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Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche
Autoren: Kuhn Kuhn
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Ich hätte sogar Indizien gegen sie, aber die nützen mir nichts. Sie hat für alles eine Erklärung, die womöglich sogar wahr ist. Der Einzige, der sie wirklich belasten könnte, der ist tot. Kevin, der Idiot, beseitigt nicht nur die Leiche und vernichtet alle Spuren, sondern lässt sich dann auch noch von der eigenen Frau abstechen. Wobei es fraglich ist, ob Elsbeth Wehrli überhaupt Spuren hinterlassen hat. Fingerabdrücke von ihr in der Wohnung sind nichts wert, sie gibt ja zu, dort gewesen zu sein. Und auf der Spritze befinden sich nur die von Berti. Selbst wenn sie nicht an genau der richtigen Stelle sind, was darauf hindeutet, dass ihr jemand die Spritze nachträglich in die Hand gedrückt hat. Das kann auch Kevin gewesen sein. Verstehst du, Meret, es ist zum Brüllen, ich kann nichts dagegen tun.«
    »Und wenn man sie verhört, bis sie einbricht?«
    »Ich habe nicht einmal genug in der Hand, sie vorzuladen. Außerdem, Beer hat den Fall offiziell abgeschlossen. Für ihn ist Kevin der Täter und Punkt. Ich kann es ihm nicht verdenken. Er war wirklich fair zu mir und hat mich machen lassen. Aber handfeste Beweise, die ihn umgestimmt hätten, konnte ich ihm keine bringen.«
    Sie schweigen beide lange Zeit.
    Noldi glaubt, Meret sei eingeschlafen. Plötzlich kann er es nicht ertragen, mit seiner Enttäuschung allein zu sein. Er bewegt sich und Meret sagt: »Ich bin noch wach.«
    »Verstehst du«, sagt er heftig zu ihr, »ich habe nie an den perfekten Mord geglaubt. Aber das könnte einer sein.«
    »Und damit kannst du nicht leben«, ergänzt sie mitfühlend.
    »Schlecht«, sagt er.

21. Eine kleine Reisetasche
    Samichlaus, der sechste Dezember, ist für die Familie Oberholzer stets ein Anlass zur Geselligkeit. Alle verfügbaren Tische werden in der Stube aneinandergerückt, aus dem ganzen Haus Stühle herbeigeschleppt. Meret steht stundenlang in der Küche, um Grittibänze zu backen, Figuren aus Hefeteig mit Rosinen als Augen und kunstvoll geflochtenen Zöpfen. Fitzi arbeitet hingebungsvoll mit und sogar Pauli erklärt sich bereit zu helfen. Seine Figuren stellen alle Hundedamen in kurzen Röckchen dar und Hundeherren mit Pfeife und hängenden Ohren.
    Der Junge ist still seit dem Erlebnis in Neugrüt, nachdenklich, aber weder verängstigt noch betrübt. In der Schule war er ein paar Tage lang der Held, eine Rolle, die er gutmütig ertrug, ohne sie besonders zu schätzen. Er blieb wortkarg, wenn er mit Fragen bestürmt wurde, und sobald man ihn wieder in Ruhe ließ, schien es, als schüttle er sich wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt.
    Meret bemüht sich, für ihn da zu sein, doch er ist ein zäher kleiner Bursche, der gut mit sich selbst fertig wird. Wann immer sie es ihm erlaubt, verbringt er die Freizeit mit seinem Freund Bayj. Betti und Meret sind sich einig, das Erlebnis im Neugrüt hat einen Entwicklungsschub bei ihm ausgelöst.
    Als Betti und Hans am sechsten Dezember im Hause Oberholzer eintreffen, verschwindet Betti zu ihrer Schwester in die Küche.
    »Stell dir vor«, sagt Meret, während sie gemeinsam den Aufschnitt auf die Teller verteilen, »Pauli bringt plötzlich bessere Noten nach Hause, obwohl er nicht länger über den Aufgaben sitzt.«
    Hans gesellt sich währenddessen zu seinem Schwager, der riesige Schüsseln mit Erdnüssen, Baum- und Haselnüssen füllt.
    Noldi ist jetzt ständig schlechter Laune, was bei ihm selten ist. Sogar seine sonst sehr großzügige Frau hat gegen sein saures Gesicht protestiert. Er weiß selbst, es ist eine Zumutung für die Familie, aber er kann nicht anders.
    Berti Walter ist seit knapp einem Monat tot, der Fall abgeschlossen. Testament ist bis jetzt keines aufgetaucht, kein Verwandter hat sich gemeldet, um Anspruch auf das Erbe zu erheben, obwohl sie es im Zusammenhang mit der Tragödie in Neugrüt auch noch in die Schlagzeilen geschafft hat.
    Hans sagt nach einem Blick auf die Miene seines Schwagers: »Der Fall liegt dir auf dem Magen.«
    »Dir nicht«, fragt Noldi mürrisch zurück, »wenn du daran denkst, dass möglicherweise ein Mörder frei herumläuft?«
    »Du bist immer noch nicht überzeugt, dass es dieser Blechspezialist war«, erkundigt sich Hablützel.
    »Ich weiß, es ist blöd, aber ich glaube ihm. Er hat gesagt, er war es nicht. Es ist zum Kotzen, dass ihn seine Frau gleich hat abstechen müssen. So werden wir wahrscheinlich nie herausfinden, was sich in Weesen wirklich abgespielt hat.«
    Hans hat keine Ahnung, was er von der Sache halten soll.
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