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Nacht der Dämonin / Magischer Thriller

Nacht der Dämonin / Magischer Thriller

Titel: Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
Autoren: Kelley Armstrong
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anchen Leuten ist nicht mehr zu helfen. Sie haben sich selbst eine Grube gegraben, bei der kein Seil mehr lang genug ist, um sie herauszuziehen, und in solchen Fällen muss ich sagen: »Es tut mir leid. Es gibt nichts, das ich da tun könnte.«
    Ich hatte die Akte des Schamanen auf dem Schreibtisch liegen, seine Telefonnummer stand darauf, ich konnte ihm also mitteilen, dass ich ihn in seiner Auseinandersetzung mit der Nast-Kabale nicht vertreten würde. Aber ich verabscheute es, nein zu sagen, und so sortierte ich stattdessen Büroklammern. Ich sortierte sie erst der Größe und dann der Farbe nach, während ich auf das Klicken von Paiges Tastatur lauschte, das von der anderen Seite der Trennwand her zu mir herüberdrang.
    Warum hatten wir eigentlich so viele verschiedene Büroklammern, obwohl der größte Teil der Schreibarbeit elektronisch erledigt wurde? Lag es einfach daran, dass ein Büro ohne Büroklammern undenkbar war? Oder dienten sie einem höheren Zweck – ein Spielzeug, mit dem man sich beschäftigen konnte, wenn man eigentlich hätte arbeiten sollen?
    Ich wischte die Klammern zur Seite. Die Sache hinauszuschieben würde sie nicht einfacher machen.
    Als ich gerade nach dem Telefon griff, leuchtete das Lämpchen für den externen Anschluss auf. Rettung in letzter Minute – das Klingeln hallte zwei Mal durch den stillen Flur, bevor ich ein verschlafenes »Guten Morgen. Cortez-Winterbourne Investigations« zu hören bekam. Savannah, unsere achtzehnjährige Pflegetochter und zeitweise Büroassistentin.
    Ich wartete darauf, dass entweder mein Apparat oder der von Paige zu klingeln begann, aber das Lämpchen blinkte weiter. Wenn es für Adam war, dann müsste Savannah mittlerweile klar sein, dass er nicht da war. Wenn wir nicht gerade etwas Aufregendes zu erledigen hatten, tauchte er nicht vor halb zehn auf.
    Savannah erschien in der Tür. »Der Anruf ist für Sie, Sir«, sagte sie mit einem Knicks.
    Ein tiefer Seufzer flatterte von der anderen Seite der Trennwand herüber.
    »Hey, er hat gesagt, ich müsste meinen Sekretärinnenpflichten in einem ›förmlicheren‹ Stil nachkommen.«
    »Er hat ›Geschäftsstil‹ gesagt«, antwortete Paiges körperlose Stimme.
    »Irgend so was halt.«
    Savannah kam auf mich zugestiefelt und setzte sich auf die Schreibtischkante, wobei sie sich den Rock über die Knie hochschlug. Es war ein schwieriges Unterfangen gewesen, sie aus ihren Jeans herauszubekommen, aber die Eitelkeit hatte gesiegt, als ihr aufgegangen war, dass die Bürokleidung ihr stand. Mittlerweile fühlte sie sich wohl in den Sachen und in ihrer Rolle. Zu sehr, wie wir fürchteten.
    Als Savannah beschlossen hatte, sich nach der Highschool ein Jahr freizunehmen und für uns zu arbeiten, waren wir davon ausgegangen, dass sie sich begeistert fürs College entscheiden würde, sobald sie erlebt hatte, wie langweilig der Büroalltag sein konnte. Aber der Abgabetermin für die Bewerbung rückte näher, und die Formulare lagen unberührt auf ihrer Kommode.
    Als ich nach dem Hörer griff, sagte sie: »Übrigens, es ist dein Dad.«
    Mein Magen vollführte den vertrauten Purzelbaum. Paige spähte um die Trennwand herum, grüne Augen und ein skeptischer Mund, gerahmt von langem dunklem Haar. Sie scheuchte Savannah in den Gang hinaus, folgte ihr und schloss die Tür hinter sich. Beider Schritte entfernten sich den Flur entlang, bis ich mit dem Summen des Computers und dem blinkenden Lämpchen allein war.
    Ich griff nach dem Wasserglas und trank einen großen Schluck. Das Wasser war von gestern – lauwarm und abgestanden. Ich nahm einen zweiten Schluck und ging dann ans Telefon. »Guten Morgen, Papá.«
    »Lucas. Dies ist doch nicht zu früh, oder?«
    »Ich bin schon seit acht da.«
    »Gut, gut. Wie geht es Paige?«
    Und in diesem Stil ging es noch fünf Minuten lang weiter. Wie ging es Paige? Wie ging es Savannah? Wie gingen die Geschäfte? Bewährte sich das neue Büro? Ich hatte keinerlei Einwände dagegen, Konversation mit meinem Vater zu machen, aber ich wusste genau, dass dies lediglich die Einleitung zu etwas weniger Erfreulichem war. Er hatte um Punkt neun Uhr pazifischer Zeit angerufen – zur frühesten vertretbaren Uhrzeit. Das konnte bedeuten, dass es wichtig war, oder lediglich, dass er bei mir diesen Eindruck erwecken wollte. Bei meinem Vater war beides gleich wahrscheinlich, und beides bot Anlass zur Besorgnis.
    »Der Grund für den Anruf …«, begann er schließlich.
    »Ja, Papá?«
    »Es geht um
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