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Nacht der Vampire

Nacht der Vampire

Titel: Nacht der Vampire
Autoren: Raymond Giles
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Vielleicht hocken dort ein paar Eichhörnchen und besprühen uns mit Tropfen. Du hast einfach zu lange in der Großstadt gelebt. Außerdem bist du übermüdet und brauchst dringend einen ausgiebigen Schlaf.«
    »Jawohl, Doktor!« sagte sie bedrückt.
    Selbst als er sie ins Haus führte, zitterte sie noch.

4
    Sie hatten breite, flache, pelzige Schädel. Die Muscheln der großen, rautenförmigen Ohren öffneten sich nach vorne, die Schnauzen waren kurz, die Nasen breit und aufgestülpt und oben zwischen den Nasenlöchern gespalten. Die kleinen tiefliegenden Augen wirkten sonderbar menschlich. Die Mäuler glichen einem breiten, dauernd offenen Schlitz mit kleinen, spitzen, braun verfärbten Zähnen.
    Im Gegensatz zu ihren kleineren Artgenossen stießen sie durch die Nasenlöcher einen vernehmlich gackernden, schnalzenden Laut aus. Oft gaben sie auch ein ersticktes Lachen von sich oder bemühten sich mit ihren ungeeigneten Kehlen zu sprechen.
    Zumeist schwärmten sie in Vollmondnächten aus. Dann kreisten sie, stießen im Sturzflug herab, stiegen flügelschlagend zu den Sternen auf und blähten ihre Schwingen im Mondlicht wie schwarze Segel. Manchmal flogen sie auch bei heftigen Unwettern oder dichtem Nebel aus, weil sie sich dann in den Baumkronen niederlassen oder an Efeuranken hängen konnten, ohne befürchten zu müssen, daß jemand sah, wie sie auf ihre Opfer lauerten.
    Sie kannten nur eine einzige Speise, einen einzigen Trunk: Menschenblut.
    Das große bunte Fenster hoch oben in der verwitterten Mauer von Sanscoeur stand offen. Nebel und trübes, dunkelgraues Licht quoll in den Raum mit dem Altarsarg und dem Fledermausteufel auf dem Tabernakel. Hände schoben sich aus einem schwarzen Mantel, rissen ein langes Streichholz an und entzündeten die Kerzen auf dem Altar.
    Etwas Schwarzes, in der Nacht kaum Erkennbares glitt schattengleich am Fenster vorbei. Im nächsten Augenblick scharrte es an der Außenwand, und eine lange gebogene Kralle klammerte sich ans Fensterbrett. Im offenen Fenster erschien ein schwarzes Geschöpf. Es faltete die Schwingen und kroch in den Raum.
    Sieben hatten sich eingefunden, zwei davon trugen schwarze Umhänge. Die anderen fünf standen aufrecht, stützten sich aber auf die Krücken ihrer gefalteten Schwingen.
    »Sie — kommen!«
    Die mühsam ausgestoßenen Töne ließen sich kaum als Worte erkennen. Wie ein Bellen, Knurren oder Fauchen lösten sie sich aus dem Mund. Die anderen Wesen scharrten und schnalzten aufgeregt.
    »Alle — kommen!«
    »Alle — da!«
    »In — unseren — Händen!«
    »Unseren — Zähnen!«
    »Unseren — Zungen!«
    »Bauch — vollschlagen — Höllenfürst!«
    Sie lachten gedämpft. Die Menschen und die Unmenschen unter ihnen würgten an ihrem Gelächter, kicherten und schnaubten, ächzten und schluchzten, und die Fünf mit den gefalteten Schwingen gaben Geräusche von sich, die wie das Knattern eines Maschinengewehrs klangen.
    »Sechs — und — sie!«
    »Sie!« sagte ein geflügeltes Wesen leidenschaftlich. »Sie — sie — sie!  Wolf!«
    »Sans — coeur!«
    »Letzte Sans — coeur!«
    »Töten!«
    »Nein! Nicht!« »Sans — coeur — töten!«
    »Nein! Nein!«
    »Töten – töten – töten!« leierten die anderen.
    »Nein! Nicht – töten!«
    Der Aufruhr legte sich. Die kleinen Schweinsäuglein und die dunklen Umhänge wandten sich dem Wesen zu, das zuletzt gesprochen hatte.
    »Du hast einen Plan«, erklang eine Stimme aus einer Kapuze. »Einen neuen Plan!«
    »Ja!«
    »Einen Plan für das Sanscoeurer Wolfmädchen!« ergänzte eine andere, schwarz vermummte Gestalt.
    »Sag — uns!« begehrten die anderen. »Sag — uns —  uns  —  uns!«
     
    Aus purer Neugier hatte Zachary Hale beschlossen, die Ankunft Duffy Johnsons abzuwarten. Er hatte sich in seinen Wagen gesetzt und war in die Nebenstraße eingebogen, durch die Duffy einfahren mußte. Dann aber überlegte er sich die Sache und hielt in einer anderen Nebenstraße an, von wo aus er die Fenster von Duffys Haus beobachten konnte.
    Er wartete, zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich in die Polster und starrte in die Dunkelheit. Er hatte mit Duffys Kommen gerechnet. Es war ihm daher nicht schwergefallen zu erfahren, wann sein alter Freund erwartet wurde und wo er wohnen würde. Schließlich würde die ganze Stadt — oder zumindest jene, die nur das leiseste Interesse daran hatten — morgen wissen, daß er mit dem verschrienen Wolfmädchen zurückgekehrt war. Zachary hatte
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