr. Das ist aus. Die vielleicht gezahlt hätten, sind nicht mehr. Die großen Bosse aber interessieren sich nicht für meinen Tod; für die bin ich zu klein und zu schweigsam.«
    »Warum ist Leo dein Feind, Joe?«
    »Er hat Eugenio das Stilett in den Rücken gestoßen, das ich jetzt trage. Er hat Angst vor mir. Er ist auch nicht nur Berufskiller. Mordspezialist habe ich gesagt. Er arbeitet für Geld, aber er tötet auch aus Haß und bloßer Mordgier. Keine Ordnung in seinem Gehirn, und das kostet ihn noch einmal das Leben. – Er war übrigens ein zweites Mal beauftragt, Mike auszuschalten, als das Syndikat uns die Eier aus dem Nest nehmen wollte. Ich kam hinter die Sache, verdarb ihm das Konzept und das Ansehen bei seinem Boss. Von der Zeit an bekam er keine lohnenden Aufträge mehr. Seit ein paar Jahren sitzt er; ich denke, er hat abgewirtschaftet. Eure Wirtsfrau Esmeralda, hier in New City, ist einmal seine Gangsterbraut gewesen. Sie haßt mich mit Leo zusammen und wollte mir einen Mord an Jerome und Caroline anhängen.«
    »Nimm dich in acht, Joe.« Als Margret bei diesen Worten das Gesicht ihres Bruders sah, lächelte sie verlegen. »Verzeih, ich rede dumm.«
    »Ja, halt lieber den Mund.«
    Inya-he-yukan brach ab, seine Gedanken liefen an den Ausgangspunkt des Gesprächs zurück. »Die Mutter hat an mich geglaubt.«
    »Immer, Stonehorn, und sie wußte, daß in deine Haut unsere Zeichen eingebrannt sind. Wir haben an dich geglaubt, auch als du bei den Gangs gewesen bist und die Polizei bei uns nach dir suchte und uns Diebs- und Hehlergesindel schimpfte. Bevor die Mutter starb, hat sie mir ein kleines Ding übergeben, und da sie es so heilig hielt, muß es mehr sein als ein Souvenir. Sie sagte, es hänge mit deinem Namen zusammen.«
    »…, den sie mir gab.«
    Margret holte eine Muschel hervor, deren Schale jedem Angreifer mit vielen scharfen Spitzen drohte. Joe hielt sie an das Ohr und hörte
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