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Nacht der Vampire

Nacht der Vampire

Titel: Nacht der Vampire
Autoren: Raymond Giles
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Parallel dazu aber verlief seine zweite Karriere, zu der diese seltsamen Beschwörungen paßten.
    Er lächelte, war aber viel zu klug, um sich selbst zu verheimlichen, daß er Angst hatte. Reglos lag er in seinem weißen Pyjama da, rauchte, beobachtete das Morgenrot, das durch sein Fenster kroch, lauschte und dachte nach.
    Vor dreizehn Jahren hatte er gewisse Eide abgelegt. Zwar war es dabei ziemlich kindisch und dilettantisch zugegangen, aber immerhin waren es bindende Schwüre gewesen. Dreizehn Jahre lang hatte er versucht, diese Fesseln zu sprengen. Dreizehn Jahre lang hatte er gehofft und geglaubt, es sei gelungen, seine Seele freizukaufen.
    Jetzt war er sich dessen nicht mehr ganz so sicher.
    Er dachte an die anderen. Ob sie den Ruf ebenfalls vernommen hatten? Waren sie in jüngster Zeit von halbvergessenen Träumen geplagt worden? Hoffentlich nicht. Er wünschte ihnen alles Gute. Vermutlich hatten seine damaligen Freunde längst jedes Interesse an der schwarzen Magie verloren. Er war wohl der einzige, der sich unablässig bemühte, sie alle vor der Verdammnis zu bewahren. Wenn auch die anderen den Ruf nach Sanscoeurville hörten, dann waren sie wehrlos.
    Der Gedanke machte ihn nervös, und er stand auf. Er war mager und drahtig, dunkel und nicht groß. Er ging zum Fenster und blickte auf die Place Vendome hinab. Der Frühnebel lag über Paris. Er lauschte dem Straßenlärm und starrte die Säule in der Mitte des Platzes an.
    »Komm zurück!«
    Der Ruf drang von einer abgelegenen Kleinstadt im Staate New York über Tausende von Meilen zu ihm. Im Augenblick lag die Gefahr in weiter Ferne und konnte ihm nichts anhaben. Aber er war noch nie vor dem Bösen geflohen, sondern hatte es mit seinen eigenen magischen Künsten bekämpft. So mancher Hexer, Magier und Dämon hatte gelernt, ihn zu fürchten.
    Trotzdem hatte er jetzt Angst wie selten zuvor.
    Dieser Ruf galt ihm persönlich. Wich er ihm aus Feigheit aus, dann fand ihn der nächste Ruf um so schwächer und ängstlicher vor. Nichts bewies, daß jene Schwüre, die er und andere vor dreizehn Jahren abgelegt hatten, hinter dieser magischen Beschwörung standen. Sollte es aber doch der Fall sein, dann würde er erst wieder Ruhe finden, wenn er diesem Ruf folgte.
    Präsentierte die Vergangenheit ihm die Rechnung, dann erging es jenen fünf Leuten, an die er eben erst gedacht hatte, bestimmt nicht anders. Im Gegensatz zu ihm waren sie jedoch unfähig, sich abzuschirmen. Die Verteidigung war seine Aufgabe, denn er hatte sie damals dazu angespornt, jene verfluchten Schwüre zu leisten.
    Ja, er hatte eine Verpflichtung.
    »Komm zurück!«
    »Ich komme!« sagte er laut.
     
    Ein letztes Mal flackerte die Kerze auf und erlosch. Es roch nach heißem Wachs. Das Licht hinter den bunten Fensterscheiben vertiefte sich, reichte aber nur bis zum Altar mit der Skulptur des schwarzen Fledermausteufels. Aus dem Räucherbecken stieg schwacher Geruch auf.
    Die Dreizehn hatten sich in den Schatten ihrer Mäntel und Kapuzen zurückgezogen. Links und rechts von dem purpurrot bekleideten Dreizehnten saßen je sechs reglose, schwarze Gestalten. Wieder waren eine Beschwörung und eine schwarze Messe beendet. Sobald wieder sieben oder mehr Sektierer zusammentrafen, würden die Riten wiederholt werden, bis sie endlich den gewünschten Erfolg erbracht hatten. Im Augenblick aber mußten sie zum Aufbruch rüsten.
    Dazu bedurfte es einer stummen Vereinigung mit den Mächten der Unterwelt. Vorher war noch eine kurze Sammlung nach der Teufelsanbetung und den bösen Wünschen nötig, auf die sie alle Kraft konzentriert hatten. Reglos wie Bildwerke aus schwarzem oder rotem Stein hockten die verstummten Gestalten vor dem Altar.
    Plötzlich durchrieselte jeden einzelnen neue Kraft, als hätte der Teufel selbst ihn an der Schulter berührt. Den Anfang machte der Dreizehnte. Die scharlachrote Gestalt erhob sich und stieß einen lauten Seufzer aus. Ein verhülltes Haupt nach dem anderen hob sich. Nackte Sohlen schlurften über den Boden.
    Der Dreizehnte ging zum Altar. Sein linker Nachbar folgte ihm, dann der rechte Nachbar; nach und nach bildeten sie eine Reihe. Sie zogen eine volle Runde um den Altar. Dann ging der Dreizehnte zum Fenster voran. Die anderen drängelten hinterher.
    Einer löste den Riegel in der Mitte des Fensters. Zwei andere stemmten die beiden Fensterflügel weit auf. Der Himmel schimmerte im Licht von Mond und Sternen. Frische Luft drang in den Raum und vertrieb den Pesthauch.
    Der
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