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Nacht der Vampire

Nacht der Vampire

Titel: Nacht der Vampire
Autoren: Raymond Giles
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sie.
    Duffy fuhr an den Straßenrand, holte tief Luft, seufzte hörbar und stellte den Motor ab. Genau vor ihnen lag eines der wenigen Geschäfte, das um diese Stunde noch geöffnet war. Auf dem Schild im hell erleuchteten Fenster stand:  Haus- und Grundstücksmakler Jacobs.
    Duffy lächelte ihr zu. »Ich hole nur schnell die Schlüssel.«
    »Ich vertrete mir solange die Beine.«
    Sie blieb vor der Gittertür des Büros stehen, während Duffy eintrat.
    Neugierig suchte sie die Straße nach neuen oder altvertrauten Häusern ab. Die Schaukästen des Kinos an der gegenüberliegenden Seite waren bereits finster, aber im Warteraum brannte noch Licht. Und die Konditorei an der Ecke unten wartete auf das Geschäft nach Kinoschluß.
    »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie warten ließ«, ertönte eine Stimme. Sicher war es Jacobs, der da sprach. Die Stimme ließ auf einen dicken Besitzer schließen.
    »Im Gegenteil, ich muß mich entschuldigen«, antwortete Duffy. »Durch den Nebel haben wir uns verspätet —«
    »Das macht doch nichts. Ich wohne ja im Haus. Aber der Nebel ist wirklich fürchterlich, wie? Kann mich gar nicht entsinnen, daß er jemals so lange angehalten hat.«
    »Ich glaube, er lichtet sich bereits etwas.«
    »Wäre an der Zeit. Tja, Augenblick . .., wo habe ich bloß die Schlüssel hingelegt. . .?«
    Roxanne fand die Stimme des Mannes schrecklich unsympathisch. Es war dumm, einen Menschen nach seinem Organ zu beurteilen, aber die Stimme troff von unechter Herzlichkeit und klang so ölig, daß sie sofort mißtrauisch wurde. Sie wollte sich gar nicht umdrehen und durch das Gitter blicken, um den Mann zu sehen.
    »Sie haben Glück, daß Sie dieses Haus mieten konnten«, sagte Jacobs. »Es ist eines der hübschesten am See. Klimaanlage, zwei Kamine — alles da. Praktisch das ganze Jahr über bewohnbar. Die Besitzer befinden sich auf einer Europareise.«
    »Wie sieht es mit der Stromversorgung aus?« fragte Duffy.
    »Oh, der Strom ist eingeschaltet, der Öltank gefüllt und das Telefon angeschlossen — genau, wie Sie es wünschten. Außerdem haben Sie eine neue Nummer, dadurch werden Sie keine Fehlanrufe bekommen. Leider bin ich nicht dazu gekommen, die Fensterläden zu öffnen. Die sind nämlich von innen verriegelt und —«
    »Ich werde mich bestimmt zurechtfinden.«
    Der Mann kicherte. »Sie erinnern sich wohl nicht mehr an mich, wie?«
    »Tja —«
    Aus dem Kino gegenüber strömten die Zuschauer. Sie ergossen sich auf den Gehsteig und die Straße. Einige steuerten die Konditorei an, andere stiegen in ihre Wagen. Ein paar kamen direkt auf Roxanne zu.
    Panik erfaßte sie. Man würde sie sehen, sich an sie erinnern. Alle überwunden geglaubten Ängste wurden wieder lebendig. Die Schlange war erwacht und bäumte sich auf. Sie hatte Sanscoeurville aus gutem Grund verlassen. Es war Wahnsinn gewesen, zurückzufahren.
    Die Panik hielt zwar nur wenige Sekunden an, aber sie genügte Roxanne, um die Gittertür aufzustoßen und zu Duffy ins Büro des Häusermaklers zu laufen. Schutzsuchend griff sie nach Duffys Arm. Das Lächeln des Mannes erstarb. Mehr sah sie in dem hellen Bürolicht nicht, weder Duffy selbst noch die Einzelheiten des Büros, bloß das ersterbende Lächeln.
    Der Mann hatte sie erkannt, selbst wenn sie sich nicht mehr an ihn erinnerte.
    Ihre Furcht legte sich. Jetzt war es also soweit. Ergeben fügte sie sich darein. Es gelang ihr sogar ein Lächeln.
    »Sie erkennen mich, nicht wahr?« murmelte sie.
    Zögernd kehrte das Lächeln des Dicken wieder. »Sie sind doch die Sanscoeur-Tochter, nicht wahr? Die vor Jahren von hier verschwand?«
    »Richtig.«
    »Meine Frau«, sagte Duffy brüsk und trocken.
    Der Blick des Dicken huschte flink von einem zum anderen. Sein Lächeln wurde zum schiefen Grinsen.
    »Hat man Töne«, sagte er leise. »Duffy Johnsons Frau ist also . . . « Er sagte nicht  das Wolfmädchen,  sondern ergänzte nach kurzem Zögern ». . . die Sanscoeur-Tochter.«
    »Die Schlüssel, Mr. Jacobs —«
    »Meinen herzlichsten Glückwunsch Ihnen beiden. Da fällt mir eben ein – kein Wunder, daß ich die Schlüssel nicht finde -, ich habe sie oben in der Wohnung gelassen. Ich hole sie sofort. Bin gleich wieder da.«
    Er drehte sich um und stapfte aus dem Zimmer.
    Roxanne zupfte Duffy am Ärmel und lächelte krampfhaft. »Er hat mich erkannt ... er erinnert sich an sämtliche alten Geschichten.«
    »Mach dir keine Sorgen. Wir werden einen wunderbaren Urlaub verleben. Wart’s nur ab.«
    Mr.
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