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Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche
Autoren: Kuhn Kuhn
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gebrauchen«, fährt Noldi endlich fort. »Sie sind ein Spieler.«
    »Sie haben es herausgefunden«, stellt Wehrli ohne große Überraschung fest. »Mir ist klar, dass Sie daraus Ihre Schlüsse ziehen. Ich bin aber nicht so haltlos, wie Sie jetzt vermuten. Gewiss, ich kann es nicht lassen und ich glaube immer noch an den großen Coup. Schauen Sie, das alles kam so: Meine Frau und ich sind mit einem Haufen Schulden aus Neuseeland zurückgekommen. Ich habe mich auf die Erbschaftsversicherungen spezialisiert. Das ist ein einträgliches Geschäft, wenn auch recht aufwändig. Ich verdiene nicht schlecht und gebe einiges aus. Ich bin ständig unterwegs. Wir zahlen regelmäßig unsere Kreditzinsen und von Zeit zu Zeit ein wenig zurück, aber mehr liegt nicht drin. Ich hatte früher mit Glücksspiel nie etwas am Hut, doch da kam eines Tages einer meiner adeligen Kunden und erzählte mir, dass er im Kasino Baden-Baden die Bank gesprengt habe. Er warf mit Geld nur so um sich. Da tauchte bei mir zum ersten Mal der Gedanke auf, es mit einem Spielchen zu versuchen. Aber ich bin immer vorsichtig, setze mit System. Manchmal gewinne ich ein wenig, manchmal verliere ich, jedoch nie Hab und Gut und meine Hosen. Ich gebe zu, das große Geld habe ich bis jetzt nicht gemacht. Dabei bin ich, je länger ich es versuche, immer mehr überzeugt, dass es eines Tages so weit sein wird. Man darf nur den Atem nicht verlieren, wenn Sie verstehen, was ich meine, Herr Inspektor.«
    »Ihre Frau sieht das vermutlich anders«, wendet Noldi ein. »Für sie ist vielleicht diese Erbschaft von ihrer Tochter der Gewinn, auf den sie beide schon so lange warten. Und vielleicht haben Sie sich das sogar gemeinsam ausgedacht.«
    »Nein«, sagt Wehrli, »Sie wissen, ich habe ein Alibi.«
    »Aber Ihre Frau hat keines. Im Gegenteil, sie war sogar zur Tatzeit am Tatort.«
    »Elsbeth«, wendet der andere heftig ein, »hat nie in ihrem Leben etwas Unrechtes getan.«
    »Sie hat ihr Kind weggegeben.«
    »Was heißt da weggegeben. Man hat es ihr genommen. Es war eine Notsituation.«
    »Und jetzt? Ihre finanzielle Lage bedeutet für Ihre Frau möglicherweise ebenfalls eine Notsituation.«
    »Nein«, sagt Wehrli fest. »Jetzt ist Elsbeth nicht allein. Wir sind zusammen. Damals war sie jung und unerfahren, sie hatte keinen Menschen, und ihre Arbeitgeber nützten sie aus. Das ist etwas anderes.«

    Nach diesem Gespräch ruft Noldi, weil er gerade am Telefonieren ist, auch Mariola an.
    »Oh ja«, sagt die sofort, als er sie nach dem Abendessen bei Wehrlis fragt. »Das war eine irre Übung. Ich habe es zuerst gar nicht mitgekriegt. Aber dann ist Elsbeth plötzlich ab ins Badezimmer und kam mit einer Spritze zurück. Was Berti mit der leeren Spritze gemacht hat, weiß ich nicht. Ich erinnere mich nur, dass sie sich gleich bei Tisch gestochen hat und dann hat sie gelacht und gesagt, noch einmal davongekommen. Aber so war sie, die Berti, in manchen Dingen ziemlich leichtsinnig, glaube ich. Aber nie mit dem Geschäft. Da war sie ein Vollprofi.«

    »Du glaubst es nicht«, sagt Noldi abends im Bett zu seiner Frau, »Elsbeth Wehrli ist die Mutter von Berti Walter.«
    »Ja«, sagt Meret.
    »Du hast schon den Verdacht gehabt, wegen der Ohren. Ich habe es dir angemerkt, wie du das Foto angeschaut hast.«
    »Ja«, sagt Meret wieder.
    Dann sagt sie eine Weile nichts.
    Endlich will sie wissen: »Und was denkst du jetzt?«
    »Dass sie möglicherweise ihre Tochter umgebracht hat. Mir ist der Gedanke schon früher gekommen, doch da gab es weit und breit kein Motiv. Aber jetzt habe ich es. Nur, kann es wirklich sein, dass sie die eigene Tochter tötet, um an ihr Geld zu kommen?«
    »Wenn, dann war es sicher eine Verzweiflungstat. Aber vielleicht geht es gar nicht in erster Linie um Geld, sondern die Frau konnte nicht ertragen, dass die Tochter, die sie nie in ihrem Leben gesehen hat, ihr plötzlich so nahe war.«
    »Wie auch immer«, sagt Noldi mutlos, »ich kann ihr den Mord nicht nachweisen. Solange sie dabei bleibt, dass sie es nicht war, ist ihr nicht beizukommen. Sie muss gar nichts tun, nur stillhalten, bis sich der Staub um den Fall gelegt hat. Dann kann sie ohne Risiko ihr Erbe einfordern. Und nicht einmal das muss sie selbst. Sie muss einzig dafür sorgen, dass ihre Mutterschaft festgestellt wird. Da kommen die Behörden wegen des Erbes von selbst auf sie zu. Sie braucht also nur zu warten und den Mund zu halten. Wenn sie schlau ist, weiß nicht einmal ihr Mann, was sie getan hat.
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