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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Ho­ fer bekümmert und erregt. »Schlimmer hätt’s nicht laufen kön­ nen. Dieser idiotische König hat nichts anderes geschafft, als sich vor dem Haupttor in die Luft zu jagen.«
    »Dann war er aber sehr unvorsichtig«, bemerkte
    Rommel trocken. »Jetzt beruhigen Sie sich, Konrad. Hier, noch ein Glas Champagner, dann duschen Sie und kommen erst mal wieder zu sich.«
    Hofer verschwand im Badezimmer, während Rommel vor dem Spiegel seine Uniform zurechtrückte. Er war dreiundfünf­ zig, mittelgroß, stämmig und untersetzt. Aus seinem Gesicht sprach ein starker Wille, und er verbreitete eine Aura der Macht, die etwas Greifbares hatte. Seine Uniform war schlicht gehalten, als einzige Orden trug er den Pour le Merite, den be­ rühmten Blauen Max, den er im Ersten Weltkrieg als junger Infanterieoffizier erhalten hatte, und das Ritterkreuz mit Ei­ chenlaub, Schwertern und Brillanten. Allerdings konnte man bei diesen Auszeichnungen leicht auf alle anderen Orden ver­ zichten.
    Hofer erschien im Bademantel in der Tür und rieb sich das Haar trocken. »Olbricht und einige seiner Leute sind außer sich – was man ihnen nicht verdenken kann. Die Gestapo oder der SD können jederzeit die Spur aufnehmen.«
    »Ja«, meinte Rommel, »Himmler mag als Hühnerzüchter begonnen haben, aber er ist kein Dummkopf. Wie hat von Stauffenberg reagiert?«
    »Er lässt nicht locker und schlägt vor, dass Sie sich innerhalb der nächsten Tage mit den Generälen von Stülpnagel und Fal­ kenhausen treffen.«
    »Mal sehen, was ich tun kann.«
    Hofer war ins Badezimmer zurückgekehrt und legte die Uni­ form wieder an. »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Wenn Himmler sich Ihretwegen Gedanken macht, werden Sie vielleicht schon beobachtet.«
    »Ach, mir fällt schon etwas ein«, antwortete Rommel. »Be­ eilen Sie sich. Die Männer wollen mir etwas vorführen, und ich möchte sie nicht enttäuschen.«
    Die Aufführung fand im großen Saal des Schlosses statt. Rommel, Hofer und die Regimentsoffiziere nahmen die für sie reservierten vorderen Plätze ein; weiter hinten im Saal standen die Mannschaften oder saßen auf der breiten Treppe.
    Ein junger Gefreiter trat vor den primitiven Vorhang, ver­ beugte sich, setzte sich an den Flügel und begann leichte Musik zu spielen. Nach höflichem Applaus stimmte er das Lied der Fallschirmjäger an, das von Stalingrad bis Nordafrika gesungen worden war. Der Vorhang ging auf und zeigte den Regiments­ chor, der schwungvoll zu singen begann. Hinten im Saal erhob sich Jubelgeschrei, und die Zuschauer, einschließlich der Offi­ ziere, begannen mitzusingen. Übergangslos stimmte der Chor ein vielstimmig gesungenes Wir fliegen gegen Engeland an, eine Wahl, die Rommel unpassend fand. Interessanterweise versuchte niemand das Horst-Wessel-Lied mitzusingen. Unter tobendem Beifall schloss sich der Vorhang, dann erschienen mehrere Musiker, gruppierten sich um das Klavier und spielten einige Jazznummern. Danach wurde die Beleuchtung gelöscht, und es gab eine Pause.
    »Was kommt jetzt?«, wollte Rommel wissen.
    »Warten Sie’s bitte ab, Herr Generalfeldmarschall. Etwas Besonderes, das kann ich Ihnen versichern.«
    Kurze Zeit später stimmte der Klavierspieler das Lied an, das bei den deutschen Streitkräften am beliebtesten war: Lili Mar­ leen. Der Vorhang ging auf und offenbarte in der Mitte der Bühne einen Barhocker, auf den ein primitiver Scheinwerfer gerichtet war. Plötzlich erschien Marlene Dietrich im Lichtke­ gel – und schien geradewegs aus dem Blauen Engel zu kom­ men. Zylinder, schwarze Strümpfe und Strumpfhalter. Während im Publikum herausfordernd gepfiffen wurde, setzte sie sich und begann Lili Marleen zu singen – und die ergrei­ fende bittersüße Melodie ließ im Saal völlige Stille einkehren.
    Dass da oben ein Mann sang, hatte Rommel sofort gesehen, aber die Nummer war ausgezeichnet, und er klatschte begei­ stert Beifall. »Donnerwetter noch mal, wer ist denn das?«, wandte er sich an Oberst Halder.
    »Unser Ordonnanzgefreiter Berger. Er ist wohl früher mal im Kabarett aufgetreten.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Rommel. »Kommt noch mehr?«
    »O ja, Herr Generalfeldmarschall. Noch etwas ganz Beson­
    deres.«
    Wieder traten die Musiker auf, und der Chor sang einige Stücke mit. Nach einer zweiten Pause ertönte ein gleichmäßi­ ges dumpfes Trommelrasseln. Der Vorhang öffnete sich, die Bühne war nur schwach erleuchtet. Während der Chor aus dem Hintergrund das Lied des

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