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Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
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der nachdenklichen Schönheit verbreitete.
    Nachdem die Früchte abgetragen waren, begaben sich alle in den Salon; Lady Bunting hielt es für unsinnig, wenn die Frauen sich alleine zurückzogen, zumal nur so wenige anwesend waren. Außerdem war der »Salon« ja kein wirklich separater Raum. Alcy kam zwischen Lady Bunting und Sir Edward zu sitzen, während der Sultan weiter auf seinem Diwan verharrte.
    Nach ein paar Minuten oberflächlichen Plauderns rief Lady Bunting ihrem Ehemann zu: »Ich sagte gerade, Admiral, wäre es nicht entzückend, wenn die Gräfin zu uns zöge? Der Palast ist ganz in der Nähe, aber es ist sicher schwierig für sie, so wenig Vertrautes um sich zu haben.« Ihr Tonfall war ganz beiläufig, hatte jedoch etwas Einstudiertes an sich. Alcy spürte, wie plötzlich Spannung in der Luft lag. Sie wagte nicht, den Sultan anzusehen.
    Der Admiral schien ganz in Gedanken versunken, hatte aber ebenfalls einen angespannten Zug um die Augen. »Ich glaube auch, dass sie sich bei uns wohler fühlen würde«, stimmte er zu. »Gräfin Severinor?«
    Alcy hatte das Gefühl, auf einem Seil über einem Abgrund zu balancieren. »Ich möchte Seine Majestät nicht
beleidigen«, sagte sie, um einen demütigen Tonfall bemüht, der sich dennoch nicht allzu devot anhörte. »Und das mir zugewiesene Zimmer ist in der Tat sehr komfortabel. Aber ich habe schreckliches Heimweh und fände es herrlich, mich in einer Umgebung aufzuhalten, die etwas englischer anmutet.«
    Der Sultan erwiderte nichts, und Alcy fürchtete, dass sie ihn direkt würde ansprechen müssen, um eine Antwort zu bekommen. Doch schließlich sah er den Admiral an und sagte in die angespannte Stille: »Es ist nur natürlich, dass die Gräfin von Severinor ihre Landsleute vermisst.« Er schien ihren Titel mit einer leisen Ironie auszusprechen, aber vielleicht lag das ja auch nur an seinem Akzent. »Natürlich kann sie zu Ihnen ziehen, dort ist sie sicher glücklicher, und es war schon immer meine Absicht, meine Gäste glücklich zu stimmen. Wir schicken sie morgen zu Ihnen.«
    »Danke«, sagte der Admiral feierlich.
    Der Sultan lehnte sich kommentarlos zurück.
    Danach nahm Lady Bunting Alcy völlig in Beschlag, redselig vor einer Erleichterung, die Alcy nicht zu teilen vermochte. Dumitru war kein bisschen sicherer als zuvor, und die Buntings hatten keine Möglichkeit, auf sein Schicksal Einfluss zu nehmen. Solange er noch in Gefahr war, konnte auch sie sich nicht sicher fühlen. Deshalb verspürte Alcy eine zunehmende Dringlichkeit, während die anderen Gäste sich entspannten, Minute auf Minute verstrich und sie nichts zu Stande gebracht hatte.
    Schließlich zog Mr. Roux Lady Bunting mit einem beiläufigen Kommentar ins Gespräch, während Admiral Bunting mit Mr. Boyd plauderte, diesmal über Schiffe.
Und Alcy hatte zum ersten Mal Gelegenheit, sich ungestört mit Sir Edward zu unterhalten.
    Er sprach als Erster: »Es sieht so aus, als würden Ihre Strapazen ein Ende nehmen.« Er schlug einen fragenden Tonfall an, als rechne er mit Widerspruch.
    Den zu äußern fiel ihr leicht. »Meine eigenen Strapazen kümmern mich nicht.« Ihre Worte waren gedämpft, eindringlich und ein wenig melodramatisch – und doch hätte sie auf die Aufrichtigkeit eines jeden ihr Leben gesetzt.
    Sir Edward zog eine Augenbraue hoch. »Ich fühle mich nach diesem Gelage etwas beschwert. Würden Sie mit mir einen Rundgang durch den Saal unternehmen?«
    Alcy blinzelte, weil er genau die Frage stellte, auf die sie hinauswollte. »Natürlich«, murmelte sie, erhob sich und nahm seinen Arm.
    Er geleitete sie lässig und diskret zu einem der Bogengänge am Rand des Saales, dessen Säulen sie ein wenig vom Podium und den anderen Gästen abschirmten. Die Entfernung erlaubte es ihnen, sich miteinander zu unterhalten, ohne fürchten zu müssen, dass jemand mithörte.
    »Sie müssen große Angst um Ihren Ehemann haben«, sagte Sir Edward ernst.
    Es passierte alles viel zu schnell. Alcy hatte mysteriös und elegant wirken und kleine, traurige Bemerkungen fallen lassen wollen, um Sir Edward in einen Zustand hingebungsvoller Inbrunst zu versetzen. Stattdessen zog er sie zur Seite und stürzte sich direkt auf das Problem, ohne ihr eine Chance zu geben, ihn auf ihre Seite zu bringen. »Natürlich habe ich Angst«, erwiderte sie, und die Worte kamen ein wenig abrupt und ungeschlacht heraus. »Wie auch nicht?«

    »Es war eine Heirat – eine Entführung, wollte ich sagen – nach Ihrem Geschmack«,
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